Die Rebellen von Irland
sich für die katholische Sache einsetzten, oder die Volunteers, die lokale Aufstände initiierten. Aber O’Connells Katholische Vereinigung war etwas Neues: eine friedliche politische Bewegung, eine Massenbewegung, die jedem Katholiken in Irland offen stand, der den Mindestmitgliedsbeitrag von einem Penny im Monat aufbringen konnte. Raffiniert wie er war, ließ O’Connell diese Pennys von den Priestern der jeweiligen Gemeinde einsammeln. Sie führten genau Buch über die Abgaben und leiteten das Geld weiter.
Auch Eamonn Madden war der Bewegung sofort beigetreten.
O’Connell legte Wert darauf, dass seine Anhänger die Gesetze achteten. Bei der Versammlung, die Maureen mit ihrem Vater besucht hatte, war eine Abteilung Soldaten aufmarschiert, um bei etwaigen Ausschreitungen einzugreifen, und O’Connell hatte die Menge aufgefordert, sie mit Hochrufen zu begrüßen.
Natürlich war es auch für die Kirche ein neuer Weg. »Ich bin mir nicht sicher«, hatte Father Casey, ihr freundlicher, grauhaariger Priester, zu Eamonn gesagt, »ob mein Vorgänger es getan hätte. Er wurde in Rom ausgebildet, müssen Sie wissen, und glaubte noch an das alte Wort: ›Gehorchet euren Lehrern und wisset, wo euer Platz ist.‹« Doch dreißig Jahre zuvor hatte die Regierung der katholischen Kirche gestattet, in Maynooth westlich von Dublin ein Priesterseminar einzurichten, und die Priester, die dort ausgebildet worden waren, vertraten modernere und nationalere Ansichten. »Wir sammeln das Geld«, sagten sie. Und die Summen, die der Vereinigung zuflossen, waren enorm. Die Organisation zählte über eine Million Mitglieder und nahm pro Jahr erstaunliche einhunderttausend Pfund ein.
»Wofür ist denn das ganze Geld, das er einsammelt«, wandte Maureens Mutter, eine kleine, dunkelhaarige Frau, immer wieder ein. »Damit ein Katholik ins britische Parlament einzieht?«
»Das ist das erste Ziel«, erwiderte Eamonn. »Findest du es denn nicht merkwürdig, dass ich als Katholik und Vierzig-Shilling-Freisasse zwar wahlberechtigt bin, aber nur einen Protestanten zu meinem Repräsentanten wählen darf?«
Die städtischen Wahlbezirke waren noch fest in der Hand reicher und einflussreicher Gentlemen und ihrer Anhänger. Doch auf dem Land war die alte Vierzig-Shilling-Wahlqualifikation gelockert worden, sodass jetzt auch ein katholischer Pächter, der jährlich vierzig Shilling an Pacht entrichtete, wählen durfte. Natürlich nur einen Protestanten. König Georg III. hatte inzwischen das Zeitliche gesegnet, und sein künstlerisch veranlagter Sohn Georg IV. saß auf dem Thron, aber in der Frage, ob Katholiken ins Parlament einziehen sollten, blieb er ebenso unnachgiebig wie sein Vater.
»Was soll uns das nützen, Eamonn?«, fragte seine Frau. »Ein paar Katholiken im Parlament ändern für dich und mich doch nichts.«
»Nicht sofort, das gebe ich zu. Aber es wäre das Eingeständnis, dass ein Katholik ebenso viel wert ist wie ein Protestant.«
Maureen glaubte zu wissen, was er meinte, aber ihre Mutter zuckte nur mit den Schultern.
»Und wer soll mit deiner gütigen Mithilfe jetzt in diesem Parlament sitzen, wenn nicht Daniel O’Connell selbst? Du tust das alles doch nur für ihn.«
»Wer wäre dafür denn besser geeignet?«, fragte Eamonn mit einem Lächeln.
Maureen wusste aus den Predigten Father Caseys, welche Demütigungen die katholische Kirche immer noch hinnehmen musste. So maßte sich die britische Regierung an, jede Ernennung eines ihr missliebigen katholischen Bischofs zu untersagen. Und noch immer hatten die Katholiken jeder Gemeinde eine Abgabe zu leisten, den so genannten Zehnten, der nicht ihrem eigenen Priester, sondern dem protestantischen Geistlichen zugute kam. Und waren nicht fast alle Grundherren, Friedensrichter und Armeeoffiziere nach wie vor Protestanten? Unlängst erst hatte ein hiesiger Grundherr namens Synge seinen Pächtern mit Vertreibung gedroht, wenn sie nicht zum Protestantismus übertraten. An wen sollten sich einfache Katholiken in Anbetracht solcher Drohungen wenden? Natürlich an die Katholische Vereinigung.
Statt die Scheune eines schlechten Grundherrn niederzubrennen, konnten sich die Opfer ungerechter Behandlung jetzt an O’Connell wenden, und der wiederum würde mit dem Grundherrn sprechen. Der Anwalt konnte nicht jedes Unrecht wiedergutmachen, aber es war wenigstens ein Anfang.
Doch nun gab es neue Aufregung. Der Abgeordnete der Grafschaft Clare, ein protestantischer Befürworter der katholischen
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