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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Portmarnock.«
    Eine leichte, angenehm kühle Brise wehte. Walsh freute sich darüber, dass Orlando so gern mit ihm wanderte. Der Junge wusste wahrscheinlich gar nicht, welchen Trost seine Gegenwart seinem Vater spendete. Und Martin wollte ihn auch nicht durch dieses Wissen belasten. Also schritten sie nebeneinander her, ohne viele Worte zu wechseln.
    Als sie den langen Abhang erreichten, der zum flachen Küstenstreifen hinabführte, warf Martin seinem Sohn einen Blick zu und fragte leise:
    »Orlando, würdest du jemals das Gesetz brechen?«
    »Nein, Vater.«
    »Das hoffe ich.« Er lief schweigend einige Schritte weiter. »Ich habe dir schon oft erklärt, dass zwischen Advokat und Klienten unbedingtes Vertrauen herrschen muss. Dieses Vertrauen ist heilig. Es zu brechen ist genauso, als bräche man das Gesetz. Es widerspräche allem, woran ich glaube. Es wäre Hochverrat.«
    »Das weiß ich, Vater.«
    »Das weißt du.« Martin Walsh holte tief Luft. Dann fuhr er leise fort: »Und doch wird in deinem Leben vielleicht eine Zeit kommen, mein Sohn, in der du einen solchen Verrat begehen musst. Wenn dadurch Schlimmeres verhindert werden kann.«
    Er musste nichts mehr hinzufügen. Orlando hatte genau zugehört, er würde sich später, wenn es nötig wäre, an seine Worte erinnern.
    Martin dachte wieder an das Dilemma, in dem er selbst jetzt steckte. Was er vorhatte, war Verrat. Falls jemand davon erfuhr, würde er sich mächtige Feinde machen, aber in Anbetracht aller Umstände glaubte er jetzt so handeln zu müssen. Er hatte das Gefühl, dass nicht mehr viel Zeit blieb.
    Als sie den heiligen Brunnen erreichten, kniete Walsh nieder und betete eine Weile lang stumm. Orlando, der ihn nicht stören wollte, kniete sich in einigem Abstand zu ihm hin und versuchte, es ihm gleichzutun. Als Walsh fertig gebetet hatte, starrte er einen Augenblick nachdenklich auf den Brunnen und bedeutete seinem Sohn, ihm zu folgen. Gemeinsam machten sie sich auf den Heimweg.
    Als sie zu Hause ankamen, sagte er Orlando, er solle sich darauf vorbereiten, am nächsten Morgen eine längere Reise anzutreten. Dann zog er sich in sein Zimmer zurück, legte sich ein großes Blatt Papier zurecht und begann zu schreiben. Er überlegte sich jedes Wort mit großer Sorgfalt und brauchte mehrere Stunden, um den Brief zu beenden. Als er fertig war, fühlte er sich so erschöpft, dass er auf das Abendessen verzichtete und sich sofort schlafen legte.
    Am nächsten Morgen erwachte er bei Sonnenaufgang und fühlte sich erfrischt und ausgeruht.
    ***
    Orlando war sehr erstaunt über die Anweisungen, die sein Vater ihm erteilte. Um so etwas hatte dieser ihn noch nie gebeten.
    »Geh nach Dublin zu deinem Cousin Doyle. Richte ihm aus, dass ich heute Mittag selbst zu ihm kommen werde. Du gibst ihm diese Nachricht von mir, in der ich ihn bitte, dir alles zu geben, was du brauchst. Bitte ihn um ein ausgeruhtes, starkes Pferd und andere Kleidung. Danach möchte ich, dass du Dublin unerkannt verlässt und nach Süden reitest.« Er zog den versiegelten Brief hervor, den er am Vorabend geschrieben hatte. »Du darfst diesen Brief nicht verlieren. Niemand darf ihn sehen oder in die Hände bekommen. Heute Abend wirst du dein Ziel erreichen und dort die Nacht verbringen. Danach kommst du auf dem gleichen Weg wieder hierher.«
    »Wo reite ich denn hin?«, fragte Orlando.
    »Nach Rathconan«, antwortete sein Vater. Dann erteilte er ihm die restlichen Anweisungen.
    ***
    Es war ein schöner Tag mit klarem Himmel, und Orlando machte sich singenden Herzens daran, seinen Auftrag zu erfüllen. Er wusste nicht, was in dem Brief seines Vaters stand. Aber dass er ihm eine so wichtige Mission anvertraut hatte und er niemandem davon erzählen durfte, erfüllte ihn mit Aufregung und Stolz. Die geheimen Botengänge, die er als kleiner Junge für seine Schwester durchgeführt hatte, waren zwar ein echtes Abenteuer gewesen. Aber nun hatte sein verehrter Vater ihm in einer so wichtigen Angelegenheit sein Vertrauen geschenkt. Er platzte fast vor Glück und Stolz.
    In Dublin wechselte er Pferd und Kleider, verbarg sein Gesicht unter einem abgewetzten, breitkrempigen Hut und ritt durch die Stadttore hinaus. Er durchquerte Donnybrook in Richtung Wicklow-Berge. Keine Menschenseele beobachtete, wie er die südlichen Obstwiesen hinter sich ließ, und niemand hätte erraten können, wohin er ritt. Mal im gemütlichen Schritt, mal im langsamen Trab ritt er die Ebene und schließlich die Hügel hinauf. Mittags

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