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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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hatte. Unprofessionell, dachte er ärgerlich. Es war noch früh genug, er konnte noch irgendwo im Haus schellen. Auf der Klingel für die unterste Wohnung stand kein Name, darüber wohnte jemand namens Haienbach . Es ist egal, wo ich beginne, dachte er und drückte den Knopf. Der Summer ertönte, er stieß die Tür auf und ging die Treppe hoch. In der Wohnungstür im ersten Stock wartete ein kleiner gebeugter Mann, sicherlich älter als siebzig, vielleicht sogar älter als achtzig. Seine Augen waren hell und wissbegierig und er hielt den Kopf schräg, um Mann ansehen zu können. Er sagte: »Ja?« »Ich bin wegen des jungen Manns unter Ihnen hier, Herr Haienbach …«
»Nein, nein, Haienbach, das ist meine Schwester, ich heiße Wilke, Albert Wilke. Der unter uns? Na, der ist doch tot. Hat sich selbst hingemacht. Habe ich gelesen. War ja ein ruhiger Vertreter, nie Krach und so. Was wollen Sie denn von dem?« Seine Stimme war krächzend.
»Gar nichts; ich suche nur Leute, die ihn gekannt haben. Kannten Sie ihn?«
»Nee. Na ja, man sagt ja mal Guten Tag, aber das ist es denn auch. Wie das heute eben so ist. Sie müssen mal rüber zu Gerti gehen. Da treffen sich die jungen Leute. Schmalzbrot und Bier. Ich weiß das, weil ich mir da manchmal eine Flasche Bier kaufe.«
»Ich danke Ihnen, Herr Wilke.« Mann machte kehrt und marschierte die Treppe hinunter. Er trat auf die Straße, bemerkte tatsächlich ein kleines grellgelbes Kneipenschild, auf dem Bei Gerti stand, und überquerte die Fahrbahn.
Die Kneipe war winzig und brechend voll. Mann arbeitete sich langsam bis zu der Theke vor und rief: »Ein Bier, bitte!«
Die Frau hinter den Zapfhähnen musste Gerti sein. Ein echtes Mannweib, ein hartes Gesicht unter kurzen blonden Haaren und vermutlich war sie in der Lage, alle vierzig Gäste eigenhändig auf die Straße zu prügeln. Sie war die einzige Frau im Raum.
Das Bierglas war schmierig, aber Mann trank daraus und richtete sich darauf ein, warten zu müssen, bis sich die Kneipe leerte.
Dicht vor ihm tauchte plötzlich ein Männergesicht auf. Sechs-Tage-Bart, zerstörte Zähne, irgendwie fröhlich verkommen, mit wasserblauen Augen.
Das Gesicht sagte: »Fremdling, woher kommst du geritten?«
»Aus Alabama«, antwortete Mann. »Woher denn sonst?«
»Aus Alabama!«, strahlte das Gesicht und krähte trunken: »Ey, Gerti, das musst du gehört haben. Er ist aus Alabama hierher geritten.«
»Ach Scheiße, Ferdi!«, sagte Gerti mit einer zu ihr passenden tiefen Stimme. »Hör mit dem Kokolores auf!«
»Wie ist das, fremder Reiter? Schmeißt du eine Runde?«
Mann nickte. »Was willst du denn trinken?«
»Na ja«, trompetete Ferdi, »was man hier so trinkt. Whisky.«
»Ferdi«, mahnte Gerti mütterlich.
»Whisky«, wiederholte Ferdi.
»Also, zwei Whisky«, sagte Mann.
»Der Ferdi macht mich an und hin«, schimpfte Gerti. Sie goss aus einer fragwürdigen Flasche jeweils einen Schluck in kleine Kognakschwenker und kredenzte den Fusel zwischen Ferdi und Mann auf dem schmalen Brett. »Dann ist aber Schluss!«, sagte sie energisch.
»Nee, mal ehrlich, wo kommst du her?«, fragte Ferdi.
»Aus Berlin, aus Mitte«, sagte Mann. »Ich suche jemanden.«
»Wen denn?«, fragte Ferdi.
»Benny«, antwortete Mann etwas lauter als nötig.
»Benny? Der ist doch tot.« Ferdi sagte es so, als könne er es immer noch nicht fassen.
»Das weiß ich. Ich suche Leute, die ihn gekannt haben.«
»Dann bist du hier richtig«, stellte Ferdi pathetisch fest. »Wir haben ihn nämlich alle gekannt. Alle hier.«
»Red nich so ’nen Scheiß, Ferdi!«, sagte Gerti abweisend.
»Ist doch so!« Ferdi trank den Whisky aus.
»Noch ein Bier für mich und eins für Ferdi«, sagte Mann.
Unverhohlen machte sich Misstrauen auf Gertis Gesicht breit und überzog es mit einem Schatten. Aber sie sagte nichts.
Es war wohl besser das Thema zu wechseln und kein Interesse mehr an Benny zu zeigen. Irgendwann würde ihn die Wirtin von selbst darauf ansprechen.
»Haben Sie eine Bulette? Mit Senf?«, fragte Mann.
»Selbst gemachte«, pries Gerti an. »Eine? Zwei?«
»Zwei«, sagte Mann. »Und da steht ein Glas mit Gurken. Davon bitte auch zwei.«
Die Bulette war wirklich gut. Dann griff Ferdi mit größter Selbstverständlichkeit nach dem zweiten Fleischklops und biss hinein. Mann musste weggucken, Ferdi mampfte mit offenem Mund, es sah ekelhaft aus.
»Ferdi«, sagte Gerti mahnend, »du frisst wie ein Schwein.«
»Hah!«, antwortete Ferdi an der Bulette vorbei. »Ich bin ein

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