Die Rebellen von Irland
paar Tage.«
»Oh, Nuala. Worauf würden wir uns da einlassen? Auf so ein vages Versprechen hin kann ich mit Daniel nicht von hier weggehen. Da sind wir hier besser dran.«
»Nein, das seid ihr nicht. Ihr werdet nichts zu essen bekommen. Ihr werdet nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf haben. Das ist unsere einzige Chance, Maureen, glaub mir doch! Wir müssen sie nutzen.«
»Gib mir Bedenkzeit, Nuala, wenigstens bis zum Morgen Bedenkzeit.«
»Ich gehe morgen früh, Maureen. Es tut mir leid, aber ich muss. Ich möchte nicht hier sterben.«
Am Morgen sprachen sie noch einmal darüber, allein.
»Ich kann nicht, Nuala, vielleicht fehlt mir der Mut, aber es erscheint mir nicht richtig.«
»Er hat gewusst, dass du das sagen würdest.«
»Mir wäre es lieber, du würdest nicht gehen.«
Doch Nualas Gesicht hatte einen harten Ausdruck angenommen.
»Hier sind zehn Shilling, Maureen. Damit könnt ihr euch eine Weile über Wasser halten. Es ist alles, was ich gespart habe.«
»Soll ich Daniel holen, damit du dich von ihm verabschieden kannst?«
»Nein. Du kannst ihm sagen, was du willst. Lebwohl, Maureen.« Und dann war sie fort.
Später am Morgen sagte Maureen lächelnd zu Daniel: »Nuala hat eine Stelle. Sie wird eine Weile wegbleiben.«
»Aber wir sehen sie doch wieder?«
»Natürlich.«
»Ist sie im Gefängnis?«
»Nein«, rief sie entrüstet.
»Das ist gut«, sagte der kleine Daniel.
In den folgenden Tagen fragte sie sich, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ohne Nuala würden sie kein Geld mehr bekommen. Das bedeutete, dass sie die Miete für die Kate nicht mehr würde bezahlen können, es sei denn, sie versuchte, denselben Weg wie ihre Schwester einzuschlagen. Auf jeden Fall würde sie mit dem bisschen Geld, das sie hatten, sparsam umgehen. Sie fürchtete sich vor dem Arbeitshaus. Dennoch ging sie hin, um festzustellen, ob von dort Hilfe zu erwarten war. Obwohl man dreihundert neue Plätze geschaffen hatte, waren alle bis auf den letzten belegt. Man sagte ihr, sie solle morgen wiederkommen. Vielleicht gebe es dann ein wenig zu essen, aber garantieren könne man es nicht.
Tags darauf entbrannte zwischen zwei Armenfürsorgern ein Streit über ihren Status. »Sie ist keine Witwe«, sagte der eine. »Und sie ist arbeitsfähig.« Der andere vertrat einen großzügigeren Standpunkt: »Sie und ihr kleiner Bruder sind eindeutig Waisen. Sie dürfen Essen empfangen.« Aber es standen nur wenig Lebensmittel zur Verfügung, und vor dem Tor warteten Hunderte. Sie gaben ihr etwas Maismehl, konnten ihr aber nicht versprechen, dass sie auch beim nächsten Mal etwas bekommen würde.
»Wir sollen die alten Suppenküchen übernehmen, wenn wir die Dinge hier im Griff haben«, sagte der freundlichere der beiden. »Aber wie Sie sehen, geht im Moment noch alles drunter und drüber.«
Daran schien sich in der folgenden Woche wenig zu ändern.
Am Tag, bevor die Miete fällig wurde, entdeckte Maureen eine leere Hütte. Sie war nur dreißig Schritte von ihrer Kate entfernt. Die Mitglieder der Familie, die darin gewohnt hatten, waren alle tot. Es war nur eine Hütte mit einem Dach aus Flechtwerk, das mit Lehm bestrichen war. Aber sie schützte vor Regen. Falls dieses Grundstück einen Eigentümer hatte, so hatte ihn noch nie jemand zu Gesicht bekommen.
»Wir brauchen nicht mehr so viel Platz, du und ich«, sagte sie zu Daniel. »Dort werden wir es genauso gut haben.« Und als tags darauf der Agent vorbeikam, um die Miete zu kassieren, und ihre Bitte ablehnte, sie eine Weile umsonst in der Kate wohnen zu lassen, zogen sie kurzerhand in die leerstehende Hütte um.
Es war schon merkwürdig, wovon das Überleben abhing, dachte sie, als die ersten Septembertage ins Land gingen. Teils war es reine Glückssache, teils kam es darauf an, dass man die Ohren offenhielt. Die Arbeitshäuser waren völlig überfordert. Mal gab es in der alten Suppenküche in der Mill Street etwas zu essen, mal nicht. An manchen Tagen bekamen die Menschen, die vor dem Tor des Arbeitshauses warteten, Hilfe, an anderen, wenn Hunderte dort erschienen, wurden alle abgewiesen. Einmal hörte sie, dass in einer benachbarten Kirchengemeinde Nahrungsmittel und Kleidung der Quäker eingetroffen seien. Sie eilte dorthin, und der Priester, der eigentlich nur seine Gemeindemitglieder speisen wollte, hatte Mitleid mit ihr und gab ihr Erbsen und etwas Reis. Ein andermal, es war Anfang Oktober, hörte sie, dass ein paar Männer eine Wagenladung Getreide
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