Die Ratte des Warlords (German Edition)
einen Geldschein hin und fragte, wo er die Kapitäne der im Hafen liegenden Schiffe finden würde. Das Geld, sein Benehmen und die Erscheinung des Wagens waren überzeugend, der Mann gab ihm sofort den Tipp und ließ ihn ohne weitere Fragen auf das Hafengelände.
Kepler fuhr zu der Speisehalle zwischen den be iden Öltankermolen. Er parkte den BMW etwas weiter davon entfernt und ging das restliche Stück zu Fuß.
Der Laden war eine Mischung aus Werkskantine und Kneipe mit unsichtbar abgetrennten Bereichen für Matrosen und Offiziere. Kepler ging an die Bar, nahm auf einem Hocker Platz, ließ sich ein Bier bringen und gab dem Barmann einen Fünfdollarschein.
"Geben Sie mir statt des Rückgeldes eine Information", bat er höflich.
"Welcher Art?", erkundigte der Barmann sich.
"Ich suche ein Schiff nach Europa, das einen Passagier mitnimmt." Kepler sah, dass er wohl zu wenig bezahlt hatte und legte einen weiteren Fünfer neben sein Glas. "Geben Sie mir die Information statt des zweiten Bieres."
Das war anscheinend der richtige Tarif, der Barmann ging zu dem Tisch mit den besser angezogenen Männern und sprach eine Weile zu ihnen. Sie drehten dabei ihre Köpfe zur Bar und sahen Kepler an. Er hob grüßend das Glas.
E inige Minuten später stand einer der Männer auf und kam zur Theke. Wortlos warf er einen nichtssagenden Blick auf Kepler und setzte sich neben ihn.
"Durstig?", fragte Kepler auf Englisch.
"Ja", antwortete der Mann vor sich hin. "Bier", sagte er dem Barkeeper.
Als der das Glas hinstellte, schob Kepler ihm den Fünfer hin und legte noch einen dazu. Der Kapitän nahm das Glas und drehte sich zu Kepler. Der Mann sah recht vertrauenswürdig aus. Kepler konnte nicht genau deuten, welcher Nationalität er war, aber er sah asiatisch aus.
" Wo fahren Sie hin?", erkundigte Kepler sich.
"Amsterdam."
"Direkt?"
"Ja."
"Wie lange dauert das?"
" Drei Wochen, Plus-Minus."
"Wann laufen Sie aus?"
"Morgen gegen Mittag."
"Das passt mir ."
"Europäer?"
"Ja."
Der Kapitän sah Kepler schief an. An sich war seine Bitte nicht außergewöhnlich. Seine Vorgehensweise schon. Viele Reedereien verdienten dazu, indem sie Neugierige mit ihren Frachtern über die Weltmeere schipperten. Doch man buchte so etwas über Reisebüros und nach Abschluss einiger Versicherungen.
"Zeigen Sie mir Ihren Pass."
Kepler gab ihm das Dokument. Der Kapitän sah es durch.
"Deutscher. Das letzte Visum ist aus Sudan. Es ist abgelaufen." Er sah Kepler misstrauisch an. "Stecken Sie in irgendwelchen Schwierigkeiten?"
Kepler lächelte so ehrlich er konnte.
" Eher Unannehmlichkeiten. Hat etwas mit einer Frau zu tun."
"Das soll ich glauben", meinte sein Gegenüber.
"Ja", bestätigte Kepler. "Das ist sehr einfach. Weil ich das bezahle, was Sie verlangen", fügte er hinzu. "Wenn es nicht zu unverschämt ist, natürlich."
"Wieso?", fragte der Kapitän mit durchdringendem Blick.
"Weil ich es habe", gab Kepler zurück. " Aber die Zeit, ein Reisebüro aufzusuchen, die habe ich allerdings nicht."
Die nächste Stunde lang unterhielten sie sich wie zwei Hunde, die sich gegenseitig beschnupperten. Der Kapitän wollte von Kepler keine persönlichen Details wissen, er wollte sich nur eine Meinung über ihn bilden. Anscheinend befand er Kepler für gut, denn nach einer Stunde wirkte er entspannter. Er sagte Kepler eine eigene Kajüte zu, erklärte die Schiffsregeln und wies ihn an, vor der Besatzung weiterhin den Lebemann zu spielen, der gerne ungewöhnlich reiste.
"Vier tausend", sagte der Kapitän dann. "Ohne Kost und Versicherungen."
Kepler sah ihn ruhig an. Sie maßen sich gegenseitig mit den Blicken ab.
"Vier", bestätigte Kepler, "und ein BMW 750 für die Kost . Versicherungen sind nicht nötig, bin kerngesund."
Der Kapitän nickte. Kepler holte den Autoschlüssel heraus und gab ihn ihm.
"Anzahlung. Der Wagen steht neben der Mole. Wie heißt Ihr Schiff?"
" Estreil ", antwortete der Kapitän. "Wann wollen Sie an Bord?"
"Nachdem wir ausgetrunken haben", erwiderte Kepler. "Ich nehme an, auf hoher See ist der Alkohol verboten."
"Richtig ."
Zwei Stunden s päter geleitete der Kapitän Kepler auf das Schiff und zeigte ihm seine Kajüte, die sich als eine noble Abstellkammer erwies. Dann verließ der Kapitän ihn und ging wieder an Land, um sich um den BMW zu kümmern.
Kepler setzte sich mit der Glock in der Hand aufs Bett und starrte den Rest der Nacht auf die Tür, während das Schiff leicht zu dem Getöse der Portalkräne schaukelte,
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