Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
wiederholbar zu machen.« Seine Stimme wurde leiser und hektischer; er sprach die nächsten Worte mit großer Begeisterung aus. »Stellen Sie sich nur vor, was dies für die Ausübung des freien Willens zu bedeuten hat.«
»Dass jeder Mensch die Welt verändern könnte, um sie an seine Wünsche anzupassen?« Paolina war entsetzt. »Das wäre das absolute Chaos. Genau davor bin ich aus der Nördlichen Welt geflohen.«
»Haben Sie es denn hier gemieden?« Hethors Stimme klang jetzt nachdenklich, vielleicht sogar durchtrieben. »Sind Sie quer durch die Südliche Hemisphäre bis zu meinem Dschungeldorf gewandert, ohne die Hilfe des Schimmers in Anspruch zu nehmen?«
»N-nein …«, gab Paolina langsam zu. »Wir waren gezwungen, die Taschenuhr einzusetzen, um der Gefangennahme oder schlimmeren Konsequenzen zu entgehen. Auf einem großen Berg östlich von hier.«
»Was haben Sie dadurch gewonnen, dass Sie hierhergekommen sind? Sie haben das Ding nicht weglegen können. Glauben Sie mir, es gibt auch in der Südlichen Hemisphäre Menschen, die es zu nutzen wissen, genauso wie diejenigen auf der Mauer, die von meinem Übergang wussten.«
Verzweiflung ergriff in zitternden Wellen Besitz von ihr. Ming berührte sie sanft an der Schulter. Paolina fand in seinen Augen eine vertrauliche und beruhigende Wärme. Sie sah wieder zu Hethor. »Ich wollte nicht mehr fliehen müssen. Ich hatte gehofft, dieses Wissen zu löschen, es aus meinem Verstand und meinem Herz heraustrennen zu können und endlich wieder ein einfaches Mädchen sein zu können.«
»Waren Sie jemals ein einfaches Mädchen? Abgesehen davon kann man der Welt Wissen nicht nehmen. Es mag mit der Zeit vergessen oder übersehen werden, aber sobald die Menschen wissen, dass etwas getan werden kann, werden sie es wieder tun.« Er sprach mit belegter Stimme weiter, überwältigt von seinen Gefühlen. »Sie haben die Magie der Schöpfung aus der Welt des Göttlichen herausgenommen und in die Welt der Mechanik übertragen. Damit haben Sie den freien Willen dem träumenden Geist Gottes gestohlen und ihn in die Hände der Menschen gelegt.«
»Ich will diese Macht nicht!«
»Sie können sie nicht einfach ablegen. Die Südliche Hemisphäre ist nicht sicherer als die Nördliche. Hier werden Sie einfach nur von anderen Mächten missbraucht werden, wenn Sie sich nicht behaupten.«
»Zeigen Sie mir, wie ich es kontrollieren kann.« Paolina hasste die Verzweiflung in ihrer Stimme.«
»Wenn ich das nur könnte.« Hethor wirkte traurig. »William of Ghent hätte das vielleicht gekonnt, aber er ist nicht mehr unter uns.« Er hielt inne. »Ich tötete ihn. Zweimal.«
»Sie sehen nicht wie ein Mörder aus.«
»Sie sehen nicht aus wie jemand, der ganze Städte vernichtet. Wir reisen beide nicht in einem Streitwagen aus Schädeln durch die Gegend oder schwingen brennende Schwerter. Das sind die Symbole eines längst vergessenen Alters. Unser Zeitalter gehört dem Dampf und dem Eisen, und der Fortschritt wird in Metall gestanzt und für ein paar Pfennig auf dem Markt verkauft. Wir leben in einer Zeit, in der der Mensch die Fähigkeit, die Welt um ihn herum zu verändern, zu einer solcher Perfektion gebracht hat, dass sie sich mit Gottes ursprünglicher Handwerkskunst überschneidet. Daher auch Ihre Taschenuhr.«
»Was soll ich denn damit tun?«, flüsterte sie. »Wie soll ich den Dämonen bannen, den ich entfesselt habe?«
»Sie werden das tun, was jeder getan hat, der sich seit Anbeginn der Geschichte mit einem so grausamen Schicksal konfrontiert sah.« Er verlagerte erneut sein Gewicht und griff dann nach Arellyas Hand, die sie ihm über die Schulter legte. Paolina sah, wie zwischen diesen beiden die Liebe wie ein electrischer Strom floss. »Ich kann Ihnen nicht helfen, aber ich kenne vielleicht jene, die Ihnen helfen können. Es gibt eine Stadt entlang der Meeresküste südlich der Flussmündung. Sie üben sich in seltsamen und grausamen Hexenkünsten, und ich raubte ihnen etwas Kostbares, nachdem sie einen meiner Freunde getötet hatten. Sie sind launisch und gefährlich, aber sie verfügen über großes Wissen und immense Erfahrung, und ich halte es für wahrscheinlich, dass einige der Großen Reliquien sich dort in Sicherheit befinden, seitdem Josef von Arimatäa die Mauer vor neunzehnhundert Jahren überquerte.«
»Dieses Volk kennt keine Ausweisdokumente, keine Empfehlungsschreiben oder freies Geleit. Aber wenn Sie Ihre Macht offen zeigen, dann werden sie auf Sie
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