Die Rebellen von Irland
langen Lauf der Pistole auf seinen freien Arm, um ihn zu stützen. Beim Üben mit seinen Kameraden hatte er festgestellt, dass er so besser schoss. Er sah einen Angreifer, der soeben die Piken erreicht hatte, zielte sorgfältig und betätigte den Abzug. Er hatte auf die Brust gezielt, doch er traf den Kopf. Mit einem aufwallenden Triumphgefühl sah er den Mann zu Boden gehen. Wenn mich jetzt meine Familie sehen könnte, dachte er stolz. Augenblicke später brandete abermals Jubel auf. Auch der zweite Angriff war zurückgeschlagen worden.
»Laden«, rief Aston. Aber diesmal folgte eine längere Stille. Vielleicht hatten die »Rundköpfe« für heute aufgegeben, nachdem sie zweimal Prügel bezogen hatten.
Direkt gegenüber der Bresche befanden sich zwei Batterien. Die eine lag auf gleicher Höhe und richtete ihr Feuer auf die Mauern, die andere auf dem Hang dahinter und blickte auf die Bresche herab. Von dieser Batterie sah Walter nun eine Rauchwolke aufsteigen.
Ein bedrohliches Pfeifen. Ein Ruck, als sein Pferd getroffen wurde. Platzende Geräusche, entsetzliche Schreie. Dann stürzte er. Als er auf dem Boden aufschlug, hörte er erneut ein Pfeifen. Wieder Schreie. Pferde bäumten sich.
Cromwells Geschütze am Hang waren mit Kugeln, die nur ein halbes Pfund wogen, geladen worden und feuerten jetzt durch die Bresche mitten in die Reiterei. Walter war kaum wieder auf den Beinen, als er Massen von Feinden durch die Bresche stürmen sah. Offensichtlich hofften sie, die Gräben durch ihre schiere Zahl zu überrennen. Die Musketen krachten, aber in der jetzigen Verwirrung klang die Salve nicht mehr so geschlossen. Er schaute nach unten. Sein Pferd war bereits tot. Rings um ihn wanden sich Leiber von Pferden und Menschen. Überall war Blut. Er fühlte sich benommen, aber er war sicher, dass er nicht verwundet war. Eine Hand zog ihn am Arm.
»Komm, Opa. Wir ziehen uns zurück.«
Er hatte verstanden, verharrte aber noch einen Augenblick, als könnte er nicht begreifen. Und dabei sah er oben in der Bresche einen Offizier in einem Ledermantel stehen. Er hielt ein Schwert in der Hand, und seine langen grauen Haare wehten im Wind. Er wusste sofort, wer dieser Mann war.
Oliver Cromwell war vom Pferd gestiegen und hatte seine Männer persönlich durch die tödliche Bresche von Drogheda geführt.
Meine Pistole, dachte Walter. Sie steckte noch am Sattel. Er beugte sich zu seinem Pferd hinab und zog sie aus der Tasche. Dann richtete er sich, die Pistole in der Hand, wieder auf. Cromwell war noch da, schwenkte das Schwert und trieb seine Männer vorwärts. Walter legte auf ihn an.
Und dann stand er wie gelähmt, wie in einem Traum. Sein Finger betätigte den Abzug, aber nichts geschah. Wie war das möglich? Er versuchte es noch einmal. Der Mechanismus klemmte.
»Opa. Komm schnell.« Der Kamerad zog ihn so fest, dass er fast das Gleichgewicht verlor, und in diesem Moment ging die Pistole los und feuerte die Kugel in die Luft. Er fluchte und taumelte in die Richtung, in die er gezerrt wurde. Ein Teil der Schwadron hatte sich zu Fuß gesammelt. Sowie Walter bei ihnen war, nahmen sie ihn in die Mitte und liefen los.
Die erste Schanze wurde überrannt. Die Musketiere feuerten ihre Waffen ab und zogen sich dann zurück. Im Wegrennen sah Walter, dass Aston auf seinem Holzbein mit einer Kompanie den Hügel hinauf humpelte, zu dem kleinen Fort. Er fragte sich, ob er sich ihm anschließen sollte, aber zwei Kameraden zogen ihn weiter. Sie hasteten durch die Gasse in Richtung Fluss. Die Zugbrücke tauchte vor ihnen auf.
»Wir müssen über die Zugbrücke, bevor sie hochgezogen wird, Opa«, rief einer seiner Begleiter. Wenn sie erst oben war, würden die Zurückgebliebenen kämpfen müssen, aber den anderen würden Cromwells Leute nicht folgen können. Der Fluss war tief, und die Mauer der Nordstadt dick. Sie würde eine sichere Zuflucht bieten, zumindest für eine Weile. Doch als sie die Zugbrücke erreichten, wurden sie von einer großen Schar Musketiere und Pikeniere fast schon eingeholt, und als Walter sich umblickte, sah er die Lederwämser und Metallhelme der Feinde, die ihnen dicht auf den Fersen waren. Sie flüchteten Hals über Kopf über die Brücke.
Erst als Walter in die Hauptstraße der Nordstadt einbog, kam es ihm zu Bewusstsein. Niemand hatte die Zugbrücke hochgezogen. Zusammen mit den in die Nordstadt fliehenden Verteidigern überquerten auch Cromwells Soldaten den Fluss. Er drehte sich um und rief: »Zieht die
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