Die Rättin
es demonstrativ auf den Schreibtisch des für mittelfristige Waldschäden zuständigen Ministers im Bundeskanzleramt.
Im Knusperhäuschen sehen die Märchengestalten im Zauberspiegel, wie ratlos man in Bonn ist. Alle sind niedergeschlagen. Rapunzel hüllt sich in ihr Haar, will nichts mehr sehen und hören. Schneewittchen möchte am liebsten den in Kunstharz eingeschlossenen Giftapfel essen. Einer der sechs im Märchenwald gebliebenen Zwerge ruft: »Muß denn auf ewig und immer der Kapitalismus siegen!?« Verzweifelt trampelt Rotkäppchen mit roten Stiefelchen: »Scheiße! Ich laß mich vom Wolf fressen!« und läuft aus dem Haus.
Die Großmutter versteht nichts, schüttelt den Kopf, nimmt das beiseite liegende Lackkästchen der Bösen Stiefmutter, schaltet Bonn aus und den Schwarzweißfilm »Rotkäppchen und der Wolf« ein. Nach kurzem Bildsalat, der verschiedene Märchenmotive ahnen läßt, sieht sie endlich, wie der Wolf Rotkäppchen frißt und feurige Augen hat.
Ärgerlich schaltet die Böse Stiefmutter ihren Zauberspiegel aus und ruft: »Was soll dieser Unsinn, Großmutter!« Während Hänsel die verzweifelten Märchengestalten zu trösten versucht, läuft Gretel zum Brunnen, wo sie mit einem Guß aus dem Wassereimer den Froschkönig aus dem Brunnenloch holt. Schmerzhaft lächelnd akzeptiert die damenhafte Prinzessin eine beginnende Dreierbeziehung. (Diese Komplikationen wünscht sich unser Herr Matzerath.)
Doch nun jammert die Hexe laut: »Ach! Ohne Wald werden sich die Kinder nie wieder verlaufen können.« Hänsel tröstet sie, kann sich aber, bevor sie ihn zwischen ihre Titten nimmt, losreißen. Er ruft: »Schluß mit dem Gejammer! Es wird einen Weg geben. Wir müssen nur wollen! Der Mensch kann ohne Wald nicht leben. Ist das klar endlich!?«
In Bonn hat Wilhelm Grimm plötzlich eine Idee. Er sucht die Waldkarten an den Wänden ab und sagt: »Wir werden den Kanzler bewegen, mit uns und weiteren Experten endlich den sterbenden Wald zu besichtigen.«
Jacob Grimm stimmt zu: »Vielleicht geschieht dort ein Wunder.« Der dritte Zwerg will es genau wissen: »Wo, wo genau soll das sein?«
Jacob Grimm zeigt auf der großen Waldkarte, wo der Besichtigungsort sein wird. Wilhelm Grimm zieht mit dem Rotstift einen Kreis um die Besichtigungsstelle. Der Prinz küßt das weinend eingeschlafene Dornröschen wach und weist mit schönem langem Finger auf den Ort zukünftigen Geschehens, und Rumpelstilzchen schnallt sich wieder sein Bein an. Im Knusperhäuschen wird die glückliche Wendung im Zauberspiegel eingefangen. Hänsel notiert den Besichtigungsort. Mit einer primitiven Waldkarte kommen die Zwerge. Hänsels Notiz wird mit der Karte verglichen. Sie finden die Stelle, tragen sie ein und tüfteln mit Hänsel einen Plan aus. Die anderen Märchengestalten sehen fern. Der Zauberspiegel zeigt die Abfahrt der Delegation. Dornröschen hat Wilhelm zum Abschied ein Küßchen gegeben. Die Grimmbrüder winken dem alten Ford nach. Das Mädchen ohne Hände ist so gebannt, daß seine abgehauenen Hände gleichfalls winken. Mürrisch schaltet die Großmutter den Zauberspiegel ab und ruft: »Wo steckt denn Rotkäppchen, das dumme Ding!« Sie stöckert vors Haus. Alle folgen ihr.
Im Käfig wird der schlafende Wolf auf die Seite gelegt. Rübezahl öffnet den Reißverschlußbauch. Kaum aus dem Wolf gekrochen, wird Rotkäppchen von der Großmutter geohrfeigt. Mit Hilfe der Waldkarte klären die Zwerge alle Märchenfiguren über den ausgetüftelten Plan auf. Hänsel, Rübezahl und das Mädchen ohne Hände kommen mit Werkzeug: Schaufeln, Rechen und Hacken.
Da nähert sich aus dem Wald der alte Ford mit der Delegation. Alle finden sich zur großen Begrüßung. Die Hexe schmeichelt Rumpelstilzchen. Lärm und Schulterklopfen bei den Zwergen, die mit dem dritten Zwerg wieder vollzählig sind.
Die Großmutter bekommt Band I des Grimmschen Wörterbuches geschenkt und liest (wie es sich unser Herr Matzerath laut Drehbuchänderung gewünscht hat) aus dem Wörterbuch einzelne, als Untertitel lesbare Wörter vor: »Angst, angstbar sein, was alles uns ängstigt, Angstbeben, im Angsthaus wohnen, im Angstrad laufen, Angstschweiß, angstvoll, ängstlich ...«
So viele »Angstläuse« kümmern die anderen nicht. Unter großem Hallo wird der alte Ford von der Hexe abermals aufgetankt. Hänsel und die Zwerge rufen: »Aufbruch!« und »Äktschen pließ!« Rübezahl wirft den Ford an.
Auf Weisung der Hexe holt ein Zwerg Dornröschens Spindel. Ein anderer Zwerg
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