Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ratte des Warlords (German Edition)

Die Ratte des Warlords (German Edition)

Titel: Die Ratte des Warlords (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Löwen
Vom Netzwerk:
hilfloser Wut aus, als er mit seinem vollbeladenen LKW nicht losfahren konnte, weil das Rückschlagventil kaputt war und er die Handbremse nicht lösen konnte. In Deutschland kostete das Ding eine Kleinigkeit, im Sudan war es nicht zu bekommen. Kepler löste die Bremse mechanisch und fuhr weiter, auf die Gefahr hin, nicht mehr anhalten zu können, sollte die Betriebsbremse versagen. Wenn er dann an einem Hang anhielt, musste Momo die Bremse getreten halten, bis er aus dem Wagen gesprungen war und einen großen Stein unter die Räder gewuchtet hatte, damit der Wagen nicht wegrollte. Den Scania mit eingelegtem Gang abzustellen war zu gefährlich. Die Bremsanlage verlor an zig unmöglichen Stellen Luft und würde sie leer werden, konnte der LKW nicht mehr losfahren. Kepler flickte die Bremse unentwegt, aber das war nie von Dauer, das wenige Panzerband verschliss sehr schnell. Er verzichtete auf Anrufe zu Hause, auf eine Tafel Schokolade für Rosa, auf alles, außer hin und wieder einer Schachtel stinkiger Zigaretten, bis er genug Taschengeld gespart hatte, um auf einem Schwarzmarkt ein gebrauchtes Rückschlagventil und fünf Meter Bremsschlauch zu kaufen. Dieser Tag war für ihn wie Weihnachten.
    E r kam sich wie ein irrer Hamster vor, der immer schneller in einem ausgeleierten Rad lief. Er, World Vision, die UNO, sie alle. Genauso wie im ehemaligen Jugoslawien wünschte Kepler sich eine riesige Knarre, um die Warlords, die nicht miteinander einig werden wollten, damit zur Einsicht zu bringen.

15. Drei Monate nachdem Kepler in Dschanub Kurdufan angekommen war, machte in der Gegend um Qurdud, einer Stadt südlich von Kaduqli, eine neue Miliz von sich reden. Ein Typ namens Abudi hatte sich als General der nächsten Befreiungsarmee ausgerufen und bastelte nun an einem eigenen Königreich herum. Der Mann musste wissen, was er tat, zwei Monate später hatte er ein doppelt so großes Gebiet unter seiner Kontrolle als zu Beginn, und machte weiter.
    Allerdings war Abudi ein Warlord der noch nie dagewesenen Sorte. Er vertrieb die Bauern nicht, sondern beschützte sie. Freilich kassie rte er dafür von ihnen, aber nicht zu übermäßig. Er ließ die humanitäre Hilfe in seinem Gebiet ohne jegliche Schikanen und die üblichen Bestechungen stattfinden und bot sogar Geleitschutz in besonders gefährlichen Gegenden an. Er erweiterte sein Gebiet stetig, sogar einige Industrieanlagen, die langsam vor sich hin zerfielen, brachte er mit Hilfe ausländischer Firmen wieder in Gang. Dafür zwang und nötigte er die Menschen auf seinem Gebiet dort zur Arbeit, was ihm selbst ein rundes Sümmchen einbrachte. Aber er ließ den Menschen auch ein bisschen übrig, sodass die Leute gern für ihn arbeiteten. Abudi war bei weitem nicht zimperlich, aber von Erschießungen oder Ähnlichem hörte man aus seinem Gebiet viel seltener, als aus den Machtbereichen anderer Warlords.
    Kepler hegte stille Anerkennung für den General, weil auf dessen Gebiet ein halbwegs beständiger Frieden und so etwas wie eine Staatsordnung herrschten.
    Nach sechs Monaten Einsatz flog Rosa nach Hause. Ihre Antwort auf Keplers Frage, ob sie wiederkommen würde, war ein vages, ausweichendes vielleicht .
    Kepler glaubte es nicht. Rosa, die nach den ersten Wochen im Sudan ihren Schock schließlich überwunden hatte, war zuerst lebensfreudig geworden. Sie hatte mit Hingabe in der Schule gearbeitet und sich am öffentlichen Leben des Dorfes, in dem sie lebte, beteiligt. Anders als Kepler hatte sie den Draht zu den Menschen gefunden, denen sie so sehr hatte helfen wollen. Wahrscheinlich war es das, was sie gebrochen hatte. In den letzten Wochen vor ihrer Abreise schien Rosa von denselben Gedanken wie Kepler gequält zu werden. Die ausweglose Situation der Menschen und das Fehlen einer Perspektive für sie, das alles hatte Rosa immer schwermütiger werden lassen.
    Letztendlich hatte Kepler Recht behalten , sie kam nicht wieder. Vermutlich lag sie irgendwo in Schweden, ein Kissen zwischen den Zähnen, und heulte sich die Augen aus, weil sie die Menschen hier im Stich ließ. Aber sie hatte keine Kraft, nochmal herzukommen und die Sisyphusarbeit wieder aufzunehmen. Kepler verstand es, er hätte wohl genauso gehandelt, wenn er nach Hause gekonnt hätte.
    Oder auch nicht . Aber das würde er nie herausfinden können. Er vermisste Rosa eine Zeitlang, dann wurde sie langsam nur noch eine Erinnerung.
    In der ganzen Zeit hatte Kepler nur zweimal zu Hause angerufen. Beim ersten Mal hatte

Weitere Kostenlose Bücher