Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
konnte, nahm Georgiana an, dass er wahrscheinlich viele Stunden mit Jane Kelly verbrachte. Hatten seine Begegnungen mit Louisa ihn dazu gebracht, sich seine Gefühle für das katholische Mädchen aus Wexford einzugestehen? Versuchte er, sich für eine der beiden zu entscheiden? Sie hörte, er sei wieder in Dublin, aber er besuchte sie eine Zeit lang nicht. Und sie wäre vor Neugier fast aus der Haut gefahren, wenn nicht ein Ereignis eingetreten wäre, neben dem alles andere verblasste.
    »Wir haben Amerika verloren. Cornwallis hat sich ergeben.« Doyle überbrachte ihr die Nachricht. George kam mit Hercules eine Stunde später aus dem Parlament nach Hause.
    Welche Auswirkungen würde diese Niederlage haben? Den ganzen Winter über gab es in ganz Dublin kein anderes Gesprächsthema. Bedeutete Cornwallis’ Kapitulation bei Yorktown, dass der Krieg vorbei war? Würde die Regierung neue Truppen ausheben oder war die Kolonie endgültig verloren? Sobald George die Nachricht erfahren hatte, stand seine Meinung fest: »Sie haben nicht mehr den Willen, weiterzumachen. Amerika ist verloren.« Besonders Hercules war sehr niedergeschlagen. »Wenn die amerikanischen Rebellen gewonnen haben, dann werden die irischen Rebellen ihrem Vorbild folgen«, prophezeite er düster. Und tatsächlich erreichte sie aus Ulster die Nachricht, dass die Volunteers Triumphmärsche veranstalteten und die Unabhängigkeit forderten.
    Patrick kam erst im Januar wieder ins Haus am Merrion Square und kündigte an, dass er geschäftlich nach London reisen musste. »Ich will für Sie dort auch einige Buchhändler aufsuchen«, sagte er zu George. Georgiana fragte ihn, ob er Jane Kelly oder Louisa getroffen habe. Er bejahte das, war aber ansonsten sehr ausweichend. »Was auch immer er vorhat, er will es uns nicht sagen«, lachte ihr Ehemann. Sie fand das sehr ungerecht, da sie doch beide Heiratskandidatinnen mit so viel Mühe ausgesucht hatte. Ihre Tochter Eliza hatte von Louisa nur erfahren, dass Patrick offenbar hin und her gerissen war. Ihn quält bestimmt die Religionsfrage, dachte Georgiana.
    Er blieb wochenlang weg. Ob er ihnen aus dem Weg gehen wollte? Blieb er deshalb so lange in London? Vielleicht. Inzwischen veranstalteten die Volunteers aus Ulster einen riesigen Aufmarsch in Dungannon. »Sie haben ein Manifest verfasst, in dem sie die Unabhängigkeit fordern. Sie werden nur Kandidaten ins Parlament wählen, die diese Forderung unterstützen«, sagte George. »Jetzt haben wir wieder einen Covenant.«
    Ende März kam die entscheidende Nachricht aus London.
    »Lord North und seine Regierung sind zurückgetreten. Das Parlament gibt Amerika auf, und König Georg droht, ebenfalls abzudanken.«
    Bald danach erschien Hercules mit aschfahlem Gesicht bei seiner Mutter. »Der König wird bleiben, aber in London wird es einen Regierungs-Wechsel geben. Die verdammten Whigs sind an der Macht. Ihr verfluchter Freund Richard Sheridan ist jetzt Minister. Und wissen Sie, was er im Londoner Unterhaus verkündet hat? Die englische Kontrolle über das irische Parlament sei nichts anderes als ›anmaßende Tyrannei.‹« Er schüttelte resigniert den Kopf. »Die Welt ist verrückt geworden.«
    Ob verrückt oder vernünftig, würde die Zeit zeigen, jedenfalls begriffen alle, dass eine große Veränderung in der Luft lag. In London waren die Whigs an der Macht und die Volunteers von Ulster schickten Gesandte mit ihrem Manifest nach ganz Irland. Dies war die einmalige Gelegenheit, auf die alle Patrioten so lange gewartet hatten. Henry Grattan legte dem Dubliner Parlament sofort einen Antrag vor, in dem er Unabhängigkeit für das irische Parlament forderte. Aber unter Anerkennung der Krone.
    »Wir werden demselben König unterstehen wie die Engländer«, verkündeten die Patrioten. »Aber mit der Würde einer eigenständigen Nation.« Am Tag der großen Debatte sah sich Georgiana alles von der Galerie aus an. Grattan war an jenem Tag krank, hatte sich aber aus dem Bett gequält, um dabei zu sein. Nicht einmal seine Feinde konnten leugnen, wie schlicht und würdevoll er wirkte, als er über seine Krankheit triumphierte und eine seiner besten Reden hielt. Viele Abgeordnete, die üblicherweise mit Hercules stimmten, merkten, dass der Wind plötzlich aus einer anderen Richtung blies und stimmten jetzt für die Patrioten. Unter lautem Jubel wurde der Antrag angenommen, und das irische Parlament erklärte sich mit großer Mehrheit von England unabhängig. Und da die Whigs in

Weitere Kostenlose Bücher