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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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möchte ich nicht sagen, dass ich auf Sirtels Spur gesetzt wurde.«
Mann begann zu grinsen. »Das sind Sie doch gar nicht, niemand hat Sie auf eine Spur gesetzt. Sie haben gesagt, dass Dreher in der letzten Zeit angespannt ist. Sie haben Angst, dass Dreher zu seiner Ehefrau zurückkehrt, falls er eine hat. Oder dass er sich einer anderen widmet. Oder dass die Bankgesellschaft ihn feuert und Sie Ihr Paradies hier verlieren. Deshalb haben Sie sich gedacht: Ich beschatte den alten Walter Sirtel ein bisschen, vielleicht finde ich dabei etwas heraus, was den alten Dreher freut. Und siehe da, nun ist Walter Sirtel tot und kann keinen Ärger mehr machen. Der einzige Ärger, den Sie jetzt noch von Ihrem Chef abwenden müssen, ist der, dass er möglicherweise seine kostbare Zeit mit den Ermittlern verplempert. Was haben Sie Dreher denn über die Ereignisse erzählt?«
»Nichts Besonderes. Das ist doch egal. Ich habe halt gesagt: Ich war dort, Sirtel ist tot, und damit basta.« Sie betrachtete eingehend ihr Glas und trank es dann wütend aus.
»Sie lügen schon wieder.« Mann wurde nicht einmal heftig, er stellte nur fest.
»Wieso das?«, schrie sie.
»Weil auch ich eine Rolle spiele. Ich bin der Mann, den Sirtel treffen wollte, und ich bin ein Staatsanwalt. Das war doch der Hauptgag Ihrer Erzählung für Ihren Chef. Was haben Sie über mich gesagt?«
»Dass Sie hier waren und dass Sie ein scharfer Hund sind.«
»Und wie hat Dreher reagiert?«
»Er sagte: Da haben wir aber noch einmal Schwein gehabt«, stieß sie trotzig hervor und fügte leise hinzu: »Ich weiß immer noch nicht, was ich für diesen Deutschen schreiben soll.«
»Schreiben Sie irgendwas. Oder – haben Sie eine Karte von dem?«
»Ja, Moment, er hat mir eine gegeben.« Sie suchte in einer kleinen weißen Handtasche herum und reichte Mann eine Visitenkarte. Darauf stand eine Handynummer und er wählte sie, ohne zu zögern. Der Deutsche hieß Hauptmann und war Oberregierungsrat.
»Herr Hauptmann. Da bin ich aber froh, Sie noch zu erwischen. Mann von der Staatsanwaltschaft. Hören Sie, es geht um Marion Westernhage, die Sie heute einvernommen haben …«
»Ein furchtbares Weib«, schimpfte Hauptmann. »Erzählte da irgendetwas von einem Freund, dessen Namen sie nicht preisgeben will. Völliger Quatsch. Vielleicht geht sie auf den Strich und …«
»Das ist es nicht. Ich habe die Frau schon in der vergangenen Nacht befragt. Wenn Sie einverstanden sind, kopiere ich mein Protokoll und schicke Ihnen die Kopie.«
»Wer immer Sie sind, Sie sind ein Schatz. Okay, eine Kopie an mich, damit wir das abhaken können. Danke Ihnen.«
Mann sah Marion Westernhage an. »Sie kommen noch einmal davon, mein Protokoll reicht ihm. Sie können ihn vergessen.«
»Und was steht in dem Protokoll?«, fragte sie in die Stille.
»Das weiß ich noch nicht. Das werde ich wissen, wenn ich es morgen verfasse. Sollen wir jetzt vielleicht noch in Ruhe ein Glas Champagner trinken und diese blödsinnige Bank und die Bombe vergessen? Nur eine halbe Stunde lang?«
»Das war das Wort des Tages«, seufzte sie. »Ich hole Ihnen noch ein Fläschchen und werde eben duschen und als Königin des Abends zurückkehren. Ich muss aus diesem Kostüm raus.«
»Das ist gut«, lächelte Mann.
Er nahm die Flasche in Empfang, öffnete sie und goss sich ein halbes Glas ein. Nachdenklich starrte er aus dem Fenster auf die Häuser und Höfe.
Er atmete tief durch. Es war gut, jetzt nicht zu Katharina zu gehen und erst recht nicht zu Ziemann. Und es war gut, Drehers Champagner zu trinken und langsam müde zu werden. Ziemann würde enttäuscht sein, aber sein Vorhaben war irgendwie irre, unglaubhaft. Seine Frau hatte Mann gut gefallen, die war ein toller Typ und würde im Alter bestimmt so etwas wie eine Weise des Viertels werden … Katharina käme mit so einer Frau nicht zurecht. Sie würde sich gar nicht erst die Mühe machen. Für Katharina hatte die Welt nur zwei Abteilungen: den Arbeitsplatz und ihre Wohnung. Alles Leben außerhalb machte ihr Angst. Ich musste in vierundzwanzig Stunden eine Menge neuer Welten erleben, dachte Mann. Es war faszinierend und gleichzeitig lähmend. Irgendwie hat es mich verändert. Und ich würde viel darum geben zu wissen, was Sirtel zusammengetragen hat, wovor er sich fürchtete und weshalb er mit mir sprechen wollte. Vorhin, als ich in Ziemanns Keller saß, habe ich für Sekunden geglaubt, dass Sirtel genauso gedacht haben muss, wie Ziemann denkt. Vielleicht wollte er einfach, dass ich

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