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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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den Untergang, der vor ver-
    hängnisvollen Geheimnissen bedrohten Familie; höre indes-
    sen, wie nach der Erzählung des Mönchs sich alles begeben.
    Graf Maximilian behielt die Fassung des männlich starken
    Geistes, als ihm der auf den Tod verwundete Sohn gebracht
    wurde, und diesen Mut lohnte der Ausspruch des Wundarz-
    tes, der, nachdem er mit dem Geschick des vollendeten Mei-
    sters die Kugel herausgebracht, erklärte, daß die Verwundung
    allerdings sehr gefahrvoll, Rettung indessen nicht nur mög-
    lich, sondern, käme nicht irgendein anderes Übel hinzu, mit
    vieler Wahrscheinlichkeit vorauszusehen sei. Daß die Büch-
    senkugel nicht die Brust des Grafen durchbohrt, das sonst bei
    der Richtung des Schusses ein Wunder zu nennen, ließ den
    Wundarzt vermuten, daß der Mörder in gar beträchtlicher
    Ferne geschossen. Daraus ließ sich denn auch erklären, daß
    der Mörder Zeit genug gehabt hatte, zu entfliehen, da die Jäger,
    so sorgsam sie auch den ganzen Wald durchstreiften, doch
    nicht eine einzige verdächtige Person antrafen. Überhaupt
    schien jenes Raubgesindel, das die ganze Gegend ringsumher
    unsicher machte, nach der Niederlage, die es zuletzt erlitten,
    sich wieder über die Grenze zurückgezogen zu haben, denn
    man hörte durchaus nichts mehr von den kühnen Raubstrei-
    chen, die sonst beinahe jeden Tages vorgefallen.
    Der Wundarzt hatte die Verwundung des Grafen ganz
    richtig beurteilt. Sehr bald war er außer aller Gefahr, und die
    sanfte Trauer, die tiefe Schwermut, die sein Gemüt erfüllte,
    hatte seinen in Feuer und Flamme aufsprühenden Geist ge-
    brochen und war eben deshalb seiner völligen Genesung zu-
    träglich. Beide, der alte Graf und Graf Franz, hatten Amalia,
    die wie durch Zauberei spurlos verschwunden, ganz aufgege-
    ben. Sie durften nicht einmal irgendeine Vermutung wagen,
    wohin, mit welches Hilfleistung sie entflohen. Alles nur irgend
    Denkbare wurde bei näherer Beleuchtung zum leeren Hirn-
    gespinst, und so war es auch unmöglich, irgendeine Maßregel
    zu ersinnen, die dahin hätte führen können, die Spur der Ent-
    flohenen zu finden und zu verfolgen. — Die Stille des Grabes
    herrschte nun in dem Schlosse, und nur vorübergehende helle
    Augenblicke, die der Geistliche manchmal herbeizuführen
    wußte, unterbrachen die tiefe Trauer, in die beide, Vater und
    Sohn, versunken. Nur der Trost, den die Kirche zu spenden
    vermag, stärkte den alten Grafen, als der entsetzliche Schlag
    ihn traf, den abzuwenden Graf Franz sich vergebens bemüht
    hatte. Graf Maximilian erfuhr durch Zufall, daß sein Sohn
    Karl wirklich vor mehrerer Zeit als Haupt einer Räuberbande
    im Elsaß eingefangen und zur Hinrichtung verurteilt, aber
    von seinen Spießgesellen, die das Gefängnis, worin er ein-
    geschlossen, erbrachen, indessen mit Gewalt befreit worden
    war. — Sein Name wurde an den Galgen geschlagen. Er hatte
    seinen Familiennamen richtig angegeben, man ließ jedoch
    den Grafentitel hinweg. —
    Schlaflos lag Graf Maximilian in einer Nacht, gequält
    von dem Gedanken, in welche Schmach der heillose Sohn
    die würdigste Familie, die ihre Abstammung von Königen
    herleitete, versenkt, und wie Amaliens verbrecherischer
    Wahnsinn auch den letzten Funken jeder Hoffnung irgend-
    eines irdischen Wohls verlöscht. Da vernahm er leise Tritte
    vor den Fenstern des Schlosses, und dann war es, als würde
    die Haupttüre behutsam geöffnet. Dann wurde alles still, bald
    ließ sich aber, wie aus der untersten Tiefe herauf, ein seltsames
    klirrendes Getön hören, als würden Eisen gehandhabt. — Der
    Graf zog an der Glocke, die hineinging in Daniels, von des
    Grafen Schlafgemach nicht weit entfernte Kammer. Doch der
    Graf mochte klingeln, soviel er wollte, kein Daniel erschien.
    Da stand der Graf auf, warf sich in die Kleider, zündete am
    Nachtlicht eine Kerze an und stieg herab, um selbst die Ursa-
    che des Geräusches zu erforschen. In Daniels Kammer schaute
    er vorbeigehend hinein und überzeugte sich, daß Daniel, da
    das Bett unberührt, sich noch gar nicht niedergelegt hatte.
    Als der Graf in den geräumigen Säulenflur trat, gewahrte er,
    wie ein Mensch schnell zum Portal herauswischte. — Rechts
    und links war eine Reihe Zimmer gelegen, in die man aus
    dem Säulenflur hineintrat. Die Reihe an der rechten Seite
    endigte mit einem kleinen gewölbten Kabinett, dessen Türe
    von starkem Eisen war, so wie vor dem einzigen Fenster sich
    ein starkes Gitterwerk befand. Mitten in dem steinernen

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