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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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in unseren Computern herumsurfe, unter bestimmten Namen nachschaue, etwas in Erfahrung bringe, was seine Ängste bestätigt, seine Wut, seine Befürchtungen. Wahrscheinlich wäre es gut, noch einmal mit seiner Frau zu sprechen, wenn sie das Chaos in ihrer Seele geklärt hat und wieder ruhiger atmet. Aber dann werde ich keine Zeit mehr haben und Frau Sirtel vergessen. Ich werde wieder bei Kemal sein, seine Akte lesen und versuchen ihm auf die Beine zu helfen. Und wahrscheinlich werde ich mir wünschen, Ziemann käme herein und würde mir von seiner Welt erzählen. Aber auch Ziemann wird keine Zeit für mich haben und nicht kommen, und wenn wir uns zufällig auf der Straße begegnen, werden wir sagen: Wie läuft es so bei dir? Wir werden uns in Allgemeinplätzen verlieren und weder er noch ich werden jemals über die eine Stunde sprechen, die wir in seinem geheimen Keller hockten. Was er wohl im Moment tut? Liegt er im Bett, starrt gegen die Decke und denkt: Dieser Mann, der Schweinehund?
»Bringen Sie mir auch ein Glas?«, rief Marion Westernhage.
»Aber ja«, sagte Mann, goss ihr ein und trug das Glas ins Badezimmer.
Sie hatte sich ein Handtuch um den Körper gewickelt. »Es gibt absolut keine Stelle, an der ich nicht blaue Flecken habe.«
»Die Detonation hat Sie schwer herumgewirbelt«, murmelte er.
Er ging zurück in den Wohnraum und hörte, dass sie einen Schlager sang, laut und unbekümmert.
Diese kalt gestylte Wohnung passt überhaupt nicht zu ihr, dachte er. Er konnte sie sich besser in etwas Plüschigem, Verspieltem vorstellen.
»So, nun bin ich sauber und rieche gut«, sagte sie in seinem Rücken. Sie trug wieder den weißen Bademantel.
»Sagen Sie, lieben Sie diesen Dreher eigentlich?«
Sie erstarrte in der Bewegung und entgegnete tonlos: »Das ist eine Scheißfrage.«
»Das tut mir Leid, das wollte ich nicht.«
»Wir wollten doch die Bank und Sirtel und all das nicht mehr erwähnen.«
»Sie haben Recht. Entschuldigung.«
»Und warum interessiert Sie das?«
»Ich mag Sie«, erwiderte Mann spontan. »Und also interessiert es mich.«
Sie zog die Beine unter den Körper und drapierte das Ende des Bademantels sorgsam auf dem Leder des Sofas. Sie lächelte. »Wieso muss es denn immer gleich Liebe sein? So ein großes Wort. Dreher hat mir den Job gegeben, er hat diese Wohnung gekauft und mir geschenkt, er hat sie eingerichtet und ganz selten, wenn er total fertig ist, kommt er her. Glaub mir, er ist ein armes Schwein. Er hat eine geldgierige Frau, die ihn fertig macht, die sechsmal am Tag anruft und ihm ständig Vorhaltungen macht.«
»Und warum verlässt er diese Frau nicht?«
»Weil sie seine Lebensversicherung i st. Sie verwaltet das Geld. Sollen wir jetzt vielleicht zwei Stunden über Dreher diskutieren? Würde dir das gefallen?«
»Nein«, grinste Mann, »nein, wirklich nicht. Ich habe eben überlegt, dass ich im Moment nirgendwo lieber sein würde als hier bei dir.«
»Das klingt sehr viel besser«, sagte sie resolut. »Dann komm her zu mir und sag mir nicht, dass du mich liebst, sag mir einfach nur, dass du mich ganz in Ordnung findest.«
Mit einer einzigen schnellen Bewegung zog sie den Bademantel aus und forderte: »Du solltest mich vielleicht besser ins Schlafzimmer tragen. Dieses Sofa ist zu schmal und Herr Schleesiek von schräg gegenüber guckt hier manchmal mit seinem Fernglas rein.«
Mann spürte sekundenlang Panik in sich aufsteigen, wollte sich schon in Verlegenheiten flüchten. Dann entdeckte er in ihren Augen eine gänzlich herzliche, unverbogene Lust auf diesen Teil des Lebens.
»Das ist eine gute Idee«, sagte er mit einem Kloß im Hals.
FÜNFTES KAPITEL 
    Sie lagen bäuchlings und nackt nebeneinander auf dem Bett, rauchten und warteten träge, dass der Tag kam. »Langsam werde ich müde«, sagte sie. »Ich habe anfangs gedacht, ich würde nie mehr schlafen können. Ich hatte sogar panische Angst vor dem Einschlafen. Weil dann die Träume kommen.« »Wir lernen wohl nur sehr langsam, damit zu leben. Ich denke, es wird uns eine Weile begleiten.«
»Weißt du eigentlich, wer auf mir gelegen hat?«
»Wenn ich mich richtig erinnere, müsste das ein Tiefbauingenieur gewesen sein, sechsundvierzig Jahre alt, verheiratet. Stammte aus der Gegend vom Bodensee.«
»Was passiert jetzt eigentlich? Reisen die Verwandten an?«
»Das nehme ich an. Aber die Leichen werden noch nicht freigegeben. Manche sind ja noch gar nicht identifiziert.«
»Und es ist wirklich möglich, dass der Anschlag Sirtel

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