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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Ertrag der kostbaren Gerste. Überall wurde Murren laut. »Wenn ein Mitglied der Troika Feuer finge«, bemerkte ein benachbarter Grundbesitzer zu Georgiana, »wüsste ich keinen einzigen Bauern der Umgebung, der ihm mit einem Eimer Wasser zu Hilfe käme.«
    Georgiana dachte an Patrick und fragte sich, wie die Stimmung unter den Katholiken in ihrer Umgebung sein mochte. Kelly klärte sie darüber auf.
    Georgiana hatte zu ihrer Überraschung festgestellt, dass Kelly und Patrick weiter miteinander befreundet waren, obwohl Patrick doch angeblich Kellys Schwester den Hof gemacht und sie dann sitzen gelassen hatte. Doch Kellys Schwester war längst verheiratet, und Kelly sprach nur gut von Patrick. Georgiana hatte bei ihren Besuchen gefunden, dass er von ihren Nachbarn der freundlichste war. Er sprach ganz offen mit ihr.
    »Wir Katholiken erhoffen uns vom Parlament in Dublin nichts mehr«, sagte er. »Kompromisse sind unmöglich geworden. Das könnte ernste Folgen haben.«
    »Aber die katholische Kirche wiegelt die Menschen doch nicht auf?«
    »Nein, die Kirche hat Angst vor den Radikalen. Sie fürchtet alles, was nach Revolution aussieht. Die französischen Revolutionäre sind in den Augen Roms Gottlose, die einen katholischen König ermordet haben – von den Massakern an Priestern, Mönchen, Nonnen und gläubigen Katholiken ganz zu schweigen – und die sich gegen eine natürlich vorgegebene Ordnung auflehnen. Die Kirche verhandelt lieber mit dem protestantischen König Georg. Alle Priester, die ich hier in der Gegend kenne, predigen Geduld und Gehorsam. Was nicht heißt, dass ihre Schäfchen ihnen auch zuhören.« Kelly grinste. »Die Hälfte von ihnen hört lieber eine gute Ballade über einen tapferen Strauchdieb als eine Predigt. Wenn es zu einem Aufstand kommt, wird man sie nicht lange bitten müssen.«
    Eines Abends traf Hercules unangemeldet in Mount Walsh ein und verkündete, er wolle ein paar Tage hierbleiben. Georgiana freute sich nicht, ihn zu sehen, gab sich aber nach außen freundlich und mied politische Themen. Doch am folgenden Morgen kam Kelly vorbei, der von Hercules’ Ankunft nichts ahnte. Er wurde in die Bibliothek gebeten und traf dort Georgiana und ihren Sohn an.
    Viele Menschen hassten oder fürchteten Hercules. Kelly konnte unmöglich Gefallen an ihm finden, doch begegnete er ihm mit einem gewissen Interesse und hatte ihn schon bald in ein Gespräch verwickelt. Seine Lordschaft ging bereitwillig darauf ein und sprach schon bald über sein Lieblingsthema, die Ordnung, die es aufrechtzuerhalten gelte. Er gab seinem Gast auch ganz unbekümmert zu verstehen, dass es ihm egal sei, wenn er ihn durch eine Bemerkung kränke. Schon bald äußerte er sich verächtlich über katholische Priester. Georgiana hätte Kelly keine Vorwürfe gemacht, wenn er ihrem Sohn eine Ohrfeige gegeben hätte, doch Kelly schwieg nur und hörte Hercules geduldig zu.
    »Aber das Problem mit euch irischen Papisten sind weniger eure Priester«, fuhr Hercules fort, »als die vielen Schulmeister. Die sorgen für Unfrieden.«
    Kelly war keineswegs verärgert, sondern lächelte vielmehr und bemerkte zu Georgiana: »Er hat vollkommen Recht.«
    »Freut mich, dass Sie mit mir einer Meinung sind«, sagte Hercules. »Die Lehrer unterrichten die Einheimischen in ihrer Muttersprache und tragen so dazu bei, dass sie eine zu hohe Meinung von sich bekommen.«
    Kelly lachte hell auf. »Verzeiht, Euer Lordschaft, doch da irrt Ihr Euch. Es stimmt zwar, dass an den Landschulen meiner Kindheit überwiegend in Irisch unterrichtet wurde. Doch in der letzten Generation hat sich das geändert. Die Eltern wollen es nicht mehr, weil sie glauben, dass ihre Kinder dadurch benachteiligt werden. Sie wollen, dass in Englisch unterrichtet wird. Und wisst Ihr auch mit welchem Ergebnis? Wer lesen kann – und viele können das –, liest die revolutionären Schriften aus Amerika und die radikalen englischen Flugblätter aus Belfast und Dublin.« Er lächelte Hercules fröhlich an. »Wenn die Revolution kommt und Euer Lordschaft hinwegfegt – was Gott verhüten möge –, dann sind die französischen Soldaten und die englische Sprache daran schuld. Seid dessen versichert.«
    Hercules nickte nur kurz und ließ Kelly und Georgiana in der Bibliothek allein. Kelly blieb nicht mehr lange, versprach aber, an einem anderen Tag wiederzukommen. Nachdem er gegangen war, sagte Hercules: »Auf diesen Mann muss man aufpassen.« Am Abend sagte er noch etwas anderes, das

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