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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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davon ausgegangen, dass die Männer Gebiete in einer Größenordnung von ein- oder zweitausend Morgen verwalten würden, aber die Landerschließer schnappten sich tausende, wenn nicht zehntausende Morgen.
    Die Welt veränderte sich. Das Dublin, das Walsh, Doyle und sogar Pincher vertraut war, gehörte dem späten elisabethanischen Zeitalter an. Aber in London hatte sich im vergangenen Jahrzehnt einiges verändert. Das Zeitalter der wagemutigen, abenteuerlustigen Kaufmänner hatte begonnen. König Jakob I. hatte seine freudlose Jugend in Schottland hinter sich gelassen und frönte seiner Vorliebe für Luxus nun hemmungslos. Der englische Hof war bestechlich, seine heimlichen Herrscher waren Gier und Exzess. Verwegene, zupackende Männer auf der Suche nach schnellem Gewinn wurden ermutigt. Und solche Männer waren es auch, die in die Plantation von Ulster investierten.
    Und als Doktor Pincher sah, welch durchtriebene Kerle Ulster in Besitz nahmen, hielt er sich zurück. Er habe nur begrenzt Zeit, redete er sich ein. Er müsse schließlich predigen und lehren. Sein Kapital sei zu bescheiden. Das ganze Geschäft war einfach eine Nummer zu groß für ihn. Diese Welt war ihm fremd, ja, sie machte ihm – er war ehrlich genug, dies zuzugeben – sogar Angst. Also hatte er gekniffen.
    Und jetzt, da er mit ansehen musste, wie alle diese neu angekommenen Grundbesitzer von den Plantations nach Dublin kamen, überwältigte ihn das Gefühl, versagt zu haben. Wie die törichten Jungfrauen im biblischen Gleichnis war er nicht vorbereitet gewesen. Als der Augenblick gekommen war, hatte er versagt. Erst am Tag zuvor hatte ein junger Student am Trinity College den guten Doktor dabei erwischt, wie er gedankenverloren unter einem Baum saß. Der Doktor bemerkte ihn nicht, da er hinter ihm vorbeilief. Der Student näherte sich ihm und hörte, wie der Doktor recht deutlich murmelte: »Prädestinierter Profit; gerechtfertigte Gegenleistung.« Danach hatte der Doktor traurig den Kopf geschüttelt. Der junge Student, für den der Ausspruch keinen Sinn ergab, hatte sich auf Zehenspitzen davongeschlichen.
    Simeon Pincher gestand sich ein, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er war entschlossen, dies wiedergutzumachen, und bis sich ihm die Möglichkeit dazu bot, lebte er in ständiger schlechter Laune.
    An dem Morgen, da er mit Doyle gesprochen hatte, war er im Begriff, sich auf ein Unternehmen vorzubereiten, das ihm aller Wahrscheinlichkeit nach genau den Profit, der ihm inzwischen rechtmäßig zustand, einfach und sicher einbringen würde. Und er hatte in Gedanken gerade die Reise geplant, auf die er sich begeben musste, als er beim Betreten des Bezirks von Christ Church ein kleines Grüppchen bekannter Gestalten erblickte. Einer dieser Männer konnte ihm vielleicht nützlich sein.
    Als Erstes begrüßte er Doyle mit einem höflichen Kopfnicken. Dieser wohlhabende Mann war schließlich eine Säule der Kirche von Irland und ein Mitglied der Trinity-Gilde. Außerdem schuldete er Doyle einen Gefallen. Am vergangenen Sonntag war er für eine Predigt in der Christ-Church-Kathedrale vorgesehen gewesen. Er wusste, dass außer den üblichen Beamten aus der Dubliner Burg auch einige protestantische Parlamentsabgeordnete seine Gemeinde verstärken würden. Eine ausgezeichnete Gelegenheit, einen guten Eindruck zu machen. Es gab nur ein kleines Problem.
    Die Ratsherren von Dublin sollten eigentlich den Bürgermeister sonntags beim Kirchgang begleiten. Aber da viele von ihnen Papisten waren, gingen sie oft bereits vorher zur Messe. Sie brachten den Bürgermeister zwar dem Zeremoniell entsprechend zur Kathedrale und begleiteten ihn zu seinem Platz. Danach verfügten sie sich aber in aller Ruhe in ein nahe gelegenes Gasthaus, tranken ein paar Runden und kehrten erst nach der Predigt wieder zurück, um den Bürgermeister abzuholen. Dieses lässige, typisch irische Verhalten brachte Doktor Pincher ohnehin zur Weißglut, aber an dem Tag seiner Predigt fürchtete er es noch mehr als sonst. Die Besucher würden den Eindruck erhalten, dass den Ratsherren seine Predigt völlig egal sei. Also hatte er sich an Doyle gewandt.
    In der Vergangenheit hatte Pincher manchmal den Verdacht gehegt, dass Doyle ihn nicht leiden konnte. Aber letzten Sonntag war er ihm auf jeden Fall beigestanden. Tatsächlich waren zehn Ratsherren erschienen. Den dreien, die Anstalten machten, wieder zu gehen, hatte Doyle einen so scharfen Blick zugeworfen, dass sie sich widerwillig wieder

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