Die rätselhaften Worte
wieder hochkommt.
Der andere Experte wurde Hat als Dr. Drew Urquhart vorgestellt. Er schien nicht sehr alt, soweit Bowler das durch seinen struppigen Bart erkennen konnte. Glücklicherweise rasierte er sich die Oberlippe. Hätte er den Einstein-Schnurrbart getragen, mit dem sich Pottle schmückte, selbst seine Mutter hätte ihn kaum wiedererkannt. Angesichts seiner unmodischen Turnschuhe, seiner fadenscheinigen Jeans und eines T-Shirts, das unter den Achseln so verrottet war, daß sich dort Belüftungslöcher gebildet hatten (die allerdings sehr nötig waren), vermutete man sein Zuhause eher in der Pappkartonsiedlung am Einkaufszentrum als in akademischen Gefilden.
»Scheiß Qualm«, grummelte er mit einem schottischen Akzent, den Bowler nicht genauer zuordnen konnte. Jedenfalls kam er nicht aus Glasgow. »Wenn ich hier schon ersticken muß, dann kann ich es mir auch mit meinem eigenen Kraut geben.«
Er zog Zigarettenpapier hervor und füllte es mit etwas, das er einem kleinen Lederbeutel entnahm.
»Wenn du das anzündest, mein Lieber, dann trete ich dir in den Hintern, daß du bis ins Kingdom of Fife zurückfliegst.«
»Ihr laßt wohl alle Besucher beschnüffeln, was, Superintendent?« höhnte Urquhart.
»War nicht nötig. Als Linguist müßte dir doch klar sein, daß du dich verrätst, sobald du nur die Klappe aufmachst.«
»Ich bin beeindruckt. Schwer beleidigt, aber beeindruckt«, antwortete Urquhart.
Er steckte den Beutel mit dem beanstandeten Inhalt weg und sagte: »Können wir anfangen? Ich hab’ heut noch was anderes vor.«
»Ach ja? Schnorren gehen, was?« antwortete Dalziel und ließ seinen Blick über den Aufzug des Linguisten wandern.
»Nachdem wir nun die unvermeidlichen Rituale zur Klärung der Hackordnung hinter uns haben, könnten wir vielleicht zur Sache kommen«, schaltete sich Pottle ein.
»Ist mir recht. Je schneller wir’s hinter uns bringen, desto besser«, meinte Dalziel. »Pete, das ist dein Zirkus, also laß mal die Peitsche knallen.«
»Danke«, begann Pascoe. »Darf ich vielleicht erst einmal sagen, wie sehr wir uns freuen, daß Dr. Pottle und Dr. Urquhart uns heute morgen so kurzfristig ihre Zeit zur Verfügung stellen. Wie es scheint, können wir nun ohne Wenn und Aber davon ausgehen, daß wir es mit einem Serienmörder zu tun haben. Je weiter wir unser Netz auf der Suche nach Expertenbeistand auswerfen und je früher wir damit beginnen, desto besser. Ich bin mir bewußt, daß Ihnen für eine genauere Analyse der Schreiben des Wordman nur eine lächerlich kurze Zeit zur Verfügung stand, aber was einem ersten Eindruck an Tiefe fehlt, wird oft durch Frische wettgemacht. Bitte, Dr. Pottle.«
»Ich möchte mich zunächst bei meinem geschätzten Kollegen Dr. Urquhart entschuldigen, falls ich Dinge anspreche, die in den Bereich seiner Geheimwissenschaft gehören, denn natürlich führt der einzige Zugang, den ich zu dem Schreiber dieser Briefe habe, über die Worte, die er verwendet.«
»Brich dir keinen ab, Pozzo«, erwiderte der Schotte. »Ich werd’ mich auch nicht genieren, von deinem Psychoquark auszuteilen.«
»Danke schön.
Erster Dialog.
Schon der Gebrauch des Wortes ›Dialog‹ ist aufschlußreich. Ein Dialog ist ein Austausch von Gedanken oder Informationen zwischen zwei oder mehr Leuten. Damit es sich um Dialoge im eigentlichen Sinne handelt, muß der Wordman – ich übernehme der Einfachheit halber diesen Ausdruck – sowohl zuhören als auch sprechen. Und ich glaube, wir können feststellen, daß er das auf zwei Arten tut. Zunächst gibt es da Lücken in seinem Text, Leerzeilen, und man kann sich hier leicht die nicht wiedergegebenen Antworten auf die Kommentare und Fragen des Wordman vorstellen. Größtenteils dürften sie aus Belanglosigkeiten bestehen, nicht aus Beiträgen mit tieferer Bedeutung, wie man es in einem echten Dialog erwartet. Beispielsweise könnte man beim Ersten Dialog, zwischen dem
Wie geht’s?
und dem
Mir? Gut, glaube ich
leicht einfügen:
Gut. Und dir?
Zwischen dem
Mir? Gut, glaube ich
und dem
Manchmal ist es kaum zu erkennen
könnte man sich
Was meinst du mit ›ich glaube‹?
denken. Es fällt auf, daß in diesen kleinen Repliken, wie überhaupt im gesamten Dialog, ein freundlicher und familiärer Ton vorherrscht, wie zwischen Leuten, die sich sehr nahestehen und die von gleich zu gleich miteinander verkehren.«
»Ich glaube, soweit haben wir das schon selbst verstanden«, meinte Pascoe entschuldigend, denn ihm entging nicht das
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