Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
Pflicht verbunden fühlst, die dich verraten …
»Ich habe nichts aufgegeben«, sagte er, und sein künstlicher Kehlkopf zischte und knisterte. Paolina, al-Wazir – um ihrer und der Völker willen, denen sie entstammten, hatte er die Nördliche Hemisphäre durchquert. Nicht für sich selbst. Er hatte alles gegeben, aber er hatte noch nicht aufgegeben.
… nun stütze die linke Wand, damit sie nicht zusammenbricht …
Boas bemerkte, dass er die linke Hand ausgestreckt hatte. Dort befand sich etwas Unnachgiebiges, Beständiges. Eine Wand.
… öffne nun wirklich deine Augen und erkenne das Licht vor dir …
Er öffnete die Augen und erkannte eine Gruppe Männer mit Gewehren, die in einen Flur hinaussahen und lautlos riefen. Ein Teppich vor ihm schwelte und flackerte an einigen Stellen auf. Möbel waren zu polierten Holzsplittern zerbrochen.
… sei standhaft, damit sie nicht an dir vorbeikönnen …
»Boas«, rief Paolina hinter ihm.
Er wollte sich umdrehen und ihr antworten, für ihre Sicherheit sorgen, sicherstellen, dass es ihr gut ginge, dass sie gesund und munter war, selbst wenn diese Männer in den Raum hereinplatzten und sie in einem Kugelhagel niederstreckten.
… sodass er sich über das Feuer warf …
Sein Mund öffnete sich, und Worte brachen hervor, die nicht die seinen, sondern die des Sechsten Siegels waren, das die volle Kontrolle über Boas’ Körper übernommen hatte.
Durch die Hand des Herrn und den Willen meines Schöpfers schwöre ich dir ab und fordere dich auf, der Gewalt zu entsagen und zurückzutreten, bevor du dem Heiligen Werk zuwiderhandelst – sonst wirst du zu Boden gestreckt und auf dem Altar des Herrn zerbrochen.
Sie wirkten entsetzt, und ein Zaudern schien durch ihre Reihen zu gehen. Irgendjemand hinter ihm schrie. Eilige Schritte waren zu hören.
Nur Paolina rief nach ihm, bevor sie zu schreien begann, weil jemand Unsichtbares sie zur Seite schob.
Der Kugelhagel setzte erneut ein.
… und du wirst dir niemals dessen sicher sein …
Wang
Ihr Gang durch die Straßen Valettas verlief diesmal friedlicher, fast so, als ob sie unsichtbar wären. Die Malteser wandten einfach ihre Gesichter ab. Selbst die britischen Soldaten, an denen sie vorbeikamen, schienen sie drei nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Er musste den Mönch fragen. »Machen Sie das?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Auch nicht mehr, als Sie es tun.«
»Denken Sie daran, aus welchem Gebäude wir herausgekommen sind«, sagte Childress. »Die avebianco haben offensichtlich ein merkwürdiges Verhältnis zur hiesigen Gesellschaft. Sie sind allgegenwärtiger, als ich es für möglich gehalten habe. Ich vermute, dass die Masken – die anderen Masken, sollte ich vielleicht sagen – völlig unbemerkt durch die Stadt gehen, solange sie nicht die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich lenken wollen.«
»Mehr mache ich auch nicht«, sagte der Mönch. »Die Menschen sehen nicht das, was vor ihnen ist, sondern nur das, was ihre Aufmerksamkeit erregt.«
Sie überquerten einen Platz und kamen an auffliegenden Taubenschwärmen und einem Brunnen vorbei, der nach alten Rohren roch. Die Gebäude waren ein wenig kleiner als die beeindruckenden, mit Fenster versehenen Kalkstein- und Granitfelsen, die sich direkt am Ufer befanden. Der Mönch bog erneut ab, ohne eine Sekunde zu zögern, und Wang wusste nicht, wo sie sich befanden. Es konnte allerdings nicht so schwer sein, den Hafen zu finden.
Bald schon näherten sie sich der Five Lucky Winds . Die zahlreichen Gaffer am Unterseeboot waren nicht weniger geworden. Wang und Childress mussten Leute beiseiteschieben. Der Mönch schlängelte sich einfach durch, als ob sie Rauch wäre, der sich an Bäumen vorbeibewegte. Malteser und Briten machten murmelnd Platz.
Der Mönch ging über den Steg. Childress folgte. Wang kam als Letzter.
Als sie das Deck betraten, kam al-Wazir herbeigerannt und zerquetschte die Engländerin fast mit seiner Umarmung. »Wir wussten nicht, wann ihr zurückkehrt!«
Leung kam ihnen entgegen und warf Wang einen kurzen Blick von der Seite zu. »Maske, wie ist es Ihnen ergangen?«
»Wir müssen uns zusammensetzen, um dies zu besprechen«, sagte sie.
Der Kapitän nickte. Sie kletterten die Eisenleiter im Turm hinab, und Wang folgte der rauchumwölkten Spur des Mönchs.
Gashansunu
Ihr Körper starb.
Sie wusste es, so wie sie ihren eigenen Herzschlag kannte. Sie wusste es, wie sie auch die Flammen und die Druckwelle gespürt hatte, die über sie hinweggerast
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