Die Rebellen von Irland
an und untersuchte Walters Wunde. Zum Glück war sie nicht tief, aber Walter hatte viel Blut verloren. O’Byrne riss einen langen Streifen von seinem Hemd ab und band ihn fest um das Bein.
Es war später Nachmittag, als sie auf den Weg einbogen, der nach Rathconan führte. Walter war mittlerweile ganz blass und still, aber O’Byrne machte sich keine allzu großen Sorgen um ihn. Der Kaufmann mochte wenig von einem Soldaten haben, doch er war erstaunlich kräftig.
Im Haus trafen sie den alten Priester und ein paar Mägde an. Walters Wunde wurde sorgfältig ausgewaschen und verbunden. Er schien dankbar und hatte immerhin noch genug Kraft, um mit ihnen zu Abend zu essen.
»Wir können nur hoffen, dass Cromwell in den nächsten Tagen nicht hier vorbeikommt«, sagte O’Byrne.
»Was werden Sie jetzt tun?«, fragte ihn der Priester.
»Schwer zu sagen«, antwortete er. »Das wird von der militärischen Lage abhängen.« Er war davon überzeugt, dass der Weg nach Dublin für Cromwell nun frei war, aber diese Befürchtung behielt er für sich.
Nach dem Essen brachten sie Walter hinauf in die Kammer und steckten ihn in das Bett, in dem O’Byrne und Anne sich einst so leidenschaftlich geliebt hatten. Er lag da und schaute um sich.
»Ein schönes Haus, Rathconan«, sagte er schläfrig.
»Das ist es. Und auch Ihr Zuhause«, rief ihm O’Byrne in Erinnerung. »Denn Sie sind immer noch ein O’Byrne.«
»Ich weiß.« Smith nickte und schloss die Augen.
O’Byrne wartete eine Weile, und als er dachte, der Kaufmann sei eingeschlafen, wandte er sich zum Gehen.
»Wir haben heute tapfer gekämpft, nicht wahr?«, murmelte Walter, die Augen noch zu.
»Ja«, erwiderte Brian O’Byrne. »Sie haben gekämpft wie ein Löwe.« Und als er den Kaufmann lächeln sah, beugte er sich zu ihm hinab und küsste ihn.
O’Byrne schlief tief und fest in dieser Nacht und erwachte erst lange nach Sonnenaufgang.
Er ging in die Kammer, in der er Walter Smith am Abend zuvor zurückgelassen hatte, fand ihn dort aber zu seinem Erstaunen nicht vor. Noch größer war sein Erstaunen, als er im ganzen Haus und im Stall nach ihm suchte und feststellte, dass Walter mitsamt seinem Pferd verschwunden war.
***
Simeon Pincher war nun siebenundsiebzig Jahre alt, doch seit seiner Kindheit hatte er nicht mehr eine solche Aufgeregtheit verspürt wie an diesem Tag. Denn Barnaby Budge war eingetroffen, und sie sollten sich heute sehen. Diese Neuigkeit hatte ihm sein Neffe durch einen Soldaten zukommen lassen. Pincher hatte sich bereits viele Gedanken über diese Begegnung gemacht. Er wollte, dass sie in den heiligen Hallen des Trinity College stattfand, damit sein Neffe ihn zuerst in dieser eindrucksvollen Umgebung und nicht in seiner eher bescheidenen Unterkunft sah. Nur leider war ihm bislang kein Vorwand eingefallen, unter dem er ihn dort hinbestellen konnte. Aus dieser Verlegenheit half ihm nun der Soldat, als er ihn davon unterrichtete, dass General Cromwell persönlich in einer Kutsche zum College Green fahren und dort zur Dubliner Einwohnerschaft sprechen sollte.
»Ich werde dort sein, um General Cromwell zu empfangen«, erwiderte der Doktor. »Und bestellen Sie Captain Budge«, denn so wurde Barnaby angeredet, wie er soeben erfahren hatte, »er möchte anschließend ins College hinübergehen, dann wird er mich schon finden.«
Es hätte sich nicht besser treffen können. Zunächst eine Ansprache Cromwells, dem das Parlament nicht nur den militärischen Oberbefehl übertragen, sondern auch den Titel Lord Lieutenant von Irland verliehen hatte. Und danach ein öffentliches Familientreffen zwischen einem seiner tapferen Offiziere und dem berühmten Trinity-Professor. Das würde der Familie Ehre machen. Innerhalb einer Stunde hatte er dafür gesorgt, dass mehrere Dozenten, eine Auswahl der besten jungen Gelehrten und sogar die Familie Tidy zugegen sein würden, um dem Ereignis beizuwohnen.
Die Ankunft Oliver Cromwells und seiner »Rundköpfe« in Irland war ein eindrucksvolles Ereignis. Einhundertunddreißig Schiffe fuhren in die Mündung des Liffey ein und setzten ihre menschliche Fracht an Land: achttausend Fußsoldaten, dreitausend gewöhnliche Reiter, zwölfhundert Dragoner. Dazu kamen mehrere tausend englische Soldaten, die sich bereits in der Dubliner Garnison befanden. Zudem brachten die Schiffe zahlreiche Geschütze und nicht zuletzt auch eine mit siebzigtausend Pfund gefüllte Kriegskasse, mit der die Versorgung der Truppe bestritten werden
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