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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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und hatte sich Ormonds Armee angeschlossen, um zum ersten Mal in seinem Leben als Soldat zu den Waffen zu greifen. So hatte sich dieser solide und friedfertige Familienvater jenseits der sechzig aus dem Leben seiner Familie geschlichen, und auf eine seltsame Weise wirkte er wie befreit. Ob er die Absicht hatte, jemals zu den Seinen zurückzukehren?, fragte sich O’Byrne.
    Und während er dem Kaufmann lauschte und über dessen angeborene Anständigkeit nachdachte und darüber, dass er selbst es war, der all das Leid über den Mann gebracht hatte, kam ihm plötzlich die Erkenntnis, die sich bei Ehebrechern recht häufig einstellt, nämlich dass er dem betrogenen Mann mehr Zuneigung und Achtung entgegenbrachte als der Frau, die er ihm weggenommen hatte.
    Ist es nicht seltsam, dachte O’Byrne, während er noch etwas Wein nachschenkte, dass dieser Mann überhaupt nicht so aussieht wie wir – im Gegensatz zu Maurice – und gleichwohl mein Landsmann ist, mehr Ire als Engländer. Und er ist gekommen, um an meiner Seite zu kämpfen, obwohl nur der Himmel weiß, ob er ein Schwert zu führen versteht. Er wird natürlich abgeschlachtet, wenn die Kämpfe beginnen. Aber das ist seine Entscheidung. O’Byrne trank seinen Wein und verfiel vorübergehend in Schweigen.
    Und vielleicht trank er zu viel, denn später am Abend, als das Feuer bis auf die Glut heruntergebrannt war und Smith sich erhob, um in sein eigenes Zelt zu gehen, fasste er ihn am Arm und flehte ihn leise an: »Suchen Sie hier nicht den Tod. Das ist nicht nötig.« Und als der Kaufmann langsam den Kopf schüttelte, setzte er hinzu: »Sie sind ein viel besserer Mensch als ich, Walter Smith. Sie wiegen zehn von meiner Sorte auf.«
    Aber der Kaufmann antwortete nicht und verschwand in der Dunkelheit.
    ***
    O’Byrne erwachte im Morgengrauen, und da sein Zelt weit oben am Hang stand, gehörte er zu den Ersten, die es bemerkten. Eine kurze Weile dachte er, sie hätten sich versteckt, doch als die Sonne aufging und er mit seinen scharfen Augen die Artilleriestellungen an der Küste absuchte, wuchs seine Besorgnis. Die Soldaten, die in der Nacht in Marsch gesetzt worden waren, befanden sich nicht dort, und soweit er erkennen konnte, auch nirgendwo anders. Fünfzehnhundert Mann, einfach verschwunden.
    Die Neuigkeit verbreitete sich im Lager. Bald spähten viele, in die Sonne blinzelnd, hinüber. Wo waren die Soldaten? Waren sie in die geheimen Hallen unter den Hügeln marschiert, wie die strahlenden Helden der irischen Sagen? Gegen acht Uhr löste sich das Rätsel, als in der Ferne eine lange Marschkolonne auftauchte und eilends der Küste zustrebte.
    »Du lieber Himmel«, murmelte O’Byrne, »die Narren haben sich im Dunkeln verlaufen.«
    Aber wenn O’Byrne die royalistischen Soldaten sehen konnte, dann konnte das auch die Garnison in Dublin. Die Kolonne erreichte ihr Ziel. Die Sonne stand über dem Horizont. Dann geschah das, was er befürchtet hatte.
    Eine große Kolonne rückte aus Dublin aus. Er konnte ihre Stärke an der Staubwolke in der Ferne abschätzen. Sie war eine Meile lang. Etwa fünftausend Mann. Gegen fünfzehnhundert Mann, die in der Nacht herumgeirrt waren und keine Zeit gehabt hatten, sich zu verschanzen. Sie würden abgeschlachtet werden.
    Augenblicke später ließ Ormond zum Generalangriff blasen.
    * **
    Sie rückten zu schnell vor. Sie hatten keine Zeit zu verlieren, doch als sie über offenes Gelände auf die kleine Anhöhe zusteuerten, sah O’Byrne, dass die vorderen Kompanien fast in Laufschritt fielen. Seine eigene Kavallerieschwadron war gut ausgebildet. Sie behielt die geschlossene Formation bei. Doch er sah eine andere, die in Galopp fiel. Die Männer wollten unbedingt ihre Kameraden retten. Doch was dachten sich ihre Kommandeure dabei?
    Er fragte sich, wo Walter Smith wohl war. Er hatte ihn nicht gesehen.
    Ein junger Offizier brachte neue Befehle.
    »Schwenkung ausführen.« Sie sollten sich an einem massierten Angriff auf die rechte Flanke des Feindes beteiligen. Eine vernünftige Maßnahme, Gott sei Dank.
    In den darauf folgenden Minuten kam O’Byrne kaum zum Nachdenken. Er konnte den Feind nicht mehr sehen. Vor ihm donnerte Kavallerie in zwei Wellen vorwärts. Die erste Welle prallte gegen die feindliche Linie. Aber die Soldaten aus Dublin hatten eine uneinnehmbare Wand aus Piken errichtet. Als die zweite Welle anbrandete, sah er eine brodelnde Masse stürzender Pferde und Männer, in die der Feind mit Musketen feuerte. Hier war kein

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