Die Raumfalle (Orion 06)
Omikron-Strahlen die Nervenenden zu quälen. Man konnte dem Hirn als Träger des Schmerzes alles suggerieren: Kälte, Hitze, Verwundungen, Schnitte und Stiche, ohne daß die Haut auch nur berührt wurde.
Ibsen warf McLane einen Blick zu, der den Commander erschauern ließ. Der Blick drückte alles aus – abgrundtiefe Verzweiflung, Schuldbewußtsein und die Erkenntnis, versagt zu haben.
Dann stolperte Ibsen weiter.
»Was habt ihr verdammten Kerle mit ihm gemacht?« fragte McLane rauh. Seine Kehle brannte, und nur ein verzweifelter Rest von Selbstbeherrschung hinderte ihn daran, wild um sich zu schlagen. Er wußte, daß dies die Situation nicht verbessert hätte.
»Ruhe! Vorwärts!«
Der Wortschatz seiner Bewacher schien recht unerheblich zu sein, dachte er in einem Anflug von Galgenhumor. Er ahnte, daß er in wenigen Minuten mehr über diese rätselhafte Erpressung erfahren würde.
Er irrte sich nicht ...
Jetzt hielten er und seine Bewacher vor einem Schreibtisch an.
McLane hatte beim Betreten des achteckigen Raumes feststellen können, daß er irgendwie merkwürdig eingerichtet war; eine Rampe umrundete einen schweren Sessel in der Mitte einer eckigen Aussparung.
Er blieb stehen und musterte sein Gegenüber.
Der Mann lehnte entspannt in seinem Sessel und hatte die Beine unter dem Tisch locker ausgestreckt. Die Schreibtischplatte war bis auf die Scheibe und die Lautsprechereinrichtung eines Videophons leer, abgesehen von einigen Schalttasten.
Die zwei Männer musterten sich wie Tiere vor dem Angriff. Schweigend, kalt und gelassen. Aber unter der Oberfläche dieses schweigenden Dialogs mit den Augen schwelte automatisch Haß. Kalte Vernunft erfüllte jetzt McLane. Jetzt kannte er seinen Feind; er war aus der Anonymität herausgetreten und hatte sich dadurch einiges von seiner Macht vergeben.
Der andere war ein Mann von fünfzig Jahren. Ecken seines gelichteten Haares zogen sich bis weit hinter die Ohren. Er besaß ein Gesicht, das trotz des Ausdrucks von reger Intelligenz eine Disharmonie enthielt, die ihren Sitz in den kalten, unheimlichen Augen hatte. Sie besaßen die Farbe von hellem Bernstein.
Er trug eine dunkle, unauffällig geschnittene Jacke zu Hosen der gleichen Farbe; ein hoher Kragen bedeckte den Hals.
»Willkommen auf Mura, Commander McLane!« sagte der Mann.
»Danke«, sagte Cliff knapp.
Wieder schwiegen beide und bohrten die Augen ineinander.
»Wer sind Sie?« fragte Cliff schließlich mit halblauter Stimme.
Sein Gegenüber zog amüsiert die Brauen nach oben; es erinnerte etwas an die billige Affektiertheit von Michael Spring-Brauner.
»Mein Name ist Tourenne.«
Cliffs Gedächtnis enthielt eine verschwommene Notiz über einen Vorgang vor vielen Jahren, der mit der Deportation dieses Mannes geendet hatte. Worum es gegangen war, wußte er nicht mehr.
»Ihr Name sagt mir wenig«, bemerkte Cliff.
»Das wird sich ändern!« versprach der andere mit einem wölfischen Lächeln.
»Was hat das alles zu bedeuten?«
Cliff machte eine knappe Bewegung, die den Raum umriß und die seltsame Inneneinrichtung.
Tourenne studierte die Identifikationsplakette auf der rechten Brustseite des Bordoveralls, während die beiden Bewaffneten Cliff den Raumanzug abnahmen.
»Bitte!« sagte Tourenne dann leichthin.
Sein angenehmer Plauderton täuschte Cliff nicht über die Gefährlichkeit dieses Menschen hinweg.
»Wie?« fragte er zurück.
Tourenne machte eine kurze Handbewegung.
»Bitte – setzen Sie sich doch!«
Cliff drehte sich kurz um und bemerkte jenseits einer Unterbrechung der Rampe den zweiten Sessel dieses Raumes. Er setzte sich vorsichtig hinein, bemerkte die breiten Stahlbänder und lehnte sich an.
Die Stimme fuhr fort:
»Ihr Freund Pieter-Paul Ibsen hat auf diesem Sessel einige unangenehme Stunden verbracht; sicherlich unangenehmere als jemals in seiner schriftstellerischen Laufbahn. Wir haben ihm gezeigt, was er seine Helden stets erleben läßt. Der Unterschied von Theorie zur Praxis dürfte somit teilweise hergestellt worden sein.«
Cliff lächelte kurz und sarkastisch.
»Sie haben eine vorzügliche Stimme, Mister Tourenne«, sagte er.
Tourenne verbeugte sich spöttisch.
»Die Sie anscheinend sehr gern hören, sonst würden Sie weniger reden und mehr sagen.«
Tourenne schluckte diese Beleidigung, aber seine kalten Augen zogen sich für Sekundenbruchteile zusammen.
»Ich hoffe zuversichtlich«, redete Tourenne weiter, »daß diese Behandlung bei Ihnen nicht nötig sein wird. Sie
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