Die Rebellen von Irland
Sache, war in ein Regierungsamt berufen worden, und wie üblich stellte er sich, bevor er den Posten übernahm, noch einmal dem Wähler. Zu seiner grenzenlosen Überraschung sprach sich die Katholische Vereinigung plötzlich gegen ihn aus: Daniel O’Connell trat höchstpersönlich gegen ihn an.
Der Fehdehandschuh war geworfen. Zum ersten Mal stand ein Katholik zur Wahl.
»Das Schöne daran ist«, erklärte Eamonn lachend seiner Familie, »dass nach britischem Gesetz die Kandidatur eines Katholiken gar nicht verboten ist. Aber er kann das Mandat im britischen Unterhaus nur antreten, wenn er den protestantischen Eid leistet, und das wird er niemals tun, das hat er geschworen. So wird er die Engländer mit ihren eigenen Regeln blamieren. Wenn er gewählt wird, bringt er sie in eine unmögliche Lage.« Es war ein gewitzter Schachzug, der die irische Seele so entzückte, wie er die englische entsetzte.
»Und was willst du Mr Callan sagen, der schon dreimal hier gewesen ist und nach dir gefragt hat?«, fragte sie mit einem zornigen und vorwurfsvollen Blick. »Was willst du ihm sagen, Eamonn? Dass er deine Frau und deine Kinder vor die Tür setzen soll, sodass sie in Ennis um Brot betteln müssen?«
Maureen bekam immer Angst, wenn ihre Mutter solche Dinge sagte. Sie konnte nichts dagegen machen.
»Dazu wird es nicht kommen«, entgegnete ihr Vater.
»Und wieso nicht? In Waterford ist es dazu gekommen.«
Tatsächlich waren die Vierzig-Shilling-Pächter zwar alle wahlberechtigt, aber das hieß nicht, dass sie auch wählen durften, wen sie wollten. Die Grundherren erwarteten, dass ihre Pächter so stimmten, wie sie es ihnen vorschrieben. Die Stimmabgabe war nicht geheim. Jeder Pächter, der so unvernünftig, töricht und treulos war, gegen die Wahlvorgabe seines Grundherrn zu stimmen, erklärte sich zum Feind des Mannes, dessen Land er gepachtet hatte. Der Grundherr oder sein Agent warfen ihn dann vom Hof und suchten sich an seiner Stelle einen neuen Pächter. Die Botschaft war klar und einfach: gehorche oder hungere.
Vor nicht allzu langer Zeit hatten O’Connell und seine Vereinigung einen Kandidaten – natürlich einen protestantischen Gentleman, der aber aktiv für die katholische Sache eintrat – gegen den Spross einer der größten Ascendancy-Familien der Gegend antreten lassen. Zum Entsetzen der örtlichen Grundbesitzer hatten O’Connell und seine Leute die Pächter dazu gebracht, ihre traditionelle Loyalität aufzugeben und für den Störenfried zu stimmen. Wut und Bestürzung waren die Folge – und Vertreibungen. Es war also durchaus gefährlich.
»Wir sind hier nicht in Waterford«, sagte Eamonn. »Wir sind hier in Clare.«
Es stimmte, dass die hiesige Gentry, obwohl ungefähr ein Drittel der Grundbesitzer gar nicht hier lebte, überwiegend aus alten irischen Familien wie den O’Briens oder altenglischen wie den Fitzgeralds bestand, die seit sechshundert Jahren in Irland ansässig waren. Sie alle, Altengländer wie Iren, waren Protestanten geworden, um ihre Ländereien zu behalten.
»Glaubst du etwa, Mr Callan schert sich darum, ob wir hier in Clare, in Waterford oder sonst wo sind?«, schrie seine Frau. »Oder dass ein O’Brien mehr Skrupel als ein Engländer hätte, einen Pächter fortzujagen?«
»Und was ist mit Father Casey? Was würdest du ihm sagen?«, fragte Eamonn Madden.
Bei der Sonntagsmesse hatte der Priester seine Haltung unmissverständlich klargemacht, als er, vor dem Altar stehend, zu ihnen sagte: »Jede Stimme für O’Connell ist eine Stimme für eure Religion. Daher kann es keinen Zweifel geben, was Gott verlangt.«
Mrs Madden war freilich nicht so leicht zu beeinflussen. Maureen war bereits aufgefallen, dass sie, obwohl sie regelmäßig zu Messe und Beichte ging und darauf bestand, dass ihre Kinder ihren Katechismus lernten, zu manchen Dingen eine ganz eigene Meinung hatte.
»Father Casey«, sagte sie tonlos zu ihrem Mann, »hat keine Frau und keine Kinder zu versorgen.«
Als der Wahltag näher rückte, fragte Maureen ihren Vater: »Was wirst du unternehmen?« Und zum ersten Mal, so weit sie zurückdenken konnte, wirkte ihr großer, starker Vater besorgt und unschlüssig.
»Ehrlich gesagt, mein Kind«, antwortete er, »ich weiß es nicht.«
* **
Stephen Smith trug ein grünes Ordensband mit einer großen Medaille da ran, und er war glücklich. Was für ein außergewöhnlicher Tag. Sie schrieben Geschichte.
Ganz Irland, ganz Großbritannien sah zu. Aus diesem Grund war auch
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