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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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eine Vorlage in das irische Parlament eingebracht werden würde, der zufolge das Parlament sich selbst abschaffen sollte. Den Patrioten und Anhängern der katholischen Gleichberechtigung hatte man zugesichert, dass ihre Wünsche kurz danach in Erfüllung gehen würden. Doch selbst wenn man diese liberal gesinnten Männer gewonnen hatte, wie sollte man die ewiggestrigen Protestanten gewinnen, welche die Mehrheit des Parlaments bildeten? Wie konnte man sie dazu bringen, ihre Macht abzugeben?
    Zu Georgianas großer Überraschung ließ Hercules sie kurz vor Weihnachten beiläufig wissen, er habe seine Meinung geändert. »Die Union ist die beste Lösung. Ich bin überzeugt, dass ihr die Zukunft gehört.«
    Georgiana hätte gern gewusst, was diesen Gesinnungswandel bewirkt hatte.
    ***
    Die Debatten im Parlament begannen im Januar 1800 und zogen sich über Monate hin. Georgiana lauschte ihnen oft von der Zuschauergalerie aus. Viele glänzende Reden zur Verteidigung des Parlaments wurden gehalten, die denkwürdigste von Grattan selbst, der sich eines späten Abends, obwohl damals krank, leichenblass und in seiner Volunteer- Uniform im Parlament einfand und eine seiner größten Reden hielt. Angesichts seiner Sprachgewalt und bezwingenden Argumentation glaubte Georgiana die Union schon verloren. Doch im Verlauf der folgenden Wochen erhoben die ehemaligen Gegner der Vereinigung nacheinander die Stimme zu ihren Gunsten.
    Eines Tages begegnete sie dem jungen Robert Emmet, der die Debatten unauffällig von der Galerie aus verfolgte, und sie unterhielten sich kurz. Georgiana wusste aus Williams Briefen, dass Emmet, der danach mit William vom Trinity College verwiesen worden war, sich ebenfalls in Paris aufgehalten hatte. Also konnte er ihr von William berichten. »Er spricht jetzt ausgezeichnet Französisch«, sagte er. »Ich werde ihm sagen, dass ich Ihnen begegnet bin, wenn ich dorthin zurückkehre.« Georgiana fragte Robert Emmet, wie er die Aussichten der Katholiken auf Gleichberechtigung im Fall einer Union einschätze. »Ich glaube nicht, dass es den Engländern mit ihren Versprechungen so ernst ist«, erwiderte er. »Bestimmt rechnen sie sich aus, dass die irischen Katholiken in einem viel größeren britischen Parlament nur eine kleine Minderheit wären, die nichts bewirken könnte.« Georgiana kam auf die vielen Abgeordneten zu sprechen, die ihre Meinung über die Vereinigung geändert hatten, und er grinste. »Die sind alle gekauft, Lady Mountwalsh, und zwar zu einem guten Preis, davon dürfen wir wohl ausgehen.«
    Die Begegnung mit Emmet rief Georgiana den Enkel lebhaft ins Gedächtnis. Sie vermisste William. Sie hatte versucht, sich für seinen jüngeren Bruder zu interessieren, was durch die distanzierte Beziehung zu Hercules allerdings erschwert wurde. Der Bruder war nett und gutherzig und William aufrichtig zugetan, doch war er zugleich ein Eigenbrötler, der in einer eigenen Welt lebte. Er war mathematisch begabt und interessierte sich auch für die Astronomie. Sein Vater hatte ihm ein Fernrohr gekauft, mit dem er sich stundenlang zu seiner vollkommenen Zufriedenheit beschäftigen konnte. Georgiana freute sich für ihn, ohne dass sie seine Interessen hätte nachvollziehen können.
    William schrieb ihr regelmäßig einmal im Monat, und sie schickte ihm Geld, froh, wenigstens das für ihn tun zu können. Über tausend Iren lebten in der französischen Hauptstadt, schrieb er, viele davon Flüchtlinge des gescheiterten Aufstands. Die meisten Studenten, die Trinity College hatten verlassen müssen, studierten in Paris weiter. Dort herrschte inzwischen General Napoleon Bonaparte als Konsul. Georgiana erfuhr zu ihrer Belustigung, dass die feine Gesellschaft der Republik genauso vergnügungssüchtig war wie die des Ancien Régime. Von einer Rückkehr nach Dublin schrieb William nichts. Wahrscheinlich war er froh darüber, seinen Vater so weit entfernt zu wissen.
    Die Debatte über die Union dauerte das ganze Frühjahr und den Sommer über an. Im Sommer 1800 wurde abgestimmt, zugunsten der Vereinigung der Union mit England. Das irische Parlament schaffte sich selbst ab. Emmet hatte Recht behalten:
    Adlige und einfache Abgeordnete wurden mit Schmeicheleien, Ehrungen und Geld überhäuft und verkauften ihre Stimme. Und Hercules rückte vom einfachen Baron in den Stand eines Earl von Mountwalsh auf und gehörte zu jenen auserwählten irischen Adligen, die im britischen Oberhaus in London sitzen würden. Zudem konnte er

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