Die Raffkes
antwortete Peter. »Wir versichern sehr viele Leute. Nicht nur Russen.«
»Das ist nicht dein Ernst!«, regte Mann sich auf.
»Natürlich, warum nicht. Willst du zurück zu Marion?«
»Nein. Setz mich irgendwo in Berlin ab. Ich habe viel zu erledigen.«
»Bist du sauer?«
»Ja, bin ich. Das ist ein ganz faules Ding, mein Freund. Superfaul.«
»Du meinst, dass …«
»Genau das meine ich«, sagte Mann wild. »Das alles stinkt zum Himmel. Sascha war ein Schwätzer. Habe ich selbst zu deinem Väterchen gesagt. Und was passiert? Der Schwätzer fährt frontal auf einen Bagger. Platsch! So einfach lassen sich Schwätzer aus der Welt schaffen.«
Eine Weile steuerte Peter schweigend den Wagen. Endlich sagte er gefährlich ruhig: »Du wirst nicht annehmen, dass Väterchen den Unfall arrangiert hat.«
»Doch, das tue ich. Das nimmt Väterchen einen Haufen Sorgen ab. Kein Schwätzer mehr, kein Zeuge mehr.«
»Sirtel besaß eine Spedition, er fuhr für uns. Das ist alles.«
»Pass auf: Eines Tages kommt Sascha zu Dreher und will einen Kredit. Und Dreher sagt: Du kriegst nichts. Daraufhin geht Sascha eine Tür weiter zu Blandin und erhält nach wenigen Minuten die Kreditzusage. Denn Koniew bürgt und hält seine väterliche Hand über Sascha, verschafft ihm Fracht. Nur ist Sascha ein richtiges Arschloch, er redet zu viel. Er gibt an wie ein Sack Seife und erzählt, dass Väterchen Koniew seine schützende Hand über ihn hält. Und da soll ich glauben, dass dieser Unfall ein normaler Unfall ist?«
»Woher weißt du das mit dem Kredit?«, fragte Peter scharf.
»Ich weiß es, das reicht doch. Halt bitte an der nächsten Raststätte. Ich muss pissen und ich brauche Zigaretten.«
Peter verfiel in muffiges Schweigen. Als er an der nächsten Tankstelle hielt, murmelte er: »Ich hab sowieso kein Benzin mehr, also geh pissen!«
Mann ging in den Waschraum und rief Blum an: »Kannst du veranlassen, dass die Papiere des Trucks überprüft werden? Am Zoll in Frankfurt muss es Unterlagen geben. Und noch etwas: Die Brandrückstände würde ich ebenfalls untersuchen lassen.«
»Worauf?«
»Drogen«, antwortete Mann elend. »Was denn sonst? Ich bin jetzt auf dem Rückweg nach Berlin und melde mich, wenn ich da bin.«
Er kaufte sich eine Schachtel Zigaretten und sah, dass Peter sich einen Kaffee abfüllte. Mann nahm sich ebenfalls einen Becher und sagte: »Entschuldigung, dass ich dich persönlich angegriffen habe.«
»Ja, ja«, sagte Peter säuerlich. »Es ist ein echtes Elend mit den Russen. Die hinterlassen überall Leichen.«
»Wenn Koniew mich vor den Kadi als Zeugen zitiert, dann röste ich ihm die Eier!«, erklärte Mann fröhlich.
Peter blickte ihn erstaunt an, erwiderte aber nichts.
Mann ließ sich absetzen, sobald er den ersten Taxistand sah.
»Ich kann dich doch nach Hause bringen!«, sagte Peter beleidigt.
»Danke, du hast mich genug kutschiert«, sagte Mann. »Mach es gut und melde dich, wenn du etwas Neues weißt.«
»He, was ist mit Marion? Soll ich ihr die gewünschten Sachen aus ihrer Wohnung bringen?«
»Das erledige ich schon«, erwiderte Mann. Er drehte sich nicht mehr um, als er auf ein Taxi zusteuerte, aber er hörte, dass Peter die Reifen quietschen ließ.
Das Haus im Grunewald lag schweigsam und unnahbar. Mann war erschöpft. Er wollte Marion anrufen, wollte ihr sagen, dass alles in Ordnung war, erinnerte sich dann, dass sie gar kein Telefon hatte.
Als er die Treppe in den ersten Stock erklomm, erschien plötzlich John hinter ihm. Er wirkte verschlafen, aber er grinste. »Da ist ja der verlorene Sohn. Wie geht es dir?«
»Gut, aber ich bin kaputt. Ich muss schlafen.«
»Wo kommst du her? Ich frage bloß, weil deine Tante mich gleich fragen wird.«
»Der junge Sirtel ist mit einem Truck tödlich verunglückt. Ich komme gerade von der Unfallstelle.«
»Erst der Vater, dann der Sohn«, sagte John betroffen. »Das wird Wirbel machen. Willst du geweckt werden?«
»Ja. Bitte um zehn.«
»Das ist doch lächerlich! Das sind nur zweieinhalb Stunden.«
»Mehr Zeit habe ich nicht«, sagte Mann.
Er zog sich nicht aus und schlief sofort ein. Als Tante Ichen ihn weckte, war es kurz nach zehn.
»Wieso willst du denn schon aufstehen?«
»Bei Bolle findet eine Konferenz statt«, sagte er. »Da muss ich hin. Kannst du John zwei Stunden entbehren?«
»Wenn er keine Hühner klauen soll.«
»Er soll nur in eine Wohnung gehen und die Sachen einer Dame in einen Koffer packen.«
»Aha«, seufzte sie. »Ich verstehe. Marion
Weitere Kostenlose Bücher