Die Rebellen von Irland
was eine große Ehre ist«, fuhr sein Vater fort. »Er macht sich Sorgen um dich. Du wirst oft mit dem jungen Robert Emmet zusammen gesehen.«
»Emmet ist sehr nett zu mir, Vater, aber ich könnte nicht sagen, dass er ein enger Freund ist.«
»Richtig. Sein Vater hat, wie du weißt, abstruse Ansichten, ist aber relativ harmlos. Anders verhält es sich mit seinem älteren Bruder Tom Emmet. Von ihm ist bekannt, dass er eng mit den Anführern der United Irishmen zusammenarbeitet. Er ist gefährlich, William. Kennst du ihn?«
»Nein, Vater.« William kannte ihn tatsächlich nicht.
»Das habe ich auch nicht angenommen. Lord Clare glaubt das übrigens auch nicht. Aber du kennst den jungen Robert. Man fürchtet, dass er seinem Bruder nachschlägt, eine nahe liegende Befürchtung, wie du bestimmt zugeben wirst. Hat er mit dir über Politik gesprochen?«
»Er spricht mit mir nicht über so etwas, Vater. Er ist sehr still und lernt viel.«
»Mag sein. Jedenfalls tauchte die Befürchtung auf, er könnte versuchen, dich auf Abwege zu führen. Ich erklärte, dass ihm das unmöglich gelingen könnte. Du hast dafür einen viel zu starken Charakter und Verstand, wie ich weiß.«
»Danke, Vater.«
»Lord Clare sah das ein. Ich konnte ihn allerdings noch weiter beruhigen. Ich erklärte, wir beide seien vor längerer Zeit übereingekommen, dass du mir sofort berichten würdest, solltest du etwas sehen oder hören, das dich an der Gesinnung eines Studenten zweifeln ließe. Hast du mir jetzt etwas zu sagen, insbesondere über Emmet?«
»Nein, Vater, nichts.«
»Das überrascht mich. Jedoch habe ich Lord Clare versichert, du würdest deine Wachsamkeit noch steigern. Ich hoffe, dass wir uns auf diese Weise nützlich machen können. Ich glaube auch nicht, dass du deinen Umgang mit dem jungen Emmet einschränken solltest. Ganz im Gegenteil. Es ist durchaus möglich, dass er in einem vertraulichen Moment achtlos eine interessante Bemerkung macht, die womöglich für unser Land wichtig ist, William. Ich bitte dich deshalb, in deinen Beobachtungen eifrig fortzufahren. Ich weiß, du hast das Herz auf dem rechten Fleck, deshalb verstehst du mich sicher.«
»Ja, Vater. Ist das alles?«
»Dein Studium macht gute Fortschritte, hoffe ich?«
»Ja, Vater.«
»Sehr schön. Hoffentlich höre ich bald etwas über Emmet. Auf Wiedersehen, mein Sohn.«
»Auf Wiedersehen, Vater.«
***
An einem der letzten Novembertage erhielt Patrick Walsh unerwartet Besuch von einem Verwandten, dem jungen William. Der junge Mann wirkte erregt und wollte Patrick unter vier Augen sprechen.
»Wissen Sie, was mein Vater von mir verlangt?«, platzte er heraus.
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Patrick freundlich.
»Ich soll meine Freunde am Trinity College ausspionieren. Sie könnten ja Verräter sein, wie er sie nennen würde. Ist das nicht verachtenswert?«
»Angenehm ist es nicht, zugegeben.«
»Mein Vater ist gemein und hinterhältig.«
»Ich bin nicht deiner Meinung«, entgegnete Patrick. »Dein Vater und ich, wir mögen uns nicht, aber er ist zutiefst davon überzeugt, dass er Recht hat. Jeder Mensch, der wahrhaftig an eine Sache glaubt, würde handeln wie er, William. Du darfst ihm das nicht vorwerfen.« Ich frage mich allerdings, dachte er bei sich, ob Hercules an meiner Stelle genauso verständnisvoll über mich gesprochen hätte.
»Jedenfalls werde ich mich nicht mit Emmet anfreunden, nur um ihn an meinen Vater und FitzGibbon zu verraten. Ich bin kein Judas.«
Patrick hörte ihm aufmerksam zu, doch in seinem Gesicht regte sich kein Muskel.
»Warum bist du hier?«, fragte er.
»Ich habe in Trinity sämtliche Argumente für und gegen die United Irishmen gehört.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Und die Argumente der United Irishmen leuchten mir mehr ein.« William schlug die Augen nieder. »Ich würde sogar gern den Eid ablegen. Aber nicht in Trinity. Die anderen sollen es nicht wissen.«
»Warum bist du zu mir gekommen?«
»Weil ich überzeugt bin, dass Sie zu den United Irishmen gehören.«
»Aha. Aber selbst wenn das so wäre, wie sollte ich wissen, dass du kein Spion bist?«
William sah ihn so entsetzt und zugleich gekränkt an, dass Patrick fast gelacht hätte. Der beste Schauspieler der Welt hätte sich nicht so verstellen können – und dieser unschuldige junge Mann war überhaupt kein Schauspieler. Er betrachtete William, der dem alten Fortunatus so ähnlich sah, und eine Welle der Zuneigung stieg in ihm auf.
»Deine
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