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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Sonnenaufgang färbte den Rumpf des Gefährtes rosa. Boas konnte nicht erkennen, ob und welche Fahnen sie gehisst hatten.
    Eine Stunde später kehrte das kleine Luftschiff aus dem Westen zurück. Diesmal fuhr es langsamer und in wesentlich niedrigerer Höhe und bewegte sich in einem festen Muster voran, was vermuten ließ, dass der Kapitän nach etwas suchte.
    Nach ihm.
    Boas überlegte, sich zu verstecken, um es an sich vorbeifahren zu lassen, wurde sich aber bewusst, dass die Briten ihn auf jeden Fall finden würden, wenn sie es nur wollten, da er sich irgendwann doch wieder bewegen müsste. Es war also besser, das Gespräch mit ihnen zu suchen, um sie, wenn möglich, von seiner eigenen Mission zu überzeugen – dem Weg nach Ophir.
    Wahrscheinlich hatten sie Ottweill im Hinterkopf. Vielleicht konnte er seine Zeit im Arbeitslager des Doktors an der Mauer als Argument für seine Ziele einsetzen.
    Er blieb mitten auf der Straße stehen und winkte mit den Armen in Richtung des nahenden Luftschiffs.
    Das schnelle Paketluftschiff LIKM Erinyes wurde von Leutnant Ostrander befehligt, einem braunhaarigen Jungen mit braunen Augen und braunen Zähnen. Einzelne Haare wuchsen bedrohlich aus seinem Kinn, und er hatte eine Stimme, die sich bei jedem Satz überschlug. In diesem Augenblick konzentrierte er seine beträchtliche Aufmerksamkeit auf Boas.
    »Oberst Pinter will sie wieder in Mogadischu haben.«
    Sie standen auf dem Deck des Luftschiffs, das sich praktisch direkt unter dem Tragkörper befand und den zu groß geratenen Kommandanten dazu zwang, sich zu bücken. Al-Wazir wäre überall angeeckt.
    Der Messing war nach einem kurzen, aber lautstarken Austausch an Bord gekommen und sah nun zu, wie sich Afrika und die Mauer drehten, während der Steuermann versuchte, das Schiff in den Wind zu drehen, dort Position zu halten, wo sie Boas aufgesammelt hatten, und sie nicht in irgendeine andere Richtung zu bewegen – drei widersprüchliche Befehle, die Leutnant Ostrander in rascher Folge erteilt hatte. Wenn man die Gesichtsausdrücke der Besatzungsmitglieder betrachtete, schien an Bord des LIKM Erinyes nicht alles rund zu laufen.
    »Ich kann nicht nach Mogadischu reisen«, sagte Boas geduldig. »Wichtige Angelegenheiten erwarten mich an der Mauer in Richtung Westen.«
    »Ich – ich könnte Sie mit Gewalt dazu bringen«, sagte Ostrander mit zittriger Stimme.
    »Das könnten Sie durchaus versuchen, aber Sie würden mich nicht lange festhalten können.« Boas drehte sich um und sah den Bootsmann an, einen massiven, rotgesichtigen Kerl mit blauschwarzen Haaren, deren Farbe an erstklassig polierte Soldatenstiefel erinnerte. Misstrauen lag in seinem Blick, und er hielt einen Webley Dienstrevolver entsichert und gespannt in der Hand. »Ihre Männer wissen, was es bedeutet, gegen Messing zu kämpfen. Ich nehme an, dass sie im Tunnellager gewesen sind oder zumindest Geschichten darüber gehört haben. Ich bin als Freund an Bord, nicht als Ihr Feind.«
    Ostrander fing fast an zu zittern, während er Boas weiterhin angespannt ansah. »Ich habe meine Befehle.«
    »Und ich auch«, log der Messing. Er würde diesem Frischling kaum verraten, dass Ophir sein Ziel war. »Sie haben mich mit dem Versprechen auf eine Unterhandlung an Bord geholt. Wenn Sie mich verhaften, werde ich Ihr Luftschiff in Stücke reißen. Wenn Sie mich freilassen, werde ich einfach meinen Weg Richtung Westen fortsetzen. Oder …« Er versuchte sein Bestes, verschlagen zu klingen. »Wenn Sie mich nach Westen bringen und ich erst mal das Lager Dr. Ottweills erreicht habe, können Sie neue Befehle erbitten, und wir können erneut verhandeln.«
    »Darf ich Sie kurz sprechen, Sir?«, fragte der Bootsmann seinen Kommandanten, ohne seinen mürrischen Blick von Boas zu nehmen.
    Ostrander hielt abwehrend eine Hand hoch. »Nein, nein, Mr McCurdy, ich werde selbst zu einem Entschluss kommen.« Er ließ Boas stehen und ging achtern. Er starrte die Mauer an, die viel zu nah für seinen Geschmack vor ihnen aufragte.
    »Wie lange führt er schon das Kommando?«, fragte Boas den Bootsmann leise.
    Etwas wie Erleichterung huschte über McCurdys Gesicht. »Seit letzter Nacht, Herr Messing.«
    »Zu viele zu schnell befördert.« Er hatte das al-Wazir sagen hören.«
    »Wir sind im Krieg, so ist das halt.« Der Bootsmann entspannte den Revolver und steckte ihn wieder in sein Halfter. »Sind Sie nicht der Kerl, der die Chinesen nach Mogadischu gebracht hat?«
    »Ich bin mit Reeperbootsmann

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