Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
Träume vielleicht einige der Wege öffnen.
Etwas geschah gerade. Bald schon würde sie wissen, was. Sobald sie es wusste, würde sie wissen, wer dahinterstand. Sobald sie das wusste, würde sie auch wissen, wie. Sobald sie wusste, wie, nun, wenn Änderungen notwendig waren, dann könnte man sich darum kümmern.
Wenn Baassiia nur nicht so nutzlos gewesen wäre. Als Mann war er unglaublich gut. Als Einberufer des Kreises – nun, er war nur ein Mann.
Kitchens
Am nächsten Morgen marschierte die Besatzung von LIKM Notus im Gänsemarsch über das Grün des Landefelds, um anschließend am Fuß des Turms Aufstellung zu nehmen. Wachen begleiteten sie, die Waffen im Anschlag. Wenige Minuten später stieg Feldwebel Penstock die Treppe hinauf, gefolgt von einem gedrungenen, bleichen Mann mit einem blutigen Auge und einem merklichen Hinken.
»Hauptbootsmann Harrow meldet sich zum Dienst, Sir«, nuschelte der Mann.
Kitchens betrachtete den Mann eingehend. Er wirkte unzufrieden, und das nicht nur wegen der Schlägerei, in die er vor Kurzem verwickelt gewesen sein musste. »Sind die Offiziere bei Ihnen, Mr Harrow?«
»Sitzen alle in der Kaserne und sagen, dass sie ohne Kapitän keinen Fuß vor die Tür setzen werden.«
Penstock nickte. »Eine Art Streik, könnte man sagen.«
»Nun, ich halte das nicht für mein Problem, bis sie hier auf dem Deck sind«, antwortete Kitchens. Eine glatte Lüge, natürlich. Die Notus würde das unglücklichste Schiff in der Geschichte der Royal Navy sein. Was hatte sich die Admiralität nur dabei gedacht, diese Männer so zu behandeln?
Nun, die Antwort darauf kannte er. Sowohl die Regierung als auch die Admiralität hatten panische Angst vor der Magie, die das Mädchen mit auf das Luftschiff gebracht hatte – erst setzte sie sie ein, um ein chinesisches Luftschiff zu zerstören, das sie verfolgt hatte, und später jagte sie Straßburg in die Luft. Die Vorstellung, dass sich diese Männer ihr auf irgendeine Weise verpflichtet fühlten oder sich von ihrem aufrührerischen Temperament hatten anstecken lassen, bereitete ihnen tatsächlich Angst.
Kitchens musterte den Bootsmann. »Sind Ihre Männer seeklar, sobald die Offiziere an Bord kommen?«
Harrow sah sich demonstrativ auf Deck um, warf einen Blick auf den herabhängenden Tragekörper über ihnen und verschaffte sich einen schnellen Überblick über die Gesamtlage. »Sir, wir werden wenigstens einen Tag benötigen, um sie wieder Klarschiff zu machen. Vorausgesetzt, wir finden nichts, das ihre Flugtüchtigkeit beeinträchtigt, denn dann müssten wir sie erst einmal auf Trockendock legen. Wo soll es denn hingehen?«
»Zurück zu Ihrem westafrikanischen Einsatzort, Bootsmann, um wieder in Ordnung zu bringen, was damals schiefgelaufen ist.«
»Wir haben die Schlampe nicht an Bord gebracht, Sir«, sagte Harrow verbittert. »Bitte um Verzeihung für meine offenen Worte, aber ich hab einfach keine Geduld mehr. Wir haben die Shirley Cheese nicht abstürzen lassen. Wir haben auch nicht entschieden, sie nach Straßburg zu bringen.«
»Die Besatzung eines Schiffs handelt wie ein Mann«, antwortete Kitchens leise. Er glaubte das selbst nicht, weil er Kollektivschuld für blanken Unsinn hielt, aber wenn eine solche Macht, auf die diese Männer getroffen waren, frei in der Welt umherlief, dann ging niemand ein Risiko ein.
Harrow sah ihm direkt in die Augen. »Haben Sie jemals eine Uniform getragen, Sir?«
Kitchens tippte kurz auf den dunklen Aufschlag seines Jacketts. »Nur das hier, Bootsmann, aber es fordert auch seinen Preis.«
»Das mag sein, aber Sie werden uns niemals verstehen.« Er nahm Haltung an und salutierte. »Bitte um Erlaubnis, meine Männer an Bord bringen zu dürfen, Sir. Ich möchte, dass sie das Luftschiff so schnell wie möglich seeklar machen.«
»Erlaubnis erteilt«, antwortete Kitchens.
Penstock warf Harrow einen misstrauischen Blick zu und überquerte dann die Planke, um die Turmtreppe hinunterzusteigen. Kitchens wartete schweigend, bis lautes Stampfen vom Ankermast zu ihm heraufdrang.
Sobald die Besatzung an Bord war, begann sie das LIKM Notus auf seine Fahrt vorzubereiten. Kitchens gab sich keine Mühe, mit den Männern zu reden. Reden in der Öffentlichkeit gehörte zu den Dingen, die man während seiner Ausbildung vernachlässigt hatte.
Als Harrow erst einmal von seinen quatschenden Männern umgeben war, kam er richtig in Schwung; verschwunden das düstere, deprimierte Gemüt, das er im Gespräch mit Kitchens
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