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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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verwirrt auf. Plötzlich drehte Hercules sich zu seinem Vater um und sah ihn anklagend an. »Ich lege auch keinen Wert darauf, dass Sie meinen Sohn hinter meinem Rücken mit solchen Gästen zusammenbringen.«
    »Das ist ungerecht, Hercules«, rief seine Mutter.
    »Ich finde es verlogen!« Hercules hatte die Stimme erhoben und spuckte das letzte Wort förmlich aus.
    Patrick sah, wie Georgiana zusammenzuckte, doch Lord Mountwalsh ließ sich nicht so leicht einschüchtern. Mit feuerrotem Kopf rief er: »Sie wagen es, Ihre Eltern in ihrem eigenen Haus und vor ihren Gästen zu beschimpfen? Verlassen Sie dieses Haus, und zwar sofort.« Er stand auf. »Verlassen Sie es«, schrie er, so laut er konnte, »und kommen Sie bitte nie wieder!«
    Hercules verbeugte sich verächtlich vor den Gästen, drehte sich um und verschwand durch die Tür, gefolgt von seinem unglücklichen Sohn.
    Das Abendessen ging weiter, doch die Stimmung blieb gedrückt.
    Eine Viertelstunde nach Mitternacht erlitt Lord Mountwalsh, der wütend in seinem Ankleidezimmer auf und ab marschiert war, einen Schlaganfall und stürzte zu Boden. Als seine Frau herbeieilte, war er schon tot.
    ***
    Im Herbst desselben Jahres begann der junge William Walsh sein Studium am Trinity College. Er hatte nur eine Bitte. »Ich möchte nicht zu Hause wohnen wie der Sohn von Doktor Emmet, sondern im College wie mein Vater.« Zu Williams Freude wurde ihm die Bitte gewährt.
    Am Tag seines Umzugs ins College rief sein Vater ihn für ein Wort unter vier Augen in sein Ankleidezimmer.
    Mit dem Tod des alten George hatte sich Hercules’ gesellschaftlicher Rang verändert. Er war jetzt Lord Mountwalsh. Auf den Sitz im irischen Unterhaus hatte er verzichtet, denn dass man sich dort einer Wahl stellen musste – wenn auch einer Wahl durch drei Freunde der Familie und ein Dutzend gefügiger Grundbesitzer –, hatte ihn schon immer empört. Stattdessen würde er kraft unantastbaren ererbten Rechts dem irischen Oberhaus angehören. Vom Tag der Beerdigung seines Vaters an redeten ihn Diener und Lieferanten respektvoll mit »Euer Lordschaft« oder »Mylord« an. Noch mehr hatte ihm vielleicht der Brief eines anderen Adligen geschmeichelt, der ihn charmant mit »mein lieber Lord« angeredet hatte. Aus seinem polternden Marschieren war auf unerklärliche Weise ein staatsmännisches Schreiten geworden, und er redete mit dem Selbstbewusstsein eines Menschen, der weiß, dass er Recht hat – nicht aufgrund einer banalen Einsicht, sondern allein weil er es ist, der spricht. Innerhalb weniger Wochen hatte er sich vollkommen in einen Lord verwandelt, der sich seiner Bedeutung bewusst war.
    Er musterte seinen ältesten Sohn freundlich.
    »Du brichst also zum Trinity College auf, William.«
    »Ja, Vater.«
    »Ich habe dort glückliche Jahre verbracht und du wirst das bestimmt auch tun.« Er lächelte. »Bevor du gehst, William, möchte ich dir als dein Vater noch ein, zwei Dinge sagen.« Er zeigte auf ein Sofa an der Wand. »Setz dich zu mir, mein Junge.«
    William hatte noch nie ein vertrauliches Gespräch mit seinem Vater geführt. In Erwartung wichtiger Enthüllungen lauschte er aufmerksam.
    »Du bist nun bald zu einem jungen Mann herangewachsen«, sagte sein Vater. »Oder eigentlich denke ich, du bist schon einer. Und ich weiß, du hast ein gutes Herz.«
    »Danke, Vater.«
    »Eines Tages wirst du wahrscheinlich dem Parlament angehören wie ich. Und später wirst du natürlich mir nachfolgen.« Er legte William einen Moment lang die Hand auf die Schulter. »Das sind die Privilegien unseres Standes, William, aber dazu gehören auch bestimmte Verpflichtungen, denen wir genügen müssen. Bestimmt willst du das auch.«
    »Ja, Vater.«
    »Gut. Ich vertraue niemandem so sehr wie meinem eigenen Sohn, und du weißt hoffentlich, dass auch du mir immer vertrauen kannst.«
    »Danke, Vater.«
    »Ab jetzt arbeiten wir beide zusammen.« Er machte eine Pause. »Es gibt einige Dinge, die ich vorerst nicht einmal dir sagen kann, William. Doch meine letzten Informationen sind alarmierend, das kann ich dir versichern. Eine Gruppe von Leuten, viele davon hier in Dublin, plant etwas, das Irland vernichten würde. Diese Leute sprechen von Freiheit und einige von ihnen glauben vielleicht wirklich daran, aber wenn man sie gewähren ließe, hätte das verheerende Folgen. Ich spreche von einer Invasion unserer Feinde, von Blutvergießen auf den Straßen und dem Tod nicht nur von Soldaten, William, sondern Tausender

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