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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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alles, was Charles O’Connell versprochen hatte. Trotz der Warteschlangen vor den Suppenküchen und der Allgegenwart des Hungertodes herrschte in der Stadt fast so etwas wie Karnevalsstimmung. Rowdys, die brüllend ihre Unterstützung für ihren Kandidaten bekundeten, fuhren auf Wagen durch die Straßen, ohne die Armen, an denen sie vorüber kamen, eines Blickes zu würdigen. Tatsächlich schienen die Menschen in den Warteschlangen für die Ablenkung dankbar zu sein und verfolgten das merkwürdige Spektakel mit Interesse. Die Pubs waren voll, denn Sir Lucius hatte Getränkegutscheine für jedermann ausgegeben.
    Sir Lucius O’Brien war ein populärer Kandidat. Er bewegte sich nicht nur ungezwungen in jeder Gesellschaft, sondern konnte auch das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, dass er seinen Pächtern während der Hungersnot jede erdenkliche Hilfe hatte zukommen lassen. Auf dem riesigen Anwesen Dromoland hatte niemand gehungert, und das wusste jeder. Die Bewohner von Ennis hängten zu seiner Begrüßung grüne Zweige an ihre Häuser.
    Seine Rede, an der Charles O’Connell mitgeschrieben hatte, war eine Meisterleistung.
    »Bin ich nicht in Irland geboren?«, rief der Aristokrat. »Und meine Vorfahren? Haben Sie nicht dafür gekämpft, dass Irland ein unabhängiges und freies Königreich wird? Meine Wurzeln stecken in irischem Boden. Mein Blut ist irisches Blut. Wo sonst könnte mein Interesse liegen, wenn nicht in Irland? Welches Land könnte ich lieben, wenn nicht Irland? Für welches Land könnte ich mein Leben hingeben, wenn nicht für Irland? Schickt mich ins Parlament, und ich werde für Irland sprechen.«
    Stephen nahm mit professioneller Anerkennung zur Kenntnis, dass er mit keinem Wort gesagt hatte, er sei für die Auflösung der Union. Aber man konnte es leicht meinen.
    Was die Wahl selbst betraf, so war sie in seinen Augen nicht besser oder schlimmer als andere Wahlen, die es in der Vergangenheit gegeben hatte oder in Zukunft geben würde. Die Kaufmannschaft erhielt zweihundertundfünfzig Pfund für ihre Stimmen, allerdings hatte sie hundert mehr gefordert. Andere Einzelwähler hatten für ihre Stimme unterschiedliche Summen herausgehandelt: Ein ganz Dreister hatte fünfzig Pfund verlangt. Charles O’Connell erhielt als Agent einhundertundachtzehn Pfund. »Obwohl ich eigentlich mehr bekommen sollte«, wie er sagte.
    Ich würde mir wünschen, dachte Stephen, dass die Armen in meinen Warteschlangen auch eine Stimme zu verkaufen hätten. Einigen mittellosen Stadtbewohnern bot sich allerdings die Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen, wenn sie den Auftrag erhielten, Wähler des Gegenkandidaten zu entführen und einzusperren, bis die Wahlstuben schlossen. Ein oder zwei Entführungsopfer erlitten dabei Verletzungen.
    Als alles vorüber war, zog der triumphale Wahlsieger Sir Lucius O’Brien als einer von zwei Abgeordneten der Grafschaft Clare in das Londoner Parlament ein – auch wenn es in Stephens Augen höchst zweifelhaft war, ob die guten Leute, die ihn gewählt hatten, jemals ein Wort zur Auflösung der Union von ihm hören würden.
    »Bekommen Sie da nicht Lust, in die Politik zurückzukehren, Stephen?«, fragte Charles O’Connell. »Können wir Sie nicht dazu überreden?«
    »Eigentlich nicht«, antwortete Stephen.
     
    Stephen Smith konnte die Suppenküchen bis Anfang September 1848 weiterführen. Dann wurden sie geschlossen. Charles O’Connell hatte ihn gefragt, ob er nicht einer der Armenfürsorger werden wolle, die das Arbeitshaus im Zuge der Neuregelung einstellen werde. »Die Stelle ist recht gut dotiert«, meinte O’Connell zu ihm. Etwa zur gleichen Zeit erhielt Stephen einen Brief von Tidy, der ihm anbot, nach Limerick zu kommen und dort bei der Verteilung und Weiterleitung der Lebensmittel zu helfen. »Ich glaube«, sagte er zu O’Connell, »dass ich mich in Limerick nützlicher machen kann als in Clare.« Außerdem war er schon zu lange in Ennis. Stephen war mit seinen Kräften am Ende. Er brauchte eine Luftveränderung.
    Bevor er abreiste, ging er zu den Maddens, um sich zu verabschieden. Nuala war nicht zu Hause, nur Maureen und der kleine Junge waren da.
    »Es ist wunderbar, wie Sie für Ihren Bruder sorgen«, sagte er zu ihr. Sie lächelte nur.
    »Aber nein, Sir, es ist Daniel, der für mich sorgt.« Und der kleine Kerl warf sich stolz in die Brust. Offensichtlich glaubte er tatsächlich, dass es so war.
    Stephen hoffte, und zwar mehr, als er die beiden spüren lassen wollte,

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