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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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ihr. »Das ist bei einem Unterseeboot wie dem unseren nur noch schlimmer, denn es besteht aus Tausenden von Einzelteilen, und wenn man sie zusammensetzt, dürfen sie keine Luft verlieren oder Wasser aufnehmen.«
    Sie überlegte, bevor sie darauf antwortete. »Wohingegen ein hochseetüchtiges Schiff nach oben offen sein kann. Ein Luftschiff darf nirgendwo abgedichtet sein, abgesehen von den Wasserstoffzellen selbst, und wird aufgrund der Art seiner Einsätze und seinem natürlichen Element davon abgehalten, schwere Panzerungen oder Blechplattierungen anzubringen.«
    »Jeder Schiffstyp hat seine eigenen Herausforderungen, Madam.«
    Der Teil des Oberdecks, der für die Reparaturen entfernt werden musste, Bolzen um Bolzen und Schweißnaht um Schweißnaht, sollte nicht allzu groß sein, dachte Childress, denn man musste ja an die Batterien und den Maschinenraum achtern herankommen können. Im Moment ähnelte die Five Lucky Winds einem Fisch, den man vom Rückgrat abwärts ausgenommen hatte. Sie ragte merkwürdig weit aus dem Wasser, denn man hatte zur Sicherheit die Ballasttanks ausgeblasen. Leung und seine Mannschaft hatten kein Interesse daran, dass eine Flutwelle zerstörerisches Salzwasser in die empfindlicheren Abteilungen laufen lassen könnte.
    Childress und al-Wazir saßen auf abgeschnittenen Fässern vor einem wackligen Tisch, auf dem ein chaotisches, endloses Mah-Jongg-Spiel ausgelegt war. Warum sich die Spielreihenfolge änderte, blieb ihr unverständlich, und es wurde nur während der ersten Wache nicht gespielt, wenn entweder alle schliefen, auf Dienst waren oder Reparaturen am Schiff durchführten.
    Wenn die Briten sie jetzt erwischten, dann wäre ein Kampf sinnlos. Die Five Lucky Winds war so wehrlos wie ein Boxer, der auf einem Operationstisch mit Äther auf den Eingriff vorbereitet wurde. Würde sein Gegner in diesem Augenblick gewaltbereit und mit erhobenen Fäusten den Raum betreten, dann wäre der Kampf vorbei, bevor er begonnen hätte. So war es auch bei ihnen.
    »Wie geht die Arbeit voran, Bootsmann?« Leung war sehr schweigsam, was nicht typisch für ihn war. Das wiederum bereitete Childress Sorgen.
    »Hängt von diesem Kerl aus Mumbai ab. Er ist der Typ mit der Electrik, und er weiß, was man hier in Indien kaufen kann und was man bestellen oder vom Schrottplatz besorgen muss.«
    »Landen electrische Geräte auf dem Schrottplatz?« Childress’ Neugier war geweckt.
    »Wracks werden ausgeschlachtet.« Der große Kerl zuckte mit den Achseln. »Man tauscht Geräte aus, die leicht ausgebessert oder wegen nützlicher Bestandteile ausgeschlachtet werden können. Außerdem gibt es da noch regelmäßig Diebstähle. Man darf das Klauen nie vergessen, Madam. Der Freund eines jeden Quartiermeisters.« Bedauern schlich sich in den Tonfall seiner Stimme. »Die Streitkräfte Ihrer Kaiserlichen Majestät leiden sehr darunter.«
    »Bootsmann«, sagte sie, änderte aber ihre Meinung, hielt inne und begann von vorn. Aus einem plötzlichen Impuls heraus hätte sie seine Hand ergriffen, wenn sie sich in ihrer Reichweite befunden hätte und wenn diese Regung sich nicht als treulos gegenüber Kapitän Leung angefühlt hätte. »Threadgill, ich kann Ihnen nicht sagen, ob Sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Was ich aber weiß, ist, dass Ihre Loyalität zu Paolina und Ihre Bereitschaft, einer alten Frau in einer Notlage beiseitezustehen, sehr deutlich beweisen, wie es um Ihre Seele beschieden ist und wie aufrichtig Ihre Absichten sind.«
    »Das Mädchen war noch ein kleines, unbedarftes Kind«, sinnierte er, und seine Stimme klang immer noch traurig und geistesabwesend, »das die Welt entweder retten oder zerstören konnte.« Er sah Childress lange an. »Ich kannte sie gerade mal ein paar Tage. Sechs in Ottweills Lager, nachdem sie mit Herrn Messing zu uns gekommen war, dem merkwürdigsten Wesen, dem ich je begegnet bin. Dann noch mal fünf Tage, von der Heaven’s Deer zur Five Lucky Winds , bevor sie mit diesem Ming über die Mauer gestiegen ist. In diesem kurzen Zeitraum hat sie meine Loyalität so für sich gewinnen können, wie es der Sold der Queen in mehr als vierzig Jahren nicht geschafft hat. Ja, es stimmt, ich werde nie stolz darauf sein können, dass ich all meine Eide verraten habe, aber um der Welt willen war ihre Sicherheit wichtiger, als dass ich meine Befehle befolgte.«
    »Wann haben Sie Ihre Eide verraten, Bootsmann?« Childress kannte einen Teil seiner Geschichte. »Sie haben Sie an Bord eines

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