Die Rebellen von Irland
Viktoria, wurde sogar die leidige Frage des Zehnten gelöst. Vor allem aber wurden in den zehn langen Jahren der Whig-Regierung verständige Männer als Verwalter auf die Insel geschickt, wie etwa der Irland-Beauftragte Thomas Drummond, der das Land lieben lernte und den protestantischen Grundbesitzern unermüdlich ins Gedächtnis rief: »Eigentum hat Rechte, meine Herren, aber auch Pflichten.« Zwölf Jahre nach seinem Wahlerfolg in Clare konnte O’Connell sagen, dass seine Kompromisse mit den Whigs zu spürbaren Verbesserungen geführt hatten.
Hätte er es besser machen können? Sein zweites großes Ziel, die Aufhebung der Union mit England, war auf unbestimmte Zeit vertagt. Das ließ sich nicht bestreiten. Und einige seiner jüngeren Anhänger glaubten, dass der große Befreier zum politischen Schacherer herabgesunken sei. »Aber da die Regierung der Aufhebung ohnehin nicht zugestimmt hätte«, hatte O’Connell zu Stephen gesagt, »glaube ich, das Richtige getan zu haben.«
»Ich bin das edelste der Tiere, Sir«, antwortete Stephen jetzt auf Dudley Doyles Frage mit einem gequälten Lächeln. »Ich bin ein katholischer Whig.«
»Also für Reformen, aber auf dem Weg über das Parlament? Sind Sie denn bereit, sich in Geduld zu üben?«
»Ich bin ein politisch engagierter Mensch. Ich verabscheue Gewalt, genau wie O’Connell. Deswegen«, fügte er seufzend hinzu, »arbeite ich seit zwanzig Jahren für diesen Mann.«
»Und was, wenn ich fragen darf, gedenken Sie nun zu tun?«, fragte Doyle. »Nach Clontarf?«
Stephen schüttelte den Kopf.
»Mein Leben«, antwortete er traurig, »ist in eine Krise geraten.«
Seit drei Jahren blieb ihrer Strategie der Erfolg versagt. 1840 war Thomas Drummond gestorben, der britische Erfinder und Staatssekretär für Irlandfragen, und die Iren hatten ihn trauernd begraben. Im Jahr darauf waren die Whigs bei den Parlamentswahlen gescheitert, und die Tories hatten in London wieder die Macht übernommen. Was sollte O’Connell nun tun? Einige seiner jungen Anhänger nannten sich das »Junge Irland« und gaben sogar eine eigene Zeitung, The Nation, heraus. »Es wird Zeit, für die Aufhebung zu kämpfen«, erklärten sie, »mit allen Mitteln, wenn nötig.« Aber O’Connell war nicht gewillt, die Bewegung, die er aufgebaut hatte, aus der Hand zu geben. Er setzte sich selbst an ihre Spitze, und in diesem Jahr hatte er eine Kampagne mit Massenversammlungen und Sternmärschen in ganz Irland organisiert. Seine Monster Meetings stellten alles Bisherige in den Schatten. Zehntausende strömten zusammen, um den großen Befreier zu hören. Er sprach überall, in Leinster, Munster und Connacht, in Dublin und Wicklow, in Waterford und Wexford, Cork, Sligo und Mayo, in Ennis, wo er einst triumphiert hatte, und sogar an der alten königlichen Stätte Tara. »Wir werden die britische Regierung zwingen«, rief er, »uns Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und die Freiheit zu geben.« Aber die britische Tory-Regierung blieb hart. Die Monster Meetings sollten ihren Höhepunkt in der größten von allen Ver-Sammlungen finden. Sie war vor den Toren Dublins geplant, am Nordufer der Liffey-Mündung bei Clontarf, dort, wo achthundert Jahre zuvor Irlands heroischer König Brian Boru seine letzte Schlacht geschlagen hatte. Die Priester hatten die Reihen geschlossen, die Aktivisten der Bewegung mit ihren Fahnen standen bereit, und man rechnete damit, dass ein Großteil der Dubliner Einwohner kommen würde. Doch die Tory-Regierung hatte genug von den Protesten. »Sagen Sie die Versammlung ab oder Sie wandern ins Gefängnis«, warnte sie O’Connell.
Es war eine schwierige Entscheidung. Stephen Smith hatte an der Sitzung teilgenommen, bei der O’Connell mit einigen anderen darüber diskutierte. »Wir müssen uns an das Gesetz halten«, hatte der Befreier erklärt, »sonst geben wir alles auf, wofür wir stehen.« Also sagte er die Versammlung bei Clontarf ab. Stephen selbst hatte ihm zugestimmt. »In der Politik«, so erinnerte er die Anwesenden, »ist aufgeschoben nicht aufgehoben. Wir haben nur eine Schlacht verloren.« Aber nicht alle Anhänger O’Connells waren dieser Meinung, am wenigsten die Jungen Irländer. Sie redeten von Revolution, was Stephen für sinnlos und falsch hielt. Die Bewegung befand sich in einem Schockzustand. Stephen Smith selbst war tief enttäuscht. Und so war er wirklich dankbar gewesen, als er kurz darauf von Mountwalsh die Einladung erhielt, nach Wexford zu kommen und ein paar
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