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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Bo-
    den dieses Kabinetts war eine eiserne Falltüre mit starken ei-
    sernen Querbänden angebracht. Sie führte hinab in ein sehr
    tiefes Gewölbe, wo der bedeutende in gemünztem Golde, in
    prächtigen goldnen und silbernen Gerätschaften, in Juwelen
    und andern Kleinodien bestehende Familienschatz aufbe-
    wahrt wurde. Die Türe des ersten Zimmers an dieser rechten
    Seite stand offen, der Graf trat schnell hinein, durchschritt
    die ganze Reihe, und ihm stockte der Atem, als er die Türe
    des letzten Kabinetts ohne Gewalt geöffnet fand. Behutsam
    trat der Graf hinein. „Wartet nur noch etwas. Es ist eine ver-
    wünschte Arbeit, aber ich werde gleich fertig sein.“ So sprach
    leise der Mensch, der auf der Falltüre kniete und emsig an den
    eisernen Querbänden feilte.
    „Heda!“ rief der Graf mit starker Stimme. Da fuhr der
    Mensch erschrocken auf und wandte sich um. — Es war
    Daniel. Geisterbleich starrte Daniel den Grafen an und die-
    ser ihn, getroffen von dem Blitzesschlag der entsetzlichsten
    Überraschung.
    „Verruchter Hund,“ brach endlich der Graf los, „was machst
    du da?“
    Krampfhaft zuckte Daniel zusammen, indem er mit be-
    benden Lippen lallte: „— Ge-rech-tes E-r-bt-e-il selbst“ — Als
    nun aber der Graf nähertrat, da raffte er ein Brecheisen von
    der Erde auf und hielt es dem Grafen drohend entgegen. „Fort
    mit dir, Bestie, die ich gehegt und gepflegt! — Grauer heuchle-
    rischer Bösewicht!“ So rief der Graf in aufflammendem Zorn,
    packte, mächtig und stark wie er noch war, seiner hohen Jahre
    unerachtet, den Alten bei der Gurgel und schleppte ihn durch
    die Gemächer bis in den Flur, wo er die Schloßglocke stark an-
    zog. Aufgeschreckt aus dem Schlaf, strömte alles herbei, um
    ein Schauspiel zu sehen, von dem jeder erstarrte. „Schließt
    ihn in Ketten und schmeißt ihn in den Turm!“ rief der Graf
    der Dienerschaft zu. Doch sowie sie den Alten, der entstellt,
    lautlos mehr an der Faust des Grafen hing als stand, packen
    wollten, mußten sie auf den Wink des Grafen einhalten. Er
    schien einige Augenblicke auf einen Entschluß zu sinnen.
    Dann sprach er mit ruhiger ernster Größe: „Werft den alten
    Bösewicht zum Schlosse hinaus, und läßt er sich wieder sehen,
    so hetzt ihn fort mit Hunden!“ —
    Es geschah, wie der Graf geboten.
    Die sichtbaren Spuren dessen, was sich begeben, überho-
    ben den Grafen der Mühe einer weitläuftigen Erzählung, in
    zwei Worten wußte die Dienerschaft alles.
    Man vermißte in dem Augenblicke zwei der treusten Jäger
    des Grafen, Paul und Andres. Schon hegte der alte Graf den
    Argwohn, daß auch sie ihn getäuscht hätten auf die schwär-
    zeste Weise, daß auch sie teilhätten an Daniels unternomme-
    ner verbrecherischer Tat, als sie am frühen Morgen, mit Staub
    und Schweiß bedeckt, zum Schloßtor hereinsprengten.
    Während die andern den ertappten Bösewicht anstarr-
    ten, waren sie schnell auf den Hof gelaufen, weil sie Pferde-
    getrappel zu vernehmen glaubten. In der Tat gewahrten sie
    auch im Schimmer der Nacht einen leeren, von zwei Reitern
    begleiteten Wagen, der in geringer Entfernung nicht gar zu
    schnell sich fortbewegte. Eilig sattelten sie nun ihre Pferde,
    nahmen Büchse und Hirschfänger und sprengten dem Wa-
    gen nach. Sowie sich die Reiter, die den Wagen begleiteten,
    verfolgt sahen, spornten sie die Pferde an, und fort ging es in
    gestrecktem Galopp. Der Morgen war angebrochen, als an ei-
    ner tiefen Schlucht Wagen und Reiter plötzlich den Jägern aus
    den Augen verschwanden, während aus dem dicken Gebüsch
    mehrere Schüsse fielen. Dies nötigte die Jäger, die sich von
    einer ihnen überlegenen Bande umringt glauben mußten, zur
    schnellen Rückkehr.
    Nur zu gewiß schien es, daß der alte Daniel in Einver-
    ständnis getreten war mit Bösewichtern, die es auf die Berau-
    bung des Grafen abgesehen hatten. Und doch blieb es dem
    Grafen, blieb es allen ein unerklärliches Rätsel, wie es gesche-
    hen konnte, daß ein so alter, wenigstens dem Anscheine nach
    der Familie so treuergebener Diener als Daniel sich hätte zu
    solchem Verbrechen verführen lassen können. Nur der Geist-
    liche meinte, daß oft, wenn er Daniel unbemerkt beobachtet,
    sich ihm wohl Spuren eines zerrissenen, mit sich und aller
    Welt unzufriedenen Gemüts gezeigt, und daß er in der letz-
    ten Zeit den Alten sogar in heftiger Aufwallung gegen einen
    Kamerad äußern gehört, der Herr habe nichts von dem gehal-
    ten, was er ihm versprochen,

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