Die Rebellen von Irland
Durchkommen. Sekunden später schwenkte er nach links und preschte an der Kampflinie entlang durch beißenden Pulverrauch. Der Wald der Piken funkelte bedrohlich zu seiner Rechten. Eine Musketenkugel pfiff an seinem Kopf vorbei. Er sah einen seiner Männer stürzen. »Zurück!«, rief er. Zeit, sich neu zu formieren.
Die Schlacht dauerte den ganzen Morgen. Die fünfzehnhundert Mann, die sich in der Nacht verlaufen hatten, fielen zum größten Teil. Immer wieder versuchten Ormonds Leute, die feindlichen Stellungen zu nehmen. Schließlich, gegen Mittag, ging der Feind blitzschnell zum Gegenangriff über. Ormonds Leute setzten sich zu Wehr, aber O’Byrne sah, dass sie links und rechts an Boden verloren. Dann, ganz plötzlich, wurden ihre Linien durchbrochen. Ganze Kompanien wandten sich zur Flucht. Der Feind setzte ihnen nach. Ein Kavallerieregiment jagte um die rechte Flanke herum und schnitt den Flüchtenden den Weg ab. Ein Blutbad zeichnete sich ab. Ormonds Armee drohte die Vernichtung, und man konnte nichts dagegen tun.
»Rettet euch«, rief er seinen Männern zu und riss sein Pferd herum.
In einiger Entfernung sah er offenes Gelände. Von dort führten Wege nach Westen. Wenn es ihm gelang, das offene Gelände zu erreichen, konnte er vielleicht entkommen. Zunächst nach Süden, dann hinauf nach Rathconan. Einen Versuch war es wert. Er preschte los.
Flüchtende kreuzten seinen Weg. Zweimal stieß er auf Scharmützel, galoppierte aber im Bogen um sie herum. Es sah ganz so aus, als käme er tatsächlich noch einmal davon. Er war etwa eine halbe Meile geritten, da sah er Walter Smith. Drei feindliche Reiter hatten ihn vor einer Baumgruppe gestellt. Der Erste attackierte ihn, hieb nach seinem Bein und schlug eine klaffende Wunde in seinen Oberschenkel. Der Kaufmann hatte sein Schwert gezückt und fuchtelte wild damit herum, aber es schien nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn am Boden hatten.
Just in diesem Augenblick traf er seinen Gegner wie durch ein Wunder im Gesicht, und der Mann stürzte, vor Schmerzen brüllend, vom Pferd. Doch die beiden anderen drangen auf ihn ein. Gleich würde es um Walter Smith geschehen sein.
O’Byrne stieß einen Schrei aus und gab dem Pferd die Sporen. Die Männer sahen ihn kommen, und einer schwenkte herum, um ihn in Empfang zu nehmen. O’Byrne zog sein Schwert, und es entbrannte ein Kampf. Während er Hiebe austeilte und parierte, konnte er nicht nach Smith sehen. Der Engländer war ein geübter Fechter. Einen Augenblick lang dachte O’Byrne, er könnte unterliegen. Aber Gott sei Dank geriet das Pferd des anderen ins Straucheln. Der Kopf des Mannes flog ruckartig nach hinten und entblößte den Hals. O’Byrne traf ihn mit einem Hieb, der ihm die Luftröhre aufschlitzte.
Während der Engländer zu Boden stürzte, blickte O’Byrne zu Walter. Erstaunlicherweise saß der Kaufmann noch im Sattel. Der Widersacher hatte ihn, abgelenkt durch den Kampf seines Kameraden mit O’Byrne, noch nicht niedergestreckt. Jetzt zögerte er. Walter schwang das Schwert und griff ihn an. O’Byrne preschte vor in der Hoffnung, ihn als Erster zu erreichen. Der Engländer besann sich eines Besseren und ergriff die Flucht.
»Kommen Sie.« O’Byrne war jetzt neben Walter und fasste ihn am Arm. »Wir müssen fort.« Er deutete mit dem Kopf auf Walters Bein. »Sie sind verwundet.«
Walter Smith starrte auf die stark blutende Wunde an seinem Bein. In der Hitze des Gefechts hatte er sie gar nicht bemerkt. Er war rot im Gesicht.
»Wir haben sie besiegt.«
»Ja.« O’Byrne schmunzelte und fragte sich, ob dem Mann überhaupt klar war, dass er ihm soeben das Leben gerettet hatte. Offenbar nicht. »Trotzdem müssen wir jetzt fort«, sagte er freundlich. Doch zu seiner Verwunderung schüttelte Smith den Kopf.
»Wir dürfen das Schlachtfeld nicht verlassen«, sagte er mit aller Entschiedenheit.
O’Byrne starrte ihn an, dann grinste er.
»Sie sind mir zu tapfer.« Er kicherte. »Trotzdem müssen wir fort, hören Sie? So lautet der Befehl. Man hat zum Rückzug geblasen.«
»Ach.« Smith blickte verwirrt, ließ sich aber führen.
Es dauerte eine Stunde, bis die immer noch tobenden Kämpfe endgültig hinter ihnen lagen. O’Byrne sagte zu Walter nichts, aber es war offensichtlich, dass Ormonds versprengte Soldaten nach und nach gestellt und abgeschlachtet wurden. Er fragte sich, wie viele von ihnen diesen Abend erleben würden. Nach ein paar Meilen, in sicherer Entfernung vom Schlachtfeld, hielt er kurz
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