Die Raffkes
war. »Nichts Besonderes«, sagte Mann lächelnd und wollte den Raum verlassen. »Bis später.«
»Nein!«, sagte Marion explosiv. »So nicht, mein Lieber. Kann ich dich unter vier Augen sprechen?«
»Na gut«, lenkte er ein und marschierte vor ihr her in die Halle. Er drehte sich zu ihr um: »Es ist etwas geschehen und ich muss los, um meine Kollegen zu treffen.«
»Was ist geschehen?« Ihre Augen sprühten Funken. »Ich weiß, Ehefrauen und andere Menschen haben kein Recht …«
»Sie haben«, sagte er schnell. »Dreher wurde entführt. Sie verlangen fünf Millionen Euro.«
»Wer – sie?«
»Das weiß man doch noch nicht. Aber sag mal, hast du mitbekommen, ob Dreher Kontakte zur Unterwelt hatte? Oder sind dir in seiner Nähe Fremde aufgefallen? Ich meine, diese Entführer müssen ihn und seine Lebensweise genau studiert haben. Ohne das zieht man so eine Entführung nicht durch. Kannst du da mal drüber nachdenken?«
»Mach ich. Wobei ich ja in der letzten Zeit nicht mehr viel von seinem Leben mitbekommen habe. Meldest du dich? Ich meine, vor Ablauf der nächsten fünf Wochen?«
»Klar. Kommst du mit Tante Ichen zurecht?«
»Ja. Kein Problem. Und jetzt küss mich gefälligst. Das tun Helden immer, bevor sie in den Krieg ziehen.«
Er umarmte und küsste sie, dann zog er die Tür hinter sich zu.
Ihm fiel ein, dass es eigentlich ein wenig seltsam war, dass sich eine Truppe von Kriminalisten in einer Kneipe traf, statt an Einsatzkonferenzen teilzunehmen und durch die Stadt zu streifen, um dem Verbrechen ein Ende zu setzen.
Im Hof stand John vor dem Bentley und schien besorgt um Chrom und Glanz.
»Hör zu«, sagte Mann, »pass auf Marion auf. Sie darf das Haus und das Grundstück nicht verlassen. Und lass keinen Fremden rein.«
»Nur über meine Leiche«, nickte John.
»Lieber nicht«, murmelte Mann.
Er beeilte sich zu Bolle zu kommen. Er nahm wieder zwei Buletten mit in den hinteren Raum und trank ein Wasser.
Vier Leute waren da, Blum und der Rothaarige waren ihm bekannt, die beiden anderen hatte er noch nie gesehen.
»Ich bin ein wenig spät«, sagte er. »Ging nicht schneller.«
»Schon gut«, winkte Blum ab. »Stephan kennst du schon. Der Lange da ist Bert und der leicht Behäbige ist Dietmar. Ich will schnell ein paar Sätze darüber verlieren, wie diese Runde mit wechselnder Besetzung arbeitet. Niemand hier im Raum, mit Ausnahme deiner werten Person, ist von irgendeiner Tagesarbeit befreit. Wenn wir etwas klären wollen, dann klären wir es außerhalb der offiziellen Arbeit. Das ist eine Tradition, die Ziemann eingeführt hat. Es gab immer schon Dinge, die uns sauer aufstießen und die wir klären wollten. Ich muss dir nicht erzählen, dass es verfolgungsgeile Staatsanwälte gibt, die sich verrennen. Deren Entscheidungen müssen ebenso korrigiert werden wie die verrückt gewordener Polizisten, die sich in Täter verbeißen, die es gar nicht gibt. Wir sind sozusagen ein Meckerklub oder der Klub der wahren Helden, der Klub ohne Ziel oder der Klub der Irren und Unbelehrbaren.«
»Kapiert«, nickte Mann. »Was ist nun von Dreher bekannt?«
Der rothaarige Stephan ergriff das Wort: »Es ist jetzt offiziell, dass Dreher entführt wurde. Es ist inzwischen auch bestätigt, wann das passierte. Heute Nachmittag etwa gegen siebzehn Uhr. Dreher war zu Hause. Er saß auf der Terrasse und telefonierte ohne Unterbrechung. Laut Aussage seiner Frau ein ganz normales Verhalten: Er ließ sich von seinem Fahrer bringen, setzte sich in sein Arbeitszimmer oder sonst wohin und telefonierte. Mal eine Stunde, mal drei Stunden, manchmal nur eine halbe Stunde. Wenn er fertig war, rief er wieder seinen Fahrer und der holte ihn postwendend ab. Für diese Telefonorgien gab es keine Norm. Wenn Dreher das Gefühl hatte, er müsse allein sein, fuhr er nach Hause und erledigte sein Pensum von dort aus. Ich habe den Kollegen, der mir das erzählt hat, an die Wand gedrückt, ob dahinter vielleicht etwas anderes stecken könnte: geheime Kontakte Drehers, von denen niemand etwas mitkriegen sollte. Das ist wohl nicht der Fall. Heute Nachmittag arbeitete die Ehefrau im Garten, sie schnitt Rosen oder so was. Um zehn Minuten vor siebzehn Uhr, das weiß sie genau, saß ihr Mann noch in einem Korbsessel auf der Terrasse und telefonierte. Als sie zwanzig Minuten später wieder auf die Terrasse trat, war er weg. Sie hat sich keinerlei Sorgen gemacht, sie hat gedacht, er hat sich wieder abholen lassen. Auch dass er sich nicht verabschiedete, war normal. Um
Weitere Kostenlose Bücher