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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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aufmerksam werden.« Seine Stimme klang sanft, aber traurig. »Das ist das Beste, was ich Ihnen anbieten kann. Mein Heim ist sicher und ruhig, aber die Welt wird Sie doch eines Tages entdecken. Vermutlich sogar diese Hexenmeister, denn sie können nicht übersehen haben, dass Sie hier in der Südlichen Hemisphäre einen Schimmer verwendet haben. Oder diejenigen, die Sie über die Mauer verfolgen, werden Sie hier entdecken.«
    Wütende Gedanken jagten durch Paolinas Kopf: Sie warf die Taschenuhr in den Fluss, schlug sie in Stücke und warf die Reste in ein Freudenfeuer, verfütterte das immer noch tickende Ding an ein Krokodil. Doch wenn sie sich dabei nicht selbst zerstörte, würde das Problem weiterhin existieren. Das war die Entscheidung, die sie zu treffen versucht hatte – und sie war gescheitert –, damals vor der Küste Sumatras, an Bord der Five Lucky Winds .
    »Das Leben strebt immer nach Leben«, sagte sie. »Ich werde in diese Stadt gehen, denn ich will es lieber kontrollieren können, als von ihm kontrolliert zu werden.«
    Er ergriff mit feierlicher Stimme wieder das Wort. »Wenn Sie Erfolg haben und diese Macht friedlich in die Hände weiterer Menschen gelangt, dann werden Sie die Erste sein, die seit dem Messing-Christus die Übereinkunft mit Gottes Schöpfung neu verhandelt hat. Mein Ratschlag für Sie lautet, dem Rat Ihres eigenen Herzens zu folgen, nicht den honigsüßen Worten der Engel oder Menschen.«
    »Vielen Dank.« Paolina nahm einen weiteren Schluck ihres schimmelig duftenden Tees, der im Lauf ihres Gesprächs abgekühlt war. »Ich habe nur eine Bitte an Sie und Ihr Haus.«
    »Fragen Sie«, sagte er. Sowohl in seiner Stimme als auch seinem Blick blitzte wieder der Schalk auf.
    »Ich hätte vor meiner Abfahrt gerne etwas zu essen.«
    Er lachte lauthals, und sie stimmte in sein Lachen ein. Selbst Ming konnte sich nicht daran hindern, ihrem Beispiel zu folgen.
    Arellya trat auf den Balkon und rief etwas in der zischenden Sprache ihres Volkes. Großer Jubel brach unten aus, wo eben noch die geräuschvolle, wenn auch zuweilen von stillen Momenten unterbrochene Hintergrundkulisse des Dschungels zu hören gewesen war. Sie drehte sich wieder zu ihnen um. »Wir werden bei Sonnenuntergang ein Festmahl abhalten. Wärt ihr im Augenblick mit ein wenig Obst zufrieden?«
    Childress
    Leungs Männer arbeiteten rund um die Uhr, um die Reparaturen an der Five Lucky Winds abzuschließen. Brände flackerten immer wieder in Panaji auf, obwohl die Chinesen schon lange fort waren. Die Briten waren allerdings noch da.
    Sie und al-Wazir nahmen die neue Barkasse des Unterseeboots – ein umgebautes Dory, das aus der Höhle stammte –, verließen den verborgenen Hafen und ruderten die Küste hinunter. »Ich will nicht von der landwärts gelegenen Seite auftauchen«, hatte sie dem Bootsmann und dem Kapitän gesagt. »Sie werden sich schon darüber wundern, wie ich über die Felder habe kommen können, denn eine Engländerin hat hier ohnehin nichts zu suchen.«
    »Wir können eine Geschichte erfinden, bei der ein Schiff auf hoher See untergegangen ist, wenn’s denn sein muss«, knurrte al-Wazir. »Tragen Sie dieses schwarze Kleid, das so aussieht, als ob Sie darin geschwommen wären.«
    Childress war sehr froh darüber, dass sie in Panaji noch Kleidung gefunden hatte, bevor das unmöglich geworden war. Das schwarze Kleid hatte sie seit ihrer Abfahrt aus New Haven getragen, und es war für praktisch nichts mehr zu benutzen, außer als Verkleidung.
    Der Bootsmann ruderte sie Richtung Süden, in sicherem Abstand zur Brandung, und setzte einen Kurs auf den kleinen Hafen der Stadt. Das Ruder auf der linken Seite war mit Seilen an seinem Unterarm befestigt worden, die erschreckend unbequem aussahen, und er zog die Ruder wesentlich häufiger für Ruhepausen aus dem Wasser, als es ihm lieb war. Aber sie kamen voran.
    Sie war unglücklich darüber, die Sicherheit ihres Verstecks zu verlassen, war aber noch unglücklicher, weil es ihnen an den grundlegendsten Informationen mangelte. Die Chinesen in Panaji würden sich entweder hinter den Mauern ihrer Häuser verstecken oder als Spione und Verräter erschossen werden. Dass einige der chinesischen Händler nun über kaiserliche Berechtigungsgutscheine aus der Geldschatulle der Five Lucky Winds verfügten, würde das Ganze nur noch verschlimmern, sollte das Geld entdeckt werden.
    Sie mussten es in Erfahrung bringen. Wer jagte wen und warum? Da sie die einzigen Europäer an Bord

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