Die Rebellen von Irland
beschlossen hatte, in seinem Haus zu bleiben, wurde mit der Zeit so schwach, dass er nichts mehr tun konnte. Die Geistlichen halfen, wo sie konnten, aber auch sie hatten keine Lebensmittel zum Verteilen. Niemand konnte sagen, wie viele Menschen schon gestorben waren.
Nach wie vor kamen auch Menschen nach Ennis, die hier Zuflucht suchten. Maureen konnte es nicht fassen, aber immer noch wurden regelmäßig Bauern von Haus und Hof vertrieben.
»Manchmal kann man den Leuten, die sie vertreiben, nicht einmal einen Vorwurf machen«, sagte ihr Vater. »Manche Pachtbauern haben Teile ihres Landes selbst verpachtet, und wenn sie ihr Geld nicht bekommen, können sie selbst ihre Pacht nicht bezahlen. Nur die Grundherren könnten Abhilfe schaffen, und du weißt nicht, wie hohe Schulden einige von denen selbst haben, Maureen.« Er seufzte. »Es ist wie ein großes Rad, das über das Land rollt und aus uns allen das Leben herausquetscht.«
Zwei Dinge machten ihnen das Leben etwas leichter. Nuala hatte Arbeit gefunden. »Ich helfe bei einer Wäscherin aus«, sagte sie. »Leider kann sie mir an den meisten Tagen nur ein paar Pennys zahlen. Aber das ist immer noch besser als nichts.« Außerdem nahmen die Suppenküchen in Ennis ihre Tätigkeit auf. Als die erste eröffnete, standen am Morgen siebenhundert Menschen an. Und es wurden mehr. Die halbe Stadt schien Schlange zu stehen, und die Betreiber der Suppenküchen verloren den Überblick, wen sie speisten. Maureen konnte das nur recht sein. Eigentlich durfte sie gar nicht zur Suppenküche gehen, da ihr Vater noch Arbeit hatte, aber sie nahm einfach die Kinder mit und stellte sich an, und die überforderten Helfer, die das Korn und das Mehl verteilten, gaben ihr die kleine Ration, ohne Fragen zu stellen. »Ich habe dabei ein schlechtes Gewissen«, sagte sie zu Nuala, »weil ich eigentlich gar nichts bekommen dürfte und weil ich mir sicher bin, dass ich es denen wegnehme, die überhaupt nichts haben. Aber dann sehe ich Caitlin, mit ihren kahlen Stellen im Haar, und ich weiß, dass ich es tun muss.«
»Die Kinder müssen etwas zu essen bekommen«, sagte Nuala. »Es muss sein.«
Ihr Vater wusste, was sie tat, aber sie sprachen nicht darüber.
Ende des Monats bekam er Besuch von einem halben Dutzend Männern. Maureen kannte sie, allerdings nicht näher. Es waren Kleinpächter aus der Umgebung ihres früheren Hofs. Sie drängten sich erwartungsvoll um ihren Vater.
»Wir brauchen dich, Eamonn.«
»Wozu?«
»Es geht um Callan.«
Das war keine Überraschung. Ihre Höfe wurden von dem Agenten verwaltet, und jetzt sollten sie zur Räumung gezwungen werden. Anscheinend hatte Callan entweder den Entschluss gefasst oder die Anweisung erhalten, alle zu vertreiben. Und das wollten sich die Männer nicht gefallen lassen.
»Es muss etwas geschehen, Eamonn. Wir haben eine Warnung vorbereitet. Wenn er sie in den Wind schlägt …«, und darin schienen sich alle einig, »… wird der Gerechtigkeit genüge getan werden müssen.«
»Wieso kommt ihr zu mir? Ich bin doch schon weg.«
»Wir haben uns gedacht, dass du ihm vielleicht einen Denkzettel verpassen willst. Du bist hier in Ennis nicht der Einzige, den Callan von seinem Land vertrieben hat. Andere werden sich uns anschließen. Aber sie schauen zu dir auf, Eamonn. Schon immer.«
Sie sah ihrem Vater an, dass er sich durch ihre Komplimente und ihren Besuch geschmeichelt fühlte. Aber als sie in die Gesichter der Männer blickte, sah sie etwas anderes. Es war eine Falle. Sie sah es ganz deutlich. Sie wollten ihren Vater benutzen, weil er mutiger und tapferer als sie war und in der Gegend noch einen guten Ruf hatte. Du sollst für sie den Kopf hinhalten, hätte sie am liebsten hinausgeschrien, und wenn es brenzlig wird, lassen sie dich im Stich. Aber sie wusste, dass sie es nicht laut sagen durfte. Nicht jetzt. Es hätte die Männer erzürnt und ihren Vater gedemütigt. Sie hielt den Atem an.
»Zeigt mir die Warnung«, sagte er ruhig.
Es war ein jämmerliches Machwerk. Ganz oben stand Callans Name, und darunter war ein Sarg gezeichnet. Dann folgte eine recht plumpe Aufforderung, mit seinen Schurkereien aufzuhören, wenn er nicht das Schicksal anderer Agenten teilen wolle. »Denk an sie«, wurde er gewarnt. Das Ganze war mit »Captain Starlight« unterzeichnet, eine auf dem Land beliebte Art, solche Schreiben zu beschließen.
Ihr Vater dachte ein oder zwei Minuten lang ruhig nach, dann bemerkte er trocken: »Captain Starlight hat einen
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