Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
genau dieses Vorgehen den Kopf zerbrochen hätte.
»Das – das kann ich nicht.«
»Sie sind der einzige andere Offizier an Bord«, kam ihm Boas entgegen. »Leutnant Ostrander ist seit geraumer Zeit nicht mehr bei Sinnen. Sie würden ihm damit einen Gefallen tun.«
»Wir sind im Krieg, Sir«, fügte McCurdy hinzu. »Sie können das viel leichter tun als ich. Meine Zeugenaussage und die von dem Herrn Messing werden später alles bestätigen.«
Boas drehte sich um und stampfte über das Deck. McCurdy rief ihm hinterher, während die Matrosen bestrebt waren, ihm eiligst aus dem Weg zu gehen. Ostrander schien nichts zu bemerken.
… er wurde im Zelt des Königs festgebunden, wo die Schlangen in seinem Kopfe durch das Gebet und die heilenden Hände des Herrschers vertrieben wurden …
Sei vorsichtig.
»Ich bin immer vorsichtig«, sagte Boas zu niemand Bestimmtem.
Weiß angelaufene Fingerknochen ließen erahnen, wie fest Ostrander das Steuer gepackt hatte. Die tief in den Höhlen liegenden Augen starrten in die Leere, die Miene eine unbewegte Maske, die Haut war vom Wind gerötet. Sein Blick glich dem der toten Messing im Lager unter ihnen.
»Sir«, sagte Boas, »ich bin hier, um Sie nach Hause zu bringen.«
Eine einzelne Träne lief die Wange des Leutnants hinunter. Seine aufgeplatzten Lippen öffneten sich, als ob er zu sprechen versuchte. McCurdy und Longoria kamen hinzu und nahmen neben dem Messing Aufstellung, um ihren Anführer zu unterstützen.
Der Leutnant schlug den Seekadetten, dass es nur so krachte. Longoria stolperte schreiend rückwärts. McCurdy versuchte Ostrander zu packen, der erneut zuschlug, diesmal aber sein Ziel verfehlte.
Boas trat von hinten an Ostrander heran, quetschte ihm die Arme an den Körper und hob ihn vom Steuer fort. Der Leutnant wehrte sich einen Augenblick lang wie ein Rasender und sackte dann wie ein durchlöcherter Tragkörper in sich zusammen.
»Das reicht«, sagte der Messing. »Bringen Sie so viele Männer an Bord, wie dieses Luftschiff tragen kann. Ich werde dort unten bei den Übrigen bleiben, bis die Leute im Tunnel untergebracht werden können. Kehren Sie mit Hilfe zurück. Oder beschaffen Sie zumindest Lebensmittel und Munition.«
»Ich werde tun, was ich kann.« McCurdy wandte sich an den Seekadetten. »Sir, das Schiff untersteht Ihrem Befehl.«
Longoria schluchzte.
… und als es sie von den Mauern stürzte, weinte das Volk um den Tod seiner Priester …
»Diese Angelegenheit wird immer teuflischer«, flüsterte Boas zu dem nun reglosen Mann in seinen Armen. Affen waren unmöglich. Was hatte JHWH nur mit diesen Narren vorgehabt?
Paolina, wo bist du? Wie bin ich nur so sehr von meinem Weg abgekommen?
Wang
Das Wasser veränderte sich, wo der Indische Ozean auf den Golf von Aden traf. Das tiefdunkle Blau wich einem grün angehauchten Braunton, als ob aller Sand Arabiens in das Meer zu flüchten versuchte. Die Art, wie die Good Change durch diese Wellen pflügte, schien sich auch geändert zu haben.
Eine flache Felsküste mit ausgedörrten Hochebenen erhob sich zu ihrer Rechten. Dies war einer der Ort, wo die Wüste ohne den abmildernden Schutz saftigen Grüns direkt auf das Meer prallte. Am Horizont zu ihrer Linken erhob sich in der Ferne ein düsterer Umriss; aber ob es sich um die afrikanische Küste, einen letzten Blick auf die höheren Ebenen der Mauer oder nur eine Wolkenwand handelte, konnte Wang nicht mit Sicherheit sagen.
Der Mönch hatte sich zu seiner Überraschung nicht blicken lassen. Er ging die ganze Zeit davon aus, ihre Pfeife zu riechen oder ein safranfarbenes Gewand aufblitzen zu sehen, aber seitdem ihr Geist – der Geist eines Geists? – sie an der Küste Goas auf das offene Meer hatte fahren lassen, war sie verschwunden. Er fragte sich, ob sie in diesem Moment die Five Lucky Winds plagte.
Auf jeden Fall plagte sie ihn nicht. Wang hatte die Nacht allein in seiner Koje verbracht und im bisherigen Verlauf des Tages die vorbeigleitenden Wellen des Ozeans betrachtet.
Wu trat zu ihm an die Reling. »Haben Sie sich erholt?«
»Wer weiß das schon?« Dem Katalogisierer kam die eigene Stimme missmutig vor. »Da mich heute niemand festgebunden und geschlagen hat, muss ich das wohl als Erfolg verbuchen.«
»Wir erfreuen uns an den Erfolgen, die uns das Leben bietet«, sagte Wu.
»Sie hören sich wie dieser dumme Mönch an.«
Der Maat legte seine Hand auf die Reling. »Ich würde nicht so viel mit Mönchen reden, wenn ich Sie wäre, Freund
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