Die Ranch
andermal darüber. Im Augenblick können wir ohnehin keinen endgültigen Entschluss fassen. Fahr zum Studio, Tanya. Tut mir Leid, dass ich dich so lange aufgehalten habe.« Kein Problem. Nur eine Stunde. Drei Jahre. Verdammt, wer konnte ihm verübeln, dass er aussteigen wollte? Er verließ das Büro, und sie schaute ihm nach, hin und her gerissen zwischen Kummer und Wut.
»Alles in Ordnung?« Jean brachte ihr einen Stapel telefonischer Nachrichten, die sie notiert hatte, und erinnerte sie: »In fünf Minuten müssen Sie losfahren.«
»Schon gut, alles in bester Ordnung.« Tanya stand auf.
Wann würde die Presse von Tonys Scheidungsabsichten erfahren? Eigentlich sollte das ihre geringste Sorge sein. Aber der Gedanke an neue Klatschgeschichten war kaum zu ertragen.
Bevor sie das Haus verließ, wusch sie ihr Gesicht und schluckte ihre Tränen hinunter. Dann verbarg sie ihre Augen hinter einer dunklen Brille. Jean setzte sich ans Steuer des Wagens. Während der Fahrt telefonierte Tanya mit ihrem Agenten und erklärte sich bereit, die Tournee abzuwickeln, inklusive Japan. Im nächsten Jahr würde sie fast vier Monate lang unterwegs sein. Aber sie wusste, wie wichtig diese Tournee war, und sie könnte hin und wieder nach Hause fliegen. Bis sechs Uhr arbeitete sie im Studio, und nach der Probe für die Benefizgala kam sie um elf Uhr nach Hause. Auf dem Küchentisch lag eine Nachricht von Tony. Er würde das Wochenende in Palm Springs verbringen. Eine Zeit lang stand sie reglos da, den Zettel in der Hand, und fragte sich, wie lange es noch dauern mochte, bis er endgültig Schluss machte. Dass er dazu entschlossen war, bezweifelte sie nicht mehr. Sollte sie einen letzten Versuch wagen und ihn in Palm Springs anrufen? Vielleicht, wenn sie beteuerte, wie sehr sie ihn liebte, wie tief sie bedauerte, was sie ihm angetan hatte …
Aber nachdem sie den Telefonhörer abgenommen hatte, legte sie ihn wieder auf. Warum war er nicht für sie da, und warum ergriff er die Flucht? Dafür gab es nur eine einzige Erklärung: Tony Goldman hatte sie niemals wirklich geliebt. Ob ihre Vermutung stimmte, würde sie wahrscheinlich nie erfahren. Die Augen voller Tränen, ging sie in die beklemmende Stille ihres Schlafzimmers.
3
Tanya flog im Jet ihrer Schallplattenfirma nach New York, und weil sie allein sein wollte, nahm sie ihre Sekretärin nicht mit. Für eine TV-Show und ein Gespräch mit einem Literaturagenten brauchte sie Jean nicht. Außerdem würde sie den Flug nutzen, um über Tony nachzudenken. Nach seinem Wochenende in Palm Springs war er am Sonntagabend pflichtbewusst zurückgekommen. Sie aßen mit den Kindern und sprachen nicht über das Problem. Ihr fehlte der Mut, das Thema anzuschneiden, und er erwähnte es nicht einmal, obwohl das Magazin
People
einen Bericht über den Gerichtsprozess wegen sexueller Belästigung veröffentlicht hatte. Er wusste, er hatte genug gesagt.
Als sie am Dienstag zum Flughafen fuhr, war er bereits ins Büro gegangen. Der Jet erwartete sie, und sie gewann beinahe den Eindruck, eine Fluglinie für sich allein zu haben. Der einzige andere Passagier war ein Manager aus der Firma. Offensichtlich erkannte er Tanya, aber er begrüßte sie nur kurz und sagte dann nichts mehr. Auf halbem Weg nach New York wurde sie von ihrem Anwalt angerufen, der ihr erklärte, für eine Million Dollar würde der Bodyguard auf einen Prozess verzichten.
»Sagen Sie ihm, wir sehen uns vor Gericht«, erwiderte sie kühl.
»Tanya, das wäre unklug«, gab Bennett Pearson zu bedenken.
»Ich lasse mich nicht erpressen, und er kann nichts beweisen.«
»Also steht Ihr Wort gegen seines. Was er behauptet, wissen Sie ja. Nur weil er nicht mit Ihnen schlafen wollte, haben Sie ihn gefeuert, traumatisiert, sein Leben zerstört und …«
»Schon gut, Bennett, das müssen Sie mir nicht erzählen.«
»Heutzutage sind die Geschworenen unberechenbar. Er könnte Ihnen Leid tun. Denken Sie darüber nach. Wie würden Sie sich fühlen, wenn ihm die Jury zehn Millionen Schmerzensgeld zuspricht?«
»Dann würde ich ihn am liebsten umbringen.«
»Eben. Geben Sie ihm die Million, und der Fall ist erledigt.«
»Wissen Sie, wie hart ich für dieses Geld gearbeitet habe? Eine Million kriegt man nicht geschenkt.«
»Die holen Sie bei der Tournee im nächsten Jahr wieder rein. Betrachten Sie's einfach als Pech, wie einen Brandschaden in Ihrem Haus, für den die Versicherung nichts zahlt.«
»Verrückt …«
»Stimmt. Und es wird immer wieder
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