Die Ranch
Boulevardblatt erscheinen würde, und wenig später informierte man sie über technische Probleme bei der CD-Aufnahme, an der sie gerade arbeitete. Am nächsten Abend musste sie bei einer Benefizgala auftreten, an diesem Abend fand eine Probe dafür statt, und zu Mittag wurde sie im Aufnahmestudio erwartet. Schließlich meldete sich ihr Filmagent und wollte mit ihr über eine neue Rolle reden.
»O Gott, was ist heute nur los? Liegt's am Vollmond? Drehen alle Leute in dieser Stadt durch?« Mit einer Hand strich sie ihr langes blondes Haar aus dem Gesicht, mit der anderen nahm sie eine Tasse Kaffee von Jean entgegen. Die Sekretärin erinnerte sie, dass sie bis halb fünf entscheiden müsste, ob sie die Tournee machen würde. »Gar nichts muss ich, verdammt noch mal, und wenn Japan ins Wasser fällt -meinetwegen! Ich lasse mich nicht unter Druck setzen und fasse keine Entschlüsse, bevor ich dazu bereit bin.« Bei diesen Worten runzelte sie die Stirn, was nicht zu ihr passte. Normalerweise blieb sie ruhig und gelassen. Aber an diesem Morgen würde der Stress einen Vulkan zum Ausbruch treiben, und sie war auch nur ein Mensch mit begrenzter Belastbarkeit.
»Und das Interview, um das
View
gebeten hat?«, fragte Jean gnadenlos. »Die wollen noch heute Vormittag eine Antwort haben.«
»Warum wenden sie sich nicht an meine PR-Leute?« Tanyas innere Unrast wuchs mit jeder Minute. »Haben Sie ihnen nicht erklärt, dass ich keine direkten Anfragen wünsche?«
»Doch, aber das interessiert sie nicht. Sie wissen ja, wie's ist, Tanya. Sobald jemand Ihre Nummer hat, möchte er mit Ihnen persönlich reden.«
»Ja, und ich auch.« Von der Golfpartie zurückgekehrt, stand Tony in der Tür des Büros und sah alles andere als glücklich aus. »Kann ich dich kurz sprechen, Tanya?«
»Natürlich«, erwiderte sie und schaute nervös zu ihm auf. In einer halben Stunde musste sie im Studio sein, doch sie wollte ihn nicht abweisen. Er erweckte nicht den Eindruck, als würde er sich auch nur eine Minute gedulden. Offensichtlich ging es um ein dringendes Problem, und sie wusste nicht recht, ob sie ihm zuhören wollte.
Jean ließ die beiden allein, und Tanya wartete, bis Tony sich setzte. »Stimmt was nicht?«, fragte sie beunruhigt.
»Nun, es ist nicht schlimmer als sonst. Versteh mich bitte nicht falsch.« Eine Zeit lang starrte er an ihr vorbei durchs Fenster. Dann sah er sie wieder an, und sie las in seinen Augen, wie wütend er immer noch war – nicht nur wegen der Geschichte, die der Bodyguard erzählt hatte, sondern weil ihr gemeinsames Leben von diesen Attacken strapaziert wurde und weil es keinen Ausweg gab. Prominente Personen hatten kein Recht auf ihre Privatsphäre, nicht einmal auf Ehrlichkeit. Und jede erfundene Geschichte führte zu Schadenersatzforderungen. »Ich ärgere mich nicht über den Artikel in der heutigen Zeitung«, belog er Tanya und sich selbst, weil er glauben wollte, er würde sie fair behandeln, obwohl das nicht zutraf. »Was man uns früher antat, war genauso schlimm, und ich bewundere dich, weil du diese ganze Scheiße tapfer erträgst.« Sie wusste, was er meinte. Zu Weihnachten hatten sie wegen einer Morddrohung gegen die ganze Familie für jedes Kind einen Bodyguard engagieren müssen, und deshalb hatte Tonys Exfrau einen Nervenzusammenbruch erlitten.
»Du bist eine erstaunliche Frau.« Aber Tonys Tonfall passte nicht zu diesem Kompliment, und sein Blick verriet, was er wirklich dachte. Seit einem Jahr sah sie's kommen – er hatte dieses Leben gründlich satt, und es stand ihm frei, die Tortur zu beenden. Ihr nicht. Selbst wenn sie an diesem Tag beschloss, ihre Karriere aufzugeben, würde man sie noch lange verfolgen. Vielleicht für immer.
»Was willst du mir sagen?« Sie versuchte ihren Sarkasmus zu verbergen, aber es fiel ihr schwer. In solche Situationen war sie schon oft geraten, aus unterschiedlichen Gründen und mit anderen Menschen. Sie redete sich ein, dagegen gewappnet zu sein, doch im Grunde ihres Herzens erkannte sie, dass das nicht stimmte. Immer wieder hoffte sie, diesmal würde es anders laufen, der betreffende Mann wäre stark genug, würde sie wirklich lieben, bei ihr bleiben und ihr helfen. Mehr wünschte sie sich nicht, nur eine unerschütterliche Beziehung, die alle Schwierigkeiten meistern würde. Das hatte sie Tony vor der Hochzeit erklärt, und er war geduldig gewesen – fast drei Jahre lang. Aber neuerdings verlor er immer öfter die Nerven. »Willst du mir sagen, ich sei zu
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