Die Ranch
gut für dich? Ich würde was Besseres verdienen? Soll ich mir edelmütige Tiraden anhören und vor Stolz platzen, während du zur Tür hinausläufst?« Eindringlich schaute sie in seine Augen. Es hatte keinen Sinn, dem Kummer zu entfliehen, der unweigerlich auf sie zukam. Und jetzt war es so weit.
»Wie kannst du so reden? Ich bin dir nie davongelaufen.« Gekränkt erwiderte er ihren Blick, und sie bedauerte ihre schroffen Worte. Vielleicht hatte sie ihn voreilig beschuldigt.
»Nein, aber du bist nahe dran, nicht wahr?«, fragte sie leise.
Ohne ihre Vermutung zu bestätigen oder abzustreiten, gestand er: »Keine Ahnung, was ich sagen soll – ich weiß nur, dass ich müde bin. Welch ein hartes Leben du führst, erkennt man erst, wenn man daran teilnimmt.«
»Davor habe ich dich gewarnt.« Sie fühlte sich wie eine Bergsteigerin, die auf halber Höhe des Mount Everest von ihrem Gefährten im Stich gelassen wird. »Ja, das ist ein hartes Leben, Tony. Ich liebe meine Arbeit, die mir viel Freude macht, und ich verabscheue die hässlichen Begleiterscheinungen, gegen die ich machtlos bin.«
»Ja, schon gut – ich habe kein Recht, mich zu beschweren.« Verlegen zuckte er die Achseln, und sie erriet seine Gedanken. Für ihn war es vorbei. Er hatte sein Hollywood-Abenteuer genossen, und nun verblasste der Reiz. »Ich weiß, wie schwierig das alles für dich ist, und ich will's nicht noch schlimmer machen. Weil du eine Perfektionistin bist, arbeitest du hart und unermüdlich. Für mich bleibt wenig Zeit zwischen all den Konzerten und Proben und Plattenaufnahmen. Und während du von einem Erfolg zum anderen jagst, sitze ich hier und lese, was die Klatschkolumnisten über uns schreiben.«
»Glaubst du das etwa?«, fragte sie unverblümt. Zweifelte er tatsächlich an ihr? Immerhin war der Bodyguard, dieser niederträchtige Hurensohn, ein attraktiver Mann.
»Nein, natürlich nicht«, seufzte Tony. »Aber es ärgert mich ganz gewaltig. Heute Morgen haben meine Freunde auf dem Golfplatz einen Riesenwirbel gemacht. Sie fanden es wahnsinnig komisch, dass meine Frau wegen sexueller Belästigung verklagt wird, während ihre eigenen Frauen nichts vom Sex halten.« Verlegen senkte er den Kopf. Es fiel ihm schwer, darüber zu sprechen, und Tanya verstand die tiefere Bedeutung. Vom Spott seiner Freunde gedemütigt, ertrug er die bedrückende Situation nicht länger. Ihr war das alles sehr unangenehm, doch sie konnte nichts dagegen tun, während er sich jederzeit davon befreien konnte. Die Boulevardpresse und die Leute, die vor Gericht gingen, hatten es nur auf sie abgesehen, nicht auf ihren Mann. »Was soll ich sonst noch sagen?«, fragte er unglücklich. »Das alles ist so ekelhaft.«
»Ja, gewiss.« Sie konnte ihm nicht widersprechen, denn letzten Endes trugen immer die bösen Jungs den Sieg davon. Und der ständige Druck, unter dem sie stand, ließ eine normale Beziehung zu einem Mann nicht zu. »Willst du mich verlassen?«, flüsterte sie traurig. Er war nicht die Liebe ihres Lebens. Aber sie hatte sich in seiner Nähe wohl gefühlt und ihm vertraut, und sie mochte seine Kinder. Wenn es nach ihr ginge, würde sie an der Ehe festhalten.
»Da bin ich mir nicht sicher«, gab er zu. Eine Zeit lang hatte er darüber nachgedacht und keine Antwort auf die Frage gefunden. »Offen gestanden, ich weiß nicht, wie lange ich's noch durchhalte. Ich bin am Ende meiner Nervenkraft angelangt. Und das will ich dir nicht verheimlichen.«
»Vielen Dank für deine Ehrlichkeit.« Sie fühlte sich betrogen und verraten, weil er nicht zu ihr hielt, weil er ihr zu verstehen gab, das Glück dieser Ehe würde die peinlichen Aspekte nicht aufwiegen. »Wenn ich's doch ändern könnte …«
»Und ich wünschte, es würde mich nicht so fertig machen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Bevor man's aus eigener Erfahrung weiß, glaubt man's nicht. Erst fühlt man sich wie Alice im Wunderland, wie in einer irrealen Märchenwelt -dann sieht man den Schmutz hinter der glänzenden Fassade …«
Wieder einmal wurde ihr bewusst, welch ein kluger Mann er war. Trotz ihrer Differenzen gab es immer noch so viel, was sie miteinander verband. »Das hast du treffend ausgedrückt«, meinte sie und lächelte schmerzlich. »Und die Kinder?«, fragte sie, den Tränen nahe. »Wenn du dich von mir trennst – darf ich sie manchmal sehen?« Bisher war das Gespräch leidenschaftslos und vernünftig verlaufen. Das Erste von zahlreichen Gesprächen, die das Ende ihrer Ehe
Weitere Kostenlose Bücher