Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
Vom Netzwerk:
blaues Feuer knisterte irgendwo.
    Boas ging auf den Aufseher zu.
    Paolina folgte ihm, denn sie hatte Angst, zurückgelassen zu werden. Doch sie hatte auch genauso viel Angst, mit diesem Mann zu sprechen.
    »Wo kann ich Anlis finden?«, fragte Boas den Mann.
    »Wen?« Er beugte sich mit grimmiger Miene vor.
    »Anlis. Er hat dieses Etablissement früher beaufsichtigt.«
    Jetzt packte der Mann seinen Speer. »Das hier ist mein Laden, und so heiße ich ganz bestimmt nicht. Bin schon seit ein paar Jahren hier, und vor mir gab es nur den Alten Goloshke. Er hieß auch nicht Anlis.«
    »Es kann sein, dass ich eine ganze Zeit nicht mehr hier gewesen bin«, sagte Boas. »Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu beleidigen.« Paolina bemerkte, dass Messing nicht zurückwich, während er mit ihm sprach.
    »Wenn du einen Schlauch willst, dann sprich mit den Jungs. Wenn du hier bist, um sie zu verkaufen, ich habe daran kein Interesse.«
    Paolina wollte gerade schon wütend darauf reagieren, als sie sich anders entschied. Wenn sie Boas’ Bemühungen unterlief, dann würden sie nichts herausfinden und sich nur Ärger einhandeln.
    Boas drehte sein Handgelenk. Etwas glitt in seine Handfläche, aber Paolina konnte es nicht sehen. Er musste es in sich gelagert haben. »Ich habe noch nie die Schläuche benutzt, auch nicht, als ihr noch nicht einmal gelebt habt, Mann, der nicht Anlis ist.« Er öffnete die Hand und zeigte ihm eine juwelenbesetzte Düse. »Ich gebe Ihnen dies als Bezahlung für eine Antwort.«
    »Was für eine Antwort?«, fragte der Mann misstrauisch.
    »Was die Hektik und die vielen Menschen in der Stadt bedeuten. Ich erwarte eine vernünftige Antwort, kein unbefriedigendes Diskutieren mit einem Dschinn. Sagen Sie mir, gegen wen wir in die Schlacht ziehen und warum.«
    Der Mann nahm Boas’ Düse entgegen. Er musterte sie eingehend und schloss dann seine Hand um das kleine Metallstück. »Die Engländer sind wieder an der Mauer. Genau wie vor zwei Jahren. Diesmal haben sie Maschinen mitgebracht, um einen Tunnel zu graben. Der älteste Messing hat den Bann darüber ausgesprochen, und daher kämpft die Stadt gegen ihre Rot- und Blauröcke und die einfachen Männer, die erdfarbene Kleidung tragen.«
    Die Engländer! , dachte Paolina. Sie war ihnen jetzt so nahe. Dass sie sich vermutlich auf der falschen Seite der Schlacht befand, ließe sich leicht ändern.
    »Danke«, sagte Boas.
    Der Mann lachte verbittert, es klang wie das harte Prasseln von Regentropfen auf rostigem Stahl. »Du bist zu lange unter Menschen gewesen.«
    Boas schob Paolina vor sich her, als sie das Etablissement verließen.
    »Dort gehen die Leute hin, um sich zu betrinken«, sagte sie aufgeregt. »Wie die Männer in der großen Halle zu Hause in Praia Nova. Wie kannst du ihnen vertrauen?«
    »Das kann ich nicht. Doch ich sehe keinen Grund, warum er uns belogen haben sollte.«
    »Die Engländer.« Sie war so froh, dass sie fast durch die Gegend hüpfte. »Ich kann mit dem Schimmer zu ihnen –«
    Boas packte sie fest mit seiner metallenen Hand. »Zuerst suchen wir den Palast der Obrigkeit auf, denn ich muss meinen Pflichten nachkommen. Danach, sollte es dir wieder freistehen zu gehen, dann kannst du gerne zu deinen Engländern laufen.«
    »Bitte. Das ist wichtiger.«
    Seine nächsten Worte schockierten sie, denn er sprach sie mit ihrer Stimme. »›Alles, was du tun kannst, ist, den Palast der Obrigkeit aufzusuchen und zu verlangen, dass der Diebstahl deiner Erinnerungen gesühnt wird. Es ist nun deine Pflicht, dorthin zu gehen und mich mitzunehmen. Du wirst dir selbst einen Dienst erweisen und deine Befehle ordnungsgemäß ausführen, wenn du uns beide dorthin bringst.‹« Dann fügte er mit seiner eigenen Stimme hinzu: »Du hast mich selbst daran erinnert, was wirklich wichtig ist: mich meiner Pflichten zu erinnern und ihnen nachzukommen.«
    »Und wenn sich das Salomonische Königreich von Ophir tatsächlich mit den Engländern im Krieg befindet?«, fragte sie verbittert.
    »Ich werde dir nicht helfen, sie aufzusuchen. Du bist doch keine Engländerin, oder?«
    »Nein«, murmelte sie, fühlte sich dabei aber vage illoyal. »In diesem Fall hast du wenig zu befürchten.«
    Sie machten sich auf, um den Palast der Obrigkeit durch einen Zugang in der unteren Stadt zu betreten. Paolina dachte darüber nach zu fliehen, aber Boas würde sie mit Leichtigkeit einholen, und er kannte diese Stadt genauso gut, wie sie Praia Nova kannte. Sie konnte ihm nicht entkommen.

Weitere Kostenlose Bücher