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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Morgen aufs Feld ging, stieg ein fauliger Geruch von der Erde auf. Der Farmer grub sofort alle Pflanzen aus, die befallen aussahen. Als er mit der Arbeit fertig war, entzündete er ein großes Feuer und verbrannte die Kartoffeln, die er aus der Erde geholt hatte. Die Hälfte der Aussaat war noch im Boden.
    Da er ein anständiger Mann war, ging er zu allen Nachbarn und dann in die Stadt, um sie vor der Fäule zu warnen und um zu hören, ob auch andere Schwierigkeiten hatten. Mehrere Farmer berichteten von ähnlichen Erlebnissen.
    Einige Tage später entdeckte er wieder Flecken an den Pflanzen und sagte zu seiner Frau: »Besser, wir ernten sie alle. Retten wir, was noch zu retten ist.« Eine Vielzahl von Kartoffeln war befallen, und die verbrannte er wie zuvor die anderen. Etwa die Hälfte schien gesund zu sein, und die lagerte er in einer Kartoffelgrube ein.
    Zehn Tage später untersuchte er die Knollen, die er gerettet hatte. Er nahm eine in die Hand und zerteilte sie mit dem Messer. Sie war verfault. Er probierte eine andere. Dasselbe. Auch jene Kartoffeln, die er für gesund gehalten hatte, waren ungenießbar.
    * **
    Phytophthora infestans hieß der Pilz, von dem sie befallen waren. Aber woher kam er?
    Niemand wusste es, aber wahrscheinlich war er in die Vereinigten Staaten eingeschleppt worden. Denn um einer Degeneration der Kartoffelsorten vorzubeugen, führten die amerikanischen Landwirte gewöhnlich neue Saatkartoffeln aus Peru ein. Manche Schiffe beförderten auch Guano, Vogelmist, der als Dünger verwendet wurde. Vermutlich hatte sich der Pilz auf einem dieser Schiffe vom Guano auf die Saatkartoffeln übertragen.
    Nach dem ersten Auftreten in New York breitete sich das Übel mit verblüffender Schnelligkeit aus. Es griff auf New Jersey und Pennsylvania über. Bis 1845 sollte der Pilz den Mittleren Westen Amerikas erreichen.
    Das Geschäft mit Saatkartoffeln war ein Dreieckshandel. Von Amerikas Ostküste wurden die Knollen nach Europa exportiert. Zu dem Zeitpunkt, als die Fäule den Mittleren Westen erreicht hatte, trat sie auch in Holland und Belgien und an der Südküste Englands auf.
     
    »Sie haben The Wild Irish Girl nicht gelesen?« Lady Mountwalsh sah Dudley Doyle erstaunt an. Sie hatte geglaubt, jeder hätte das Buch gelesen.
    Alle mochten Henrietta. Doyle schätzte sie auf fünfzig, doch die Engländerin, die William zur Frau genommen hatte, hatte immer noch etwas Mädchenhaftes. Und ihr Teint, dieser Pfirsichteint, mit dem sie Männern in jedem Londoner und Dubliner Salon den Kopf verdreht hatte, war immer noch frisch. Sie hatte porzellanblaue Augen und dralle kleine Brüste. Er beneidete Mountwalsh um sein Ehebett. Das Paar war miteinander glücklich und hatte gesunde Kinder großgezogen. Henrietta Mountwalsh mochte ein wenig einfältig sein, aber alles Böse war ihr fremd. Und sie schwärmte für alles Irische.
    »Ein dunkler keltischer Typ wie Sie«, fuhr sie fort, »der so gut aussieht?«
    »Wissen Sie, Henrietta«, erwiderte Dudley Doyle lächelnd, »auf Irisch bedeutet mein Name eigentlich ›dunkler Ausländer‹. Deshalb muss ich annehmen, dass meine Vorfahren Wikinger-Piraten waren, und keine irischen Helden.« Wikinger, die irische Frauen geheiratet hatten, in deren Adern das Blut nordfranzösischer Stämme und, wie die Legende berichtete, von Bewohnern der iberischen Halbinsel floss. Welche anderen Völkerschaften hatten ihre Spuren in diesem Blut hinterlassen? Normannen, Flamen, Waliser, Engländer auf alle Fälle. Und wahrscheinlich weitere Spanier. Sein kluger, etwas ruchloser Verstand stellte gern solche Überlegungen an. »Es ist schwer zu sagen, was ›keltisch‹ eigentlich bedeutet«, bemerkte Dudley Doyle.
    Aber Henrietta wusste es. Es stand für die romantische Heldin aus Lady Morgans berühmtem Roman, die temperamentvolle Tochter des »Prinzen von Connaught«, die das Herz des voreingenommenen Engländers erobert und ihn lehrt, die irischen Tugenden zu lieben: Geist und Gelehrsamkeit, Tapferkeit und Edelmut. Es stand für die Reinheit der Seele, die sich aus den zeitlosen keltischen Quellen speiste. Es stand für Hibernia, das Land der Helden und Mythen, das magische Gegenstück zu den herberen Schönheiten Schottlands in den Romanen von Walter Scott.
    Lady Morgans Roman hatte Irland in Mode gebracht. Selbstverständlich hatte Doyle ihn gelesen, aber es machte ihm Spaß, das Gegenteil zu behaupten und Henrietta zu necken. Und obwohl er dies alles für Unsinn hielt, so war der

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