Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
besser wurde es, als sie Rye im Lesesaal allein vorfanden. In ihrem tiefausgeschnittenen ärmellosen Top und der hautengen Hüfthose sah sie umwerfend aus.
    »Tag, Fräulein«, sagte Dalziel. »Ist der Chef da?«
    »Leider nein. Er ist unterwegs«, erwiderte Rye. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Eigentlich nicht. Ich muß ihn persönlich sprechen. Wissen Sie vielleicht, wo er steckt?«
    »Tut mir leid, ich darf Bibliotheksbenutzern nicht …« Sie hielt inne und sah Dalziel genauer an. »Ach, Sie sind’s, Mr. Dazzle? Tut mir leid, ich hab’ Sie nicht gleich erkannt. Geht es um Ihre Ermittlungen? Dann darf ich Ihnen schon Auskunft geben. Er ist im Museum, es kann aber nicht lange dauern, wenn Sie warten wollen.«
    Hat, der hinter Dalziel stand, grinste übers ganze Gesicht, vor allem, weil Rye den geheiligten Namen absichtlich falsch aussprach.
    Aber der Dicke ließ sich von solchen Kinkerlitzchen nicht stören und erwiderte höflich: »Vielen Dank, Miss Pomona, aber ich gehe lieber los und suche ihn. Freut mich, daß Sie so munter sind nach Ihrem schlimmen Erlebnis am Wochenende. Heutzutage würden sich ja die meisten Mädels nach so einem Fund einen Monat krank schreiben und lebenslang therapieren lassen. Gott sei Dank gibt’s noch ein paar vom alten Schlag. Aber wenn Sie sich aussprechen wollen, Constable Bowler ist ein guter Zuhörer.«
    Er zwinkerte Hat unauffällig zu und marschierte zur Tür hinaus.
    »Du lebst wohl gern gefährlich?« bemerkte Hat.
    Rye lächelte. »So gefährlich ist der auch nicht, nur ein normaler Neandertaler. Ich hab’ ihn dabei ertappt, wie er mein Dekolleté begafft hat.«
    Hat, der sich selbst einen Blick gegönnt hatte, wandte die Augen ab. »Und wie geht’s dir?« fragte er.
    »Nicht schlecht. Ich konnte nicht besonders gut schlafen, aber das wird schon wieder.«
    »Auf jeden Fall, aber du mußt dich nicht zwingen, das so lokker zu nehmen. Du hast einen schlimmen Schock erlitten – der Kopf und so weiter. Solche Erlebnisse können einem ziemlich nachgehen, auch wenn man nicht damit rechnet.«
    »Du hast das doch auch mit angesehen. Bist du etwa dagegen immun?«
    »Nein. Deswegen weiß ich ja, wie es einen treffen kann.«
    Sie sahen einander ernst an. Dann lächelte sie und griff nach seiner Hand. »Okay. Therapieren wir uns gegenseitig. Wie wär’s mit einem Kaffee?«
    »Wenn du Zeit hast.«
    Sie wies auf die fast leere Bibliothek. Ein paar blasse Studenten arbeiteten in den Lesenischen, eine Frau mit wilder Mähne saß an einem Tisch, auf dem sich die gebundenen Ausgaben der
Transactions of the Mid-Yorkshire-Archaeological Society
stapelten. Aber weder Penn noch Roote noch andere Stammgäste waren zu sehen.
    »Du bist ja nicht gerade mit Arbeit eingedeckt«, meinte er.
    »Wir haben noch andere Aufgaben außer der Betreuung der Benutzer«, erklärte sie. »Und wenn Dick anderswo zu tun hat, bin ich froh, daß so wenig los ist.«
    »Was gibt es denn im Museum so Wichtiges zu tun?« fragte er, als sie ihn ins Büro führte.
    »Diese Ausstellung ›Römische Erlebniswelt‹. Sie soll morgen eröffnet werden. Durch den Tod von Stadtrat Steel haben sich die Mehrheitsverhältnisse verschoben, und das Geld wurde in der letzten Stadtratssitzung bewilligt.«
    »Da haben sie ja nicht lange gefackelt, es auch auszugeben.«
    »Alles war schon vorbereitet. Gefehlt hat nur die Ankündigung, daß jemand die Kosten übernimmt.«
    »Und was hat das mit Dick zu tun?«
    »Eigentlich nichts. Aber ich hab’ dir doch von diesem Machtkampf zwischen dem Gockel Percy und dem Letzten der Schauspieler-Direktoren erzählt? Sie sind beide darauf versessen, die Lorbeeren für die Ausstellung einzuheimsen, und weil Dick über Altertumsgeschichte unendlich mehr weiß als Percy, ist er abkommandiert worden, um den öffentlichen Verlautbarungen seines Chefs den nötigen Schliff zu geben. Für Percy gibt es nur ein Problem: Dick ist so ehrlich und unparteiisch, daß Ambrose Bird keine Einwände erhebt.«
    »Und was ist mit dieser Frau – wie heißt sie gleich wieder –, die krank war? Ist sie immer noch außer Gefecht gesetzt?«
    »Pscht«, machte Rye und senkte die Stimme. »Du meinst Philomel Carcane. Sie sitzt dort drüben und versteckt sich hinter einem Stapel
Transactions.
Heute morgen ist sie reingekommen, um die Kostümprobe zu leiten. Sie weiß mehr über Mid-Yorkshire zur Römerzeit als jeder lebende Mensch. Die Sache wird nur dadurch kompliziert, daß sie es nicht aushält, länger als fünf

Weitere Kostenlose Bücher