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Die Ratte des Warlords (German Edition)

Die Ratte des Warlords (German Edition)

Titel: Die Ratte des Warlords (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Löwen
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der von Bäumen umgebenen großen Wiese stand ein großes, früher mal richtig schönes Holzhaus. Derjenige Reiche , dem es gehört hatte, war irgendwann mal vertrieben worden. Sowohl das Haus als auch die dazugehörenden Schuppen waren seitdem fast verfallen. Einige elternlose Kinder hausten hier, ansonsten interessierte sich niemand für die ehemalige Residenz eines reichen Mannes. Dass hier irgendwelche Nonnen am Werk waren, wusste Kepler seit einem Monat, aber es hatte ihn nicht weiter interessiert.
    Nun sah er, dass d er Hof spärlich instandgesetzt war. Am Haus trotzten Fenster mit Tüchern statt Glas provisorisch der Außenwelt und ein paar neue Bretter hoben sich farblich von den alten ab. Die Schuppen standen immer noch so schief, dass sie jeden Moment einkrachen konnten, waren aber mit Balken abgestützt.
    Vier Nonnen, die am Haus werkelten, unterbrachen ihre Arbeit, als Kepler auf die Lichtung fuhr. Die Frauen stellten sich zusammen und sahen ihm beim Näherheranfahren zu. Die fünfte kam gerade aus dem Haus, begleitet von einigen Kindern, und blieb davor stehen. Als Kepler anhielt, kam noch ein alter Afrikaner hinzu. Kepler kannte ihn flüchtig. Der humpelnde hagere Mann mit weißem Ziegenbärtchen hatte eine Weile in Weriang gelebt. Er hatte keine Familie, wo er herkam und wo er hinwollte, wusste Kepler nicht. Eine gestrandete Existenz, millionenfach überall auf der Welt anzutreffen, in Afrika besonders oft.
    Kepler machte den Motor aus , wartete, bis das Nachlaufen aufgehört hatte, dann stieg er aus. Er nahm die Sonnenbrille ab, während er zu den Nonnen ging.
    " Salām", grüßte er auf Arabisch.
    Die fünf Frauen waren mit langen, vormals weißen nunmehr grauen Gewä ndern und Kopfhauben bekleidet. Ihre Aufmachung war streng, genauso wie ihre Gesichter. Sie hatten in ihrem Leben einiges gesehen und erlebt. Vier Nonnen waren älter, an die fünfzig, die fünfte, hinter deren Rücken sich die Kinder gruppiert hatten und Kepler nun ängstlich ansahen, war jünger. Sie musste knapp über zwanzig sein, aber auch sie hatte schon einiges hinter sich. Kepler sah, wie sie unbewusst ihre Arme nach hinten ausstreckte, um die Kinder zu beschützen. Alle fünf Nonnen und der Greis sahen Kepler reserviert an.
    "Hallo", erwiderte schließlich eine ältere mit deutlichem Akzent.
    "Ich komme von General Abudi", sagte Kepler auf Französisch. "Er möchte über Sie bescheid wissen."
    "Und was?", fragte die Nonne.
    "Wer Sie sind, wieso Sie hier sind, was Sie vorhaben", erläuterte Kepler. "Sie brauchen keine Angst zu haben, er tut Ihnen nichts. Er will nur wissen, was sich auf seinem Gebiet tut", fügte er hinzu.
    "Es ist das Gebiet des Staates Sudan", sagte eine andere Nonne abwe isend.
    "Das war ein bemerkenswert dummer Spruch, meine D ame." Kepler schüttelte amüsiert den Kopf. "Für eine Missionarin hätte ich Sie für klüger gehalten." Er machte eine Pause und sah die Nonne an. "Für die Welt mag es Sudans Staatsgebiet sein. Für Sie ist es das Land von General Abudi", stellte er klar.
    Die erste Nonne machte der anderen ein Zeichen sich zurückzuha lten.
    "Was wollen Sie wissen?", fragte sie.
    "Habe ich eben gesagt."
    "Gut, Monsieur", nickte die Nonne. Sie drehte sich um und sah ihre Schwestern an. "Geht wieder an die Arbeit."
    Die Frauen gehorchten und gingen auseinander. Die junge mit den Kindern drehte sich einmal um und sah Kepler an, dann ging sie weiter. Der Alte hu mpelte als letzter weg und blickte dabei immer wieder über die Schulter.
    Kepler und die ältere Nonne unterhielten sich eine Stunde lang. Die Frau b erichtete, wer sie waren und was sie vorhatten. Sie zeigte Kepler, was sie bis jetzt gemacht hatten und erzählte, was sie noch weiter zu tun beabsichtigten. Ihr Ton wurde im Laufe des Gesprächs weicher, zum Schluss lachte sie sogar. Sie hatte ein warmes kehliges Lachen, das Kepler an seine Oma erinnerte. Er nahm sich vor, sie möglichst bald anzurufen. Seit dem letzten Telefonat waren sechs oder sieben Monate vergangen.
    "So, Monsieur Kepler, jetzt wissen Sie alles über uns", sagte die Nonne, als er in den Jeep einsteigen wollte. "Und wie hat es Sie hierhin verschl agen?"
    Kepler hatte ihr seinen Namen gesagt, als die Nonne danach g efragt hatte.
    "Ich bin mit World Vision hergekommen", antwortete er.
    " Und warum sind Sie jetzt Söldner bei Abudi?", wollte die Nonne wissen.
    "Die Menschen haben bei Abudi mittlerweile zu essen , sogar genug", antwortete Kepler. "Die UNO hat das nie geschafft.

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