Die Räuberbraut
Kunden zu ködern – die Parfüm- und die Kosmetikfirmen, die großen Modemacher. Ehrlich gesagt, bin ich der Meinung, daß wir den Namen ändern müssen. Das Konzept, mit dem wir arbeiten, riecht zu sehr nach siebziger Jahre. Dies sind die Achtziger – wir sind weit über eine Menge dieser alten Positionen hinaus.«
»Den Namen ändern?« fragt Roz, mit zärtlichen Erinnerungen an das ursprüngliche Kollektiv. Was ist aus diesen Frauen geworden? Wohin sind sie verschwunden? Wieso hat sie den Kontakt zu ihnen verloren? Wo kommen plötzlich all diese Karrierekostüme her? »Richtig«, sagt Zenia. »Ich hab eine kleine Umfrage machen lassen. Wir würden besser dastehen, wenn wir uns nur WomanWorld nennen würden, oder, noch besser, einfach nur Woman. «
Roz ist auf Anhieb klar, was da wegfallen soll. Zum einen die Weisheit. Zum anderen die Welt. Aber was kann sie gegen Woman einwenden, ohne zu implizieren, daß etwas daran auszusetzen ist, eine zu sein?
Also verändert Zenia den Namen, und bald verändert sich auch die Zeitschrift. Sie verändert sich so sehr, daß Roz sie kaum noch wiederkennt. Verschwunden sind die reifen Frauen, die etwas erreicht haben, die Geschichten über den Kampf gegen Sexismus und ungleiche Chancen. Verschwunden sind auch die anklagenden Berichte über gesundheitliche Themen. Jetzt gibt es fünfseitige Aufmacher über die neue Frühjahrsmode und neue Diäten und Haarkuren und Antifaltencremes, und Tests über den Mann, mit dem man zusammen ist, und ob man die Beziehung richtig oder falsch anpackt. Sind diese Dinge unwichtig? Roz wäre die letzte, die das behaupten würde, aber trotzdem fehlt jetzt etwas.
Sie trifft sich nicht mehr einmal die Woche zum Lunch mit Zenia; Zenia hat jetzt zu viel zu tun. Sie ist emsig wie eine Biene, sie hat eine Menge eiserner Jungfrauen im Feuer. Und so bringt Roz die inhaltlichen Veränderungen auf der nächsten Vorstandssitzung auf den Tisch. »So war das ursprünglich nicht gedacht«, sagt sie.
Zenia lächelt sanft. »Die meisten Frauen wollen nichts von anderen Frauen lesen, die es zu was gebracht haben«, sagt sie. »Es gibt ihnen das Gefühl, Versager zu sein.«
Roz merkt, daß sie wütend wird – wenn das keine Spitze gegen sie ist! –, aber sie beherrscht sich. »Was wollen sie dann lesen?«
»Ich sprech nicht von Intellektuellen«, sagt Zenia. »Ich sprech von ganz normalen Frauen. Von ganz normalen Zeitschriftenkäuferinnen. Unseren Umfragen zufolge wollen sie lesen, wie man am besten aussieht. Und natürlich über Sex. Sex mit den richtigen Accessoires.«
»Und was sind die richtigen Accesssoires?« fragt Roz liebenswürdig. Sie glaubt zu ersticken.
»Männer«, sagt Zenia. Die Männer im Vorstand lachen, Mitch inbegriffen. Und Roz kann sich einpacken lassen. Sie hat eine Vision, in der Zenia in schwarzen Lederhandschuhen den Rauch von ihrem Revolver bläst und ihn dann zurück in ihr Holster steckt.
Roz besitzt die Aktienmehrheit. Sie könnte Hebel in Bewegung setzen, sie könnte die Karten neu verteilen, sie könnte Zenia rausdrücken. Aber das kann sie nicht, ohne als rachsüchtige Hexe dazustehen.
Dazu kommt, daß die Zeitschrift, endlich, Gewinne abwirft, und Geld spricht seine eigene Sprache.
Eines Tages ist Mitch weg. Er ist einfach weg, schneller als man mit den Fingern schnipsen kann, im Handumdrehen. Keine Vorwarnung, keine Andeutungen, keine herumliegenden Briefe, nichts von dem, was üblich war. Aber im nachhinein erkennt Roz, daß er schon seit einiger Zeit weg gewesen sein muß.
Wo ist er hin? Er ist weggegangen, um mit Zenia zusammenzuleben. Eine ganze Anfangszeit, eine ganze Romanze, hat sich genau vor Roz’ Nase abgespielt, und sie hat nichts gemerkt. Das Ganze muß schon Monate laufen.
Aber nein, das stimmt nicht. Mitch erklärt ihr – er scheint es ihr erklären zu wollen –, daß alles sehr plötzlich kam. Unerwartet für ihn. Sie kam eines Abends in sein Büro, nach der Arbeit, um ihn wegen irgendeiner finanziellen Sache um Rat zu fragen, und dann...
»Ich will nichts davon hören«, sagt Roz, die mit den Freuden des Darüberredens vertraut ist. Sie hat nicht die Absicht, ihm diese Befriedigung zu geben.
»Ich will doch nur, daß du verstehst«, sagt Mitch.
»Warum?« fragt Roz. »Warum ist das wichtig? Wer interessiert sich denn einen Scheißdreck dafür, ob ich versteh oder nicht?«
»Ich«, sagt Mitch. »Weil ich dich immer noch liebe. Ich liebe euch beide. Das alles ist wirklich schwierig für
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