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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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ihr Ehemann. Ob ihre Schwägerin und O’Byrne nun eine Affäre hatten oder nicht – Orlandos Eröffnung hinterließ einen bleibenden Eindruck bei Mary. Sie dachte wieder an eine Idee, die sie im Laufe der Jahre schon mehrere Male gehabt hatte. Und eines Abends Anfang Oktober sah sie ihren Ehemann, der mit ihr vor dem Kamin saß, an und sagte leise:
    »Du brauchst einen Erben, Orlando. Und ich werde wahrscheinlich nie ein Kind bekommen.«
    »Ich habe doch dich, Mary. Das ist genug Glück für einen einzelnen Mann«, sagte er mit stiller Zuneigung.
    »Ich danke dir für deine Worte. Aber ich finde trotzdem, dass du einen Erben brauchst.« Sie schwiegen. Das Feuer zischte leise. »Du könntest mit einer anderen Frau ein Kind bekommen. Ich würde es als mein eigenes großziehen. Er wäre ein Walsh, dem du deinen Besitz hinterlassen könntest. Es würde mir nichts ausmachen.« Sie seufzte. »Vielleicht hätten wir das schon vor Jahren tun sollen.«
    Er starrte sie an.
    »Du bist eine wunderbare Frau«, sagte er, und sie schüttelte abwehrend den Kopf. In seiner Güte missverstand Orlando seine Frau und glaubte, er müsse sie seiner Treue versichern. Er erklärte: »Wenn du glaubst, dass ich jemals eine andere Frau ansehen würde, dann täuschst du dich, Mary. Es gibt auf der ganzen Welt nur eine Frau für mich, und das bist du.«
    »Ich spreche ja auch von einem Kind, Orlando.«
    »Wir müssen uns dem Willen Gottes beugen, Mary«, erwiderte er. »Wenn wir das nicht tun, dann ist unser Leben bedeutungslos.« Er nahm ihre Hand. Überwältigt von dem Gedanken, dass sie bereit war, um seinetwillen ein solches Opfer darzubringen, küsste er sie voller Liebe.
    Am folgenden Sonntag gingen sie gemeinsam zur Messe nach Malahide. Mary schien es, als bete Orlando dieses Mal besonders inbrünstig. Noch am selben Nachmittag spazierte er alleine nach Portmarnock. Mary rührte die Güte ihres Mannes, aber geholfen hatte er ihr leider überhaupt nicht.
     
    Anne und O’Byrne waren sehr diskret. Ein mit Brian befreundeter Kaufmann hatte ein Haus, in dem O’Byrne oft übernachtete, wenn er nach Dublin kam. Es lag in der Nähe des westlichen Marktes, was sehr praktisch war, da dort immer viele Leute geschäftig unterwegs waren. Wenn Anne über den Markt lief und ein paar kleine Einkäufe erledigte, konnte sie durch die Türe schlüpfen, ohne Aufsehen zu erregen. Wenn die respektable Frau des Kaufmanns Walter Smith nachmittags für ein paar Stunden verschwand und bei ihrer Rückkehr verkündete, sie sei auf dem Markt gewesen, habe eine arme Frau besucht oder in der Kirche gebetet, wunderte das niemanden.
    Von Oktober 1637 bis zum folgenden Frühjahr war O’Byrne in regelmäßigen Abständen in Dublin, meist zwei oder drei Tage lang. Jedes Mal trafen Anne und er sich nachmittags und liebten sich, ohne dass jemand Verdacht schöpfte. Einmal war O’Byrne Orlando auf der Straße begegnet, hatte sich nach seiner Familie erkundigt und dann wahrheitsgemäß gesagt, dass er leider keine Zeit habe, die Smiths zu besuchen. Zweimal traf er Walter, der ihn begrüßte und ihn zu sich nach Hause einlud. Beide Male lehnte er bedauernd ab, fügte aber hinzu: »Ich warte immer noch darauf, dass Sie mir den jungen Maurice schicken. Er kann eine Woche oder ein Jahr bei mir verbringen. Ganz wie Sie wollen.«
    Für O’Byrne war die Affäre ein aufregendes Abenteuer. Was ihn besonders freute, war, dass Anne ihre anfängliche Schüchternheit abgelegt hatte und eine leidenschaftliche, aufgeschlossene Geliebte geworden war. Sie erlebte die erste große Leidenschaft ihres Lebens.
    Natürlich durften sie sich nur heimlich treffen. Gemeinsame Spaziergänge waren unmöglich, und sie konnten nicht einmal die Nacht miteinander verbringen. Aber Anne machte das nichts aus. »Es gibt nur einen Ort, an dem ich noch mit dir zusammen sein will. Die Berge über Rathconan«, erklärte sie. »Ich wünschte, das wäre möglich.« Die Gelegenheit ergab sich unerwartet im Frühling.
    Ende März gab Walter den ausdauernden Bitten von Maurice endlich nach und erlaubte ihm, einen Monat bei O’Byrne zu verbringen. Annes Ehemann war in letzter Zeit sehr mit seiner Arbeit beschäftigt gewesen. Manchmal wirkte er betrübt, aber er versicherte ihr, es gebe keinen Grund zur Sorge. Außerdem hatte er stark zugenommen. Als sie ihn darauf ansprach, erwiderte er mit traurigem Lächeln, dass das in seinem Alter zu erwarten sei. »Bei meinem Vater war es auch so«, sagte er. Anne hielt das

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