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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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waren. Sie wusste es, wie sie ihren angestammten Platz in der Stadt kannte – instinktiv, ohne jeden Zweifel, mit absoluter Sicherheit.
    Es war nur rechtens. Sie war schon seit einiger Zeit tot, denn sie hatte ihr wa verloren und sich völlig von ihrer Welt entfernt. Die Mauer war nicht nur ein simpler Bestandteil der Welt, sondern eine Grenze, die die herzlose Gewalt der Nördlichen Welt von der grünen, ruhigen Südlichen Hemisphäre fernhielt.
    Auch dort starben die Menschen, aber sie starben an Dingen, die man verstehen konnte. Fiebererkrankungen, die ihren Ursprung in den Flüssen hatten; Unfälle auf den Straßen der Stadt; ein ausufernder Streit zwischen den Häusern, der die Grenzen der Vernunft überschritt. Wenn sie starben, dann bewegten sich ihre Geister in die Schweigende Welt und wurden dort zu wa , um anschließend zurückzukehren und in den Herzen der Hexenmeister zu schlagen und ihren Verstand zu beseelen.
    Gashansunu hatte sich den Tod nie als einen solch geordneten Vorgang vorgestellt. Jemand rief laut Zahlen. Rasseln, laute Schläge und kurze Knallgeräusche waren zu hören, als ob ein Gebäude mit Werkzeugen aus Eisen und Blei gebaut würde. Stimmen erklangen, Menschen stöhnten. Sie lag mit dem Gesicht nach unten flach auf dem Boden und sah nicht mehr als ein Stück zerfetzten Teppichs, der nach Tod stank.
    Der Vorraum zum Verhängnis. Niedergeschlagen inmitten all dessen, was für die Welt wirklich von Bedeutung war.
    Ihr Rücken fühlte sich taub an und auch ihre Beine. Ihr war viel zu warm, außer dort, wo ihr viel zu kalt war, und die feuchte Wärme auf einem großen Teil ihres Körpers ließ darauf schließen, dass sie sehr viel Blut verloren hatte.
    Sie versuchte ein letztes Mal, die Schweigende Welt zu erreichen. Obwohl ihr der Zugang seit dem Verlust ihres wa versagt war, wünschte sich Gashansunu dennoch, zurückzukehren und ihre letzten Augenblicke dort zu erleben.
    Zu ihrer Überraschung konnte sie die Schweigende Welt betreten. Der Lärm und die Schmerzen ließen nach, als sie sich in einem stillen Korridor wiederfand, der sich in beiden Richtungen ins Unendliche erstreckte. Sie konnte die anderen Seelen der Besatzung der Stolen sehen. Helle Leuchtpunkte des Zorns brannten in der Ferne.
    Ihr wa schrie auf.
    Du bist hier!
    Hilfe.
    Sie wirbelte herum, sah von Punkt zu Punkt, von Ort zu Ort, auf der verzweifelten Suche nach ihrem armen wa . Sie konnte es nicht erkennen, also rief Gashansunu erneut.
    Wo?
    Hier.
    Etwas flackerte zu ihrer Linken auf. Sie stand auf, leugnete die Unmöglichkeit, zerrissene Muskeln und gebrochene Knochen zu bewegen, und folgte dem Schreien.
    Kitchens
    Es war eine Katastrophe. Sie hatten Blenheim Palace angegriffen, den Amtssitz der Queen, und waren gescheitert. Er konnte Gott nur noch um einen schnellen Tod bitten.
    Ihr kleiner Trupp hatte sich um eine weitere Ecke zurückgezogen. Ihre Kleidung schwelte noch von der Wasserstoffexplosion. Dass sich zwischen ihnen und dem Wasserstoff einige Räume befanden, hatte ihnen das Leben gerettet, aber zwei weitere Männer lagen im Sterben. Boas offensichtlich auch, bis er aufstand und sich in den Kugelhagel ihrer Feinde stürzte.
    »Zurück, wieder zurück!«, brüllte Kitchens seiner Hand voll Überlebender zu.
    Der Messing lenkte die Palastsoldaten ab, was den Eindringlingen die Zeit gab, sich selbst und ihre Verwundeten um eine weitere Ecke zu schleppen. Dieser Korridor war von der Explosion nicht betroffen. Er wirkte seltsam normal, so wie jeder englische Herrensitz aussah, wenn er nicht bewohnt wurde. Kitchens genoss die Düfte der Möbelpolitur und des Teppichstaubs für einen Sekundenbruchteil, bevor er sich wieder auf das konzentrierte, was ihnen als Nächstes bevorstand.
    Der Sonderbeauftragte konnte sich nicht vorstellen, wie er jetzt noch die Queen erreichen sollte. Er hatte darauf gehofft, dass ihnen genügend Zeit zur Verfügung stünde, um sich durch die Flure des Blenheim Palace zu bewegen – bei seinem letzten Besuch war es hier praktisch leer gewesen –, aber die Verteidiger hatten zu schnell und zu effektiv reagiert.
    Diese Verteidiger wussten nicht , was los war, um welchen Einsatz hier gekämpft wurde, und sie hatten die Wünsche der Queen nicht gehört. Selbst wenn sie sich nicht in Kampfhandlungen befänden, hatte Kitchens seine Zweifel daran, ob sich diese Männer überhaupt Erklärungen anhören würden.
    Martins’ Forderung, sich nur vernünftig bewaffnet in den Konflikt zu begeben, hatte

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