Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)
Staub gesehen.«
»Das ist nur eine Metapher. In jedem Fall ist eine solche Diskussion unlösbar. Wenn alles vorausbestimmt ist, dann gilt dies auch für diese Diskussion und damit auch für deren Ergebnis. Wenn wir mit einem freien Willen gesegnet sind, dann wird diese Diskussion ohne Ergebnis geführt, weil wir nie zu einer Übereinstimmung finden würden.«
Arellya brachte ihnen drei dampfende Krüge; es handelte sich um unförmige, primitive Töpferkunst. »Vergeben Sie mir bitte«, sagte sie, »aber wir haben nie eine der Teepflanzen gefunden, die Hethor so gerne hätte. Dies ist eine Mischung aus Wurzeln und Blumen, die Ihnen vielleicht schmecken wird.«
Paolina nahm den ihr dargebotenen Krug und hielt ihn sich unter die Nase. Obwohl es ein heißer Tag im Dschungel war und selbst hier im Schatten von Hethors Haus beachtliche Temperaturen herrschten, erschien ihren Hände die Hitze als wahres Geschenk. Der Duft hatte etwas Schimmeliges an sich, wie Blätter, die man zu lange in einer Pfütze hatte liegen lassen, über einem süßlichen Grundgeschmack. Blumen? Sie nippte vorsichtig an ihrem Getränk. Ganz bestimmt kein Tee, den sie sehr zu schätzen gelernt hatte, seitdem sie mit der Star of Gambia gereist war. Aber gar nicht so schlecht.
Neben ihr schlürfte Ming genüsslich und sah sie dann kurz an. Er sagte auf Chinesisch: »Besser als überhaupt kein Tee.«
»Ich entschuldige mich dafür, dass wir hier nicht über die erleseneren Dinge des englischen Alltags verfügen«, sagte Hethor. »Oder des chinesischen Hofs, wenn wir schon dabei sind. Allerdings besitzen wir Obst im Überfluss, eine faszinierende Mischung ungewöhnlicher Fleischsorten und einen unermesslichen Vorrat an warmen Tagen und angenehmen Nächten.«
Arellya stand nun neben ihm. Sie hatte Hethors freie Hand ergriffen. Die Art, wie sich die beiden aneinanderlehnten, ließ Paolina erkennen, dass sie ein Liebespaar waren. Hethor war zwar für englische Verhältnisse kein besonders großer Mann, aber dennoch doppelt so groß wie diese Frau des vergessenen Volks. Paolina frage sich, wie seltsam das für sie sein musste.
Und dennoch verlangt es dich nach Boas, der dir viel seltsamer erscheint, als diese beiden füreinander sein müssen.
Nachdem Hethor einen kräftigen Schluck aus seinem Krug genommen hatte, sah er Paolina feierlich an. Seine Augen funkelten in den Schatten des Raums. »Was sucht ihr in der Südlichen Hemisphäre?«
»Sicherheit.« Die eigene Antwort überraschte Paolina. Mein Ziel. Was ist mit Boas?
»Nun, dies ist ein recht sicherer Ort«, antwortete Hethor. »Wenn ihr auf Spinnen achtgebt, keine Probleme mit Schlangen und Krokodilen habt, schlecht gewordenes Wasser meidet und nachts nicht auf dem Boden schlaft, ohne zu vergessen, welche Pilze euch umbringen, wenn ihr in ihrer direkten Nähe atmet. Seid ihr auf der Suche nach einer Zuflucht?«
Paolina sah zu Ming hinüber. Er begegnete ihrem Blick mit unbewegter Miene.
»Ich suche nach einem Ort, wo …« Meine Macht schien nicht die richtige Formulierung zu sein. »Mein Wissen nicht noch mehr Ärger verursachen kann, vermute ich.«
Hethor stellte seinen Krug ab. »Darf ich mich nach der Art Ihres Wissens erkundigen?« Er hielt eine Hand hoch. »Nur das, was Sie mir zu erzählen bereit sind.«
»Der Engel schien zu glauben, dass ich Sie aufsuchen sollte.« Das hörte sich selbst in Paolinas Ohren schwach an.
»Sie sollten nicht allzu viel auf die Ratschläge von Engeln geben. Auch wenn sie in Abwesenheit von Gott ihr Bestes geben.«
»Das ist eine sehr merkwürdige Aussage.«
Er antwortete nicht, sondern sah sie nur sanft an, bis Paolina begriff, dass sie irgendwie darauf reagieren sollte. Sie starrte auf die zerzupfte Feder in ihrer Hand. »Ich – ich habe keinen Umgang mit Engeln.«
»Aber ja doch«, sagte Hethor. »Einer hat sie offensichtlich hierher geschickt, um mich aufzusuchen.«
»Das war aber nur ein Mal!« Sie spürte, wie sie rot anlief, und war dankbar dafür, dass es in diesem Zimmer so dunkel war. »Ich werde Ihnen erzählen, was mir zugestoßen ist, aber ich möchte Ihnen erst etwas zeigen.« Die Last ihres Wissens lag schwer auf ihr. Paolina holte die Taschenuhr aus dem Beutel in ihrem Kleid hervor und übergab sie Hethor. Dieses Exemplar hatte nichts von der Eleganz ihres ersten Versuchs; sie war geschmacklos, gesprungen, abgenutzt und von Anfang an nicht so schön – ein rundes Messingfenster, das wie ein kurzes, dickes Stück Rohr wirkte, in
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