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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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konnte mit Bestimmtheit angeben, daß er einen der vier anderen gesehen hatte.
    Stuffer Steel hatte wesentlich mehr Eindruck hinterlassen, allerdings hauptsächlich durch seinen gewaltigen Appetit. Bei den Berichten über seine Äußerungen wurden vor allem zwei Themen genannt. Erstens bezeichnete er den größten Teil der ausgestellten Kunstwerke als Schrott und erhob es zum Skandal, daß hierfür Steuergelder verschwendet würden. Er kündigte an, in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses einen Mißbilligungsantrag zu stellen. Zweitens meinte er, der Tod von Jax Ripley, die mit seiner Hilfe so offen gegen die Verschwendungssucht und Unfähigkeit der Polizei von Mid-Yorkshire vorgegangen sei, komme dieser ganz gelegen.
    Besonders Mary Agnew mußte sich das anhören, aber auch Sammy Ruddlesdin und John Wingate von BBC Mid-York wurden nicht verschont. Mehrere Zeugen berichteten, Wingate hätte Steel nach einer Weile unterbrochen, es sei sogar zu einem hitzigen Wortwechsel gekommen, der damit geendet habe, daß der Fernsehjournalist Steel einfach habe stehenlassen. Wingate selbst schilderte diesen Vorfall ausführlich. Er habe das Geschwätz des Stadtrats, den an Ripleys Tod offenbar nur die Auswirkungen auf seine Kampagne berührten, unerträglich gefunden. Eine verständliche Reaktion für einen Kollegen der Toten, aber Bowler hatte bereits bei der ersten Befragung Wingates den Eindruck gewonnen, daß sich die Beziehung der beiden nicht auf das Berufliche beschränkt hatte.
    Er machte sich eine Notiz und las weiter. Jetzt nahm er sich die Personen vor, die ungefähr zur gleichen Zeit wie der Stadtrat gegangen waren. Auch hier hatte Wield schon Basisarbeit geleistet und auf einer sauberen Skizze festgehalten, wer sich wo und wann aufgehalten hatte. Auch Hats eigene Aussage fand sich natürlich hier, und er las sie mit so viel innerem Abstand wie möglich. Es war die solide Aussage eines Polizisten, präzise und mit allen Einzelheiten. Unerwähnt blieb dabei das Gefühl, das ihn beim Betreten der Toilette überkommen hatte: Es war ihm gewesen, als würde er in eine andere Dimension treten, in der nichts existierte außer ihm selbst und dem Leichnam, der dort wie ein Fötus zu einem Fragezeichen zusammengerollt auf dem Boden lag. Wie lange er einfach nur dagestanden und ihn angeschaut hatte, wußte er nicht. Im Grunde schien die Frage
Wie lange?
auch keine Bedeutung zu haben, nicht, wenn man es für möglich hielt, einfach wieder auf den Korridor hinauszugehen, tief durchzuatmen, die Tür ein zweites Mal zu öffnen und einen leeren Raum vorzufinden. Natürlich hatte er das nicht getan. Natürlich hatte er automatisch getan, was er so oft geübt hatte – den Puls gefühlt, den Rettungsdienst verständigt und Unterstützung angefordert, die Wiederbelebung versucht und den Tatort gesichert. Als er an jenem Abend zu Bett gegangen war, war dieses Gefühl des Losgelöstseins verblaßt; zurückgeblieben war die Erinnerung an einen verständlichen Schock angesichts einer grausigen Entdeckung.
    Aber als er die Kopie des Vierten Dialogs durchlas, die Wield ihm am Morgen gegeben hatte, und ihm klarwurde, daß er nur einige wenige Herzschläge nach dem Wordman am Tatort gewesen war, packte ihn dieses Gefühl erneut mit voller Kraft. Er mußte sich an der Tischplatte festhalten und starrte auf den Sekundenzeiger seiner Armbanduhr, um sich zu vergewissern, daß er noch in dieser Welt weilte.
    Nun betrachtete er seine Aussage unter dem Gesichtspunkt der neuen Information, daß es sich hier nicht um einen isolierten Mord, sondern um einen weiteren Fall der Wordman-Serie handelte. Vielleicht waren seine Empfindungen nun doch von Bedeutung … Aber wie? Sein Mut sank, wenn er daran dachte, wie er sie Dalziel erklären sollte. Es würde ihm vielleicht gelingen, den Verdacht zu entkräften, daß er das Leck war, aber das Prädikat Schwachkopf würde er dann wahrscheinlich nicht mehr loswerden.
    Er legte seine Aussage beiseite und widmete sich den anderen.
    Natürlich war es eine verlockende Vorstellung, zu der Sitzung zu gehen und dort ein Stück Hirnakrobatik hinzulegen, bei der er von einem übersehenen Detail zum nächsten sprang, um mit einem dreifachen Somersault sauber auf dem Rücken des Wordman zu landen. Vor seinem geistigen Auge sah er die Dreifaltigkeit voll Staunen und Bewunderung ihre Kärtchen mit der maximalen Punktzahl für Ausdruck und Technik heben.
    Aber solche Höhenflüge der Kombinationsgabe, wie sie in

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