Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
setzten. Sogar während der ganzen Predigt waren sie wach geblieben. Dafür schuldete er Doyle ewige Dankbarkeit, so viel war sicher.
    Neben Doyle stand Walter Smith. Ein ernsthafter junger Mann, nur schade, dass er Papist war. Diese Tatsache hätte Pincher normalerweise dazu gebracht, von dem Mann keine Notiz zu nehmen. Aber er erinnerte sich daran, dass Walter Smith mit dem Walsh-Mädchen verheiratet war, und er wusste, dass Walsh und Doyle Cousins waren. Aus Höflichkeit gegenüber Doyle nickte er also auch Walter Smith kurz zu.
    Der dritte Mann war Jeremiah Tidy. Und nun lächelte Doktor Pincher.
    »Guten Tag, Master Tidy.«
    »Auch Euch einen guten Tag, Euer Ehren.«
    Gott sei Dank gab es Tidy. Ein verlässlicher Mann. Seit drei Generationen diente seine Familie Christ Church und der Kirche von Irland. Jeremiah war seit seiner Geburt auf diese Rolle vorbereitet worden und kannte jeden Zoll des Gebäudes, von der ausladenden Krypta bis hin zur Turmspitze. Mit nur zwanzig Jahren war er aufgrund der langjährigen Verbindungen seiner Familie mit der Kirche zum Küster ernannt worden. Heute war er fünfundzwanzig, aber mit seinen leicht gebeugten Schultern und dem kleinen Spitzbart wirkte er bereits jetzt auf eine Art alterslos, die seinen Dienstherren sehr gefiel.
    Tidy war für die Gräber und Grüfte verantwortlich. Zusammen mit dem Kirchendiener arrangierte er die Predigten, und er läutete auch die große Glocke, die das Leben in der Kathedrale und der ganzen Stadt einteilte. Tidy war für einen kleinen Obolus immer gerne bereit, auch zusätzliche Arbeiten zu übernehmen, wenn er ihm damit helfen konnte. Außerdem hatte er große Hochachtung vor dem Trinity College. »Es waren die MacGowans, die Familie meiner Mutter, die alle Türen und Fenster für das College anfertigten, Euer Ehren«, rief er Doktor Pincher gern ins Gedächtnis. »Und es ist ein prächtiger Ort, da werdet Ihr mir sicherlich zustimmen, Sir.«
    »So ist es«, stimmte Simeon Pincher zu.
    »Ein Ort, der wie geschaffen ist für einen gelehrten Mann aus Cambridge wie Ihr es seid, Euer Ehren.« Woran lag es, dass er die sanfte Stimme des Küsters irgendwie beunruhigend fand? Sie war so höflich, so respektvoll, so weich und einschmeichelnd. Vielleicht beinahe zu respektvoll? Er warf dem Küster einen kurzen Blick zu und runzelte unsicher die Stirn.
    Ein gelehrter Mann aus Cambridge: Was meinte Tidy damit? Pincher fragte sich oft, ob er überhaupt irgendetwas damit meinte. War es etwa möglich, grübelte der Prediger im Stillen, dass dem Küster irgendwie die dumme Sache damals in Cambridge zu Ohren gekommen war? Er konnte sich das nicht vorstellen. Aber warum erwähnte er Cambridge auf diese Art jedes Mal, wenn sie einander begegneten? Nein, Unsinn, beruhigte er sich. Das konnte nicht sein. Das alles war vor langer Zeit in einem anderen Land passiert. Und außerdem …
    Es war nämlich Tidy gewesen, der ihm von der ausgezeichneten Pfründe mit viel versprechendem Grundbesitz erzählt hatte, die bald zur Verfügung stehen würde. Und es war dieser rechtzeitigen Mitteilung und seinem sofortigen Besuch beim Kapitular zu verdanken, dass Pincher nun zu einer neuen Reise aufbrechen würde.
    Als er den drei Männern die Route beschrieb, die er nehmen wollte, und sie fragte, wo er am besten rasten könne, hatte Doyle einen Moment nachgedacht und dann vorgeschlagen:
    »Sie könnten doch bei den O’Byrnes in Rathconan Rast halten.«
    Als Pincher den Namen hörte, sank ihm das Herz. Ein Papist? Und dazu noch ein irischer Clanführer? Weder der Gedanke an die vielen Bündnisse mit den verschiedenen O’Byrnes noch der Gedanke an die traditionelle irische Gastfreundschaft gegenüber Reisenden, die bis in graue Vorzeit zurückreichte, beruhigten ihn. Pincher hatte schon viel zu viele Geschichten über die wilden O’Byrnes gehört, um einer solchen Begegnung gelassen entgegenzublicken. Aber er sah Walter Smith zustimmend nicken und sogar Tidy schien den Vorschlag seelenruhig aufzunehmen. Doyle erriet Pinchers Gedanken und lächelte.
    »Man wird Sie dort freundlich willkommen heißen«, versicherte er ihm. »Die O’Byrnes von Rathconan pflegen eine recht englische Lebensart.«
    Und, zweifellos um ihn zu beruhigen, warf Tidy ein:
    »Sie haben bestimmt großen Respekt vor einem gelehrten Mann aus Cambridge, wie Ihr es seid, Euer Ehren.«
     
    Und nun war er also hier und näherte sich dem Haus von Rathconan. Der Anblick, der sich ihm bot, erfüllte ihn mit

Weitere Kostenlose Bücher