Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
bestätigten sie. Also sagte O’Byrne den Männern, er sei gleich zurück, und geleitete Anne höflich zu dem Pfad, der nach Süden führte. Er lief schnell, aber Anne hatte keine Mühe, mit ihm mitzuhalten. Als sie außer Sichtweite der Männer waren, verlangsamte er seinen Schritt jedoch und legte ihr den Arm um die Taille. So schlenderten sie weiter.
    Sie spazierten durch die weite Landschaft mit den gewundenen Schluchten, und Anne war so glücklich wie noch nie in ihrem Leben. Vor ihr lag die wilde Gebirgslandschaft, die Sonne wärmte ihr Gesicht, Brians Arm fühlte sich um ihre Taille wunderbar an. Sie fühlte sich frei, lebendig und voller Selbstvertrauen und lachte vor lauter Freude laut auf. Kurze Zeit später murmelte sie etwas, ohne es zu merken, und war überrascht, als Brian sie fragte, was sie damit gemeint hatte.
    »Du sagtest › heart over head‹«, erklärte er.
    »Wirklich?« Sie lachte wieder. »Ach, das hat mein Bruder Lawrence vor Jahren einmal zu mir gesagt. Aber er hatte Unrecht.« Sie war noch nie so froh gewesen, am Leben zu sein.
    Nach ein paar Meilen erreichten sie einen verzauberten Ort. In einer Biegung der Schlucht lag neben einem Gebirgsbach eine natürliche kleine Laube, die durch die umliegenden Felsen und Bäume geschützt und verborgen wurde. Ohne auf O’Byrne zu warten, kletterte Anne hinunter zum Bachufer. Sie zögerte nur einen Moment; dann zog sie die Schuhe aus und stieg barfüßig in den Bach. Das Wasser war kälter, als sie erwartet hatte, und als sie wieder ans Ufer watete, prickelten ihre Füße. Sie lachte und ging ein paar Schritte auf die Felsen zu. Das Gras kitzelte sie zwischen den Zehen. O’Byrne saß auf einem Felsen über ihr und beobachtete sie. Sie drehte sich halb von ihm weg. Die Spange auf ihrer Schulter ließ sich leicht lösen, und einen Moment später lagen ihre Kleider auf dem Boden. Sie war nackt. Sie atmete tief ein und spürte, wie die Brise ihre Brüste liebkoste. Sie schloss die Augen. Die weiche Luft streichelte ihren Rücken, ihre Beine, ihren ganzen Körper. Sie erschauerte wohlig. Dann drehte sie sich zu O’Byrne um, der immer noch ruhig auf seinem Felsen saß und sie mit den Blicken verschlang. Sie lächelte.
    »Willst du nicht runterkommen?«, fragte sie.
    »Ach, warum eigentlich nicht?«
    Sie beobachtete, wie er mühelos nach unten kletterte. Er war kräftig und zugleich geschmeidig wie eine Katze, dachte sie. Dann stand er dicht vor ihr, und sie roch den frischen Schweiß auf seiner Brust.
    »Muss ich dich ausziehen?«, fragte sie neckisch.
    »Willst du das denn?«
    »Ja.«
    Sie hatte noch nie einen Mann unter freiem Himmel geliebt. Der harte Boden unter ihr fühlte sich gut an. Die langen Grashalme drückten rau gegen ihren Rücken und hinterließen Abdrücke und grünen Saft auf ihrer Haut. Der Duft des Grases hing in ihren Haaren, und das sanfte Plätschern des Baches war Musik in ihren Ohren. Einmal rollten sie beinahe ins Wasser, und beide brachen spontan in Gelächter aus. Sie hatte sich noch nie so lebendig gefühlt. Sie blieben über eine halbe Stunde dort liegen und liebten sich zärtlich. Als sie danach durch die großartige Wildnis der Wicklow-Berge zurückliefen, fühlte Anne sich, als sei etwas ganz Besonderes mit ihr geschehen. Als habe sich an diesem Tag der Knoten aus Wut und Frustration, der ihr Leben so viele Jahre lang vergiftet hatte, endlich gelöst. Sie war endlich wieder frei.
    Zwei Tage später untersuchten sie Maurices Bein sorgfältig und stellten fest, dass der Knöchel zwar verstaucht und ein Muskel gerissen, der Knochen aber nicht gebrochen war. Und so brach Anne nach einer letzten Nacht mit ihrem Geliebten am folgenden Morgen nach Dublin auf.
    »Ich komme in drei Wochen wieder nach Dublin«, versprach ihr O’Byrne heimlich.
    »Wie soll ich es nur so lange ohne dich aushalten?«, fragte Anne.
    Und während des Heimwegs von den Höhen der Wicklow-Berge zur Dubliner Ebene dankte sie dem Schicksal dafür, dass sie Brian O’Byrne gefunden hatte und dass ihr Ehemann nichts von ihrer Affäre ahnte.
    ***
    An einem heißen Julitag des Jahres 1638 kam Walter Smith gerade aus dem Postamt in der Castle Street, wo er einen Brief an einen Londoner Kaufmann aufgegeben hatte, als er Orlando traf. Das Postamt war eine der vielen Neuerungen in Dublin, auf die Wentworth hinwies, um die Vorzüge seiner strengen englischen Regierung aufzuzeigen. Dazu gehörten auch die Laternen, die inzwischen die Straßen des alten Dublin

Weitere Kostenlose Bücher